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Villapark - Koestlbachers zweiter Fall

Villapark - Koestlbachers zweiter Fall

Titel: Villapark - Koestlbachers zweiter Fall
Autoren: Paul Fenzl
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Bahnhofsübergang.
    »Bist du jetzt ganz verrückt geworden?«, schrie ihr der Zurückgelassene
zornig hinterher, setzte ihr mit zwei, drei schnellen Schritten nach und packte
sie grob am Arm.
    »Lass mich los!«, lamentierte das Mädchen und sah sich dabei zum
ersten Mal Hilfe suchend um.
    Jeder, der aber inzwischen auf die beiden aufmerksam geworden war,
gaffte eher fasziniert, als ob das Pärchen eine Gratisaufführung als Werbung
für ein Stück vom ›Theater am Haidplatz‹ zum besten geben würde.
    Als dem Mädchen bewusst wurde, dass niemand ihr zu Hilfe kommen würde, fing
sie an, wie eine Wildkatze um sich zu kratzen und schließlich sogar zu beißen.
Mit dieser Art Gegenwehr hatte ihr Begleiter vermutlich nicht gerechnet.
Nach den ersten Kratzern im Gesicht und der schmerzenden Hand ließ er
überrascht von ihr ab und streifte einen Handschuh ab.
    Du wirst es dir nicht vorstellen können, aber das kleine Ding hatte den
jungen Mann durch seinen Handschuh hindurch derart in die rechte Hand
gebissen, dass nach diesem Gebissabdruck jeder Zahntechniker ein künstliches
Gebiss hätte anfertigen können.
    Die ganze Szene hatte immer noch einen Hauch von Komik, vor allem, als
der junge Mann in Schwarz losstürmen wollte und dabei erst einmal über
seinen eigenen langen Mantel stolperte, der ihm vielleicht eine Furcht
einflößende Optik verliehen hat, aber schnelle Bewegungen definitiv verhinderte.
Das kurze Röckchen des Mädchens hingegen total sportlich, weil rosa Röckchen
quasi Tennislook. Und ehe eine Verfolgung in Gang kommen konnte, Mädchen in
Luft aufgelöst. Zumindest für den, der sie verfolgen wollte.
    »Blöde Kuh!«, rief ihr der Gebissene noch nach, bevor er sich umdrehte und
im Getümmel der Arcadenbesucher untertauchte.
    Eine ältere Frau, die er gerade in dem Moment anrempelte, als er die ›blöde Kuh‹ vom Stapel gelassen hatte,
schüttelte verständnislos der Kopf über diese dreiste Beschimpfung, wo sie
doch keinerlei Schuld an dem kleinen Zusammenstoß trug und sie, außer von ihrem
Mann, noch nie so unverschämt tituliert worden ist.
    Wenn du gewusst hättest, was noch kommen würde, dann wärest du
wahrscheinlich, so wie ich, in dem Café gegenüber vom Bahnhofsübergang sitzen
geblieben, hättest deinen Latte nicht gar so schnell hinunter geschüttet und
hättest gewartet. Weil die Pink Lady kam nämlich nach einer Viertelstunde
vorsichtig das Terrain sondierend, zurück.
    Als sie gemerkt hat, dass ihr Typ Leine gezogen hat, ist sie sichtbar
lockerer geworden. Was sie vorgehabt hat, das konnte man ihr natürlich nicht
ansehen. Vielleicht hat sie ja auch rein gar nichts vorgehabt und wollte
einfach mal so durch die ›Arcaden‹ bummeln. So hat es jedenfalls ausgesehn. Nur dass sie sich dabei immer wieder
umgeschaut hat und ihr Blick wach alle Läden gemustert hat. Nicht so wie der
Blick von einer, die quasi nur auf Objektsuche zum Geld ausgeben.
    Nachdem die Pink Lady das Obergeschoss dreimal umrundet hatte, was
mindestens eine halbe Stunde dauerte, ist sie zu den Toiletten hin
verschwunden. Eigentlich weiter nicht sonderbar, aber so, wie die sich umgesehen
hat, bevor sie quasi toilettenmäßig abgetaucht ist, da bin ich mir sicher, dass
die nicht nur zum Erleichtern da hineingegangen ist. Weil Toilettenbesuch
verdächtig lange. Oder erscheint es dir normal, wenn jemand 40 Minuten auf dem
Klo und so? Und wie sie wieder herausgekommen ist, da war sie irgendwie anders.
Wenn du sie vorher nicht beobachtet hättest, dann wäre dir das gar nicht
aufgefallen. Zuerst habe ich ja auch nicht bemerkt, dass sie es war, weil nicht
mehr ganz pink. Aber Pink hin, Pink her, ein Gesicht bleibt ein Gesicht, auch
wenn an Stelle eines pinkfarbenen Miniröckchens jetzt eine blaue Jeans und auch
sonst noch so manches pinke Accessoire jetzt schwarz oder grau, wie
beispielsweise die Schuhe und das T-Shirt. Das glaubst du gar nicht, was in so
einen kleinen Rucksack alles rein passt, weil nur da drin konnte die
Wechselwäsche ja wohl gewesen sein.
    Und noch was war anders! In ihren Augen war keine Unruhe mehr und
schon gar keine Angst. Frech und beschwingt hat die Kleine jetzt drein
geschaut, so, als ob ihr gerade was ganz Tolles widerfahren wäre.
    Weitere Runden im Obergeschoss hat das Mädchen nicht mehr gedreht. Über die
Rolltreppe vorne beim Ausgang zum Cinemaxx ist sie nach unten gefahren und
endgültig irgendwo zwischen all den Leuten verschwunden. Vielleicht ist
sie auch ins Kino gegangen. Irgendein
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