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Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Titel: Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)
Autoren: Siri Kolu
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Mittlerweile hatte der Wilde Karlo lässig seinen Sicherheitsgurt abgeschnallt und begab sich zum Ort des Geschehens, um zu überwachen, dass alles wie gewünscht ablief.
    » So«, sagte der Junge, als er endlich wieder im Kiosk stand. » Was darf es denn sein? Wenn Sie Kaffee wollen, dauert es einen Moment, den muss ich erst aufsetzen.«
    » Uns interessieren vor allem Süßigkeiten«, sagte der Wilde Karlo.
    » Und wir pflegen nicht zu bezahlen«, fügte Gold-Piet hinzu und legte einen leicht bedrohlichen Ton in seine Stimme. » Das verstehst du bestimmt.«
    Sie lehnten alle an der Verkaufstheke der kleinen Bude und sahen grauenerregend aus, besonders Hele, die sich mit dem von Kalle geschärften Obstmesser die Zahnzwischenräume reinigte. Wirklich eindrucksvoll, fand ich.
    » Ist mir recht«, sagte der Junge.
    » Na also«, sagte der Wilde Karlo zufrieden. » Das dachten wir uns.«
    » Na ja, dieser Kiosk ist jetzt noch zwei Stunden geöffnet. Dann mache ich dicht, und er wird nie mehr wieder aufgemacht. Hier kommt eh keiner vorbei, bloß die Leute aus den Sommerhäusern. Alle anderen haben es eilig und nehmen die Autobahn.«
    » Her mit dem Süßkram!«, fuhr Hele ihn mit grimmiger Stimme an.
    » Kommt selbst gucken, was ihr haben wollt«, sagte der Junge unbeeindruckt und machte die Seitentür wieder auf. » Die Sachen kann ich eh nicht mehr verkaufen, außerdem sind sie zum großen Teil schon alt, die dürfte ich gar nicht mehr anbieten. Ihr macht mir nur die Endreinigung ein bisschen leichter, also bitte sehr.«
    Er lehnte sich an einen Mülleimer aus Metall, während Gold-Piet, der Wilde Karlo und Hele geschäftig in der Bude herumwühlten und Großhandelspakete mit Lakritze, Schokoriegeln und Salmiakkugeln zum Bus trugen.
    » Frag mal, ob es auch Senf gibt«, rief Hilda. Sie hatte den Bus immer noch im Leerlauf, obwohl der Junge nicht so aussah, als würde er die Polizei rufen. » Wenn’s Kastell gibt, nimm ihn mit, wir haben nur noch zwei Tuben!«
    Der Junge schüttelte den Kopf. » Letztes Jahr gab es hier noch eine Würstchenbude, da hatte ich wenigstens jemand, mit dem ich reden konnte. Aber jetzt nicht mehr. Am Ende des vorigen Sommers haben sie die Bude auf einen Lkw verladen und abtransportiert.«
    Der Räuberbus füllte sich mit Kartons, von denen die meisten fast leer waren.
    » Los, verschwinden wir! Mir steht’s bis hier«, sagte Hele und zeigte, die flache Hand vor ihrem Hals, bis wo es ihr stand. » Ehrlich, Leute. Was für eine ab-so- LUT schlappe Aktion. Wir verlieren unsere Ehre!«
    » Der Junge hier wird niemanden anrufen«, sagte der Wilde Karlo. » Der ist doch auf unserer Seite.«
    » Ich rufe niemand an«, sagte der Junge und schüttelte den Kopf. » Hier gibt es nicht mal ein Telefon, wie ihr seht. Bei der Arbeit darf man kein Handy haben, sonst kriegt man ’ne Verwarnung. Hey, wollt ihr diese Lutscher?«, rief er, als alle sich schon wieder in den Bus gequetscht hatten. » Das sind fünfzehn verschiedene Geschmacksrichtungen!«
    Auf ein Zeichen von Hele stieg Kalle noch einmal aus und holte einen Eimer voller Lutscher in den Bus.
    » Sollen wir dich irgendwohin mitnehmen?«, bot der Wilde Karlo dem Jungen an.
    » Nein, danke. Hier muss ja noch zwei Stunden geöffnet sein. Ich hab mein Fahrrad da drüben.«
    » Na dann, schönen Tag noch!«, rief der Wilde Karlo, als der Bus anfuhr, und auch ich, von einer seltsamen Rührung übermannt, winkte.
    » Ein jämmerlicher Raubzug!«, schimpfte Hele, während der Bus auf ein übertrieben hohes Tempo beschleunigte, als ob uns Verfolger auf den Fersen wären.
    » Ein paar lausige Schokoriegel, und alles ziemlich alt.« Sie kippte die Schachteln aus, und wir sahen sofort, wie klein der Haufen Süßigkeiten auf dem Fußboden des Busses war.
    » Aber eine Gentlemanaktion, im Stil der großen Welt«, sagte Gold-Piet. » Eine Aktion wie aus dem Lehrbuch für das neue Mädchen.«
    » Nein, superpeinlich!«, sagte Hele und sah mich kurz an. » Das war gar kein Überfall. So einfach ist das nicht.«
    » Das reicht höchstens für zwei Tage«, sagte Kalle.
    Ich wusste, mit welcher Geschwindigkeit die Räuberbergs Bonbons aßen. Kalles Einschätzung war keineswegs übertrieben.
    Bestimmt hatte ich zu viel Schokolade gegessen. Oder vielleicht war die Schokolade aus dem Kiosk zu alt gewesen und rumorte jetzt in meinem Magen. Ich nickte kurz ein und wachte in meinem Zimmer wieder auf. Verwirrt lag ich unter meiner Decke und betrachtete den Lampenschirm
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