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Vielleicht will der Kapitalismus gar nicht, dass wir gluecklich sind

Vielleicht will der Kapitalismus gar nicht, dass wir gluecklich sind

Titel: Vielleicht will der Kapitalismus gar nicht, dass wir gluecklich sind
Autoren: Max. A Hoefer
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wichtigsten Fragen gar nicht mehr stellen: Wofür machen wir das alles eigentlich? Ist der Steigerungswahn noch menschlich, und wozu ist er gut? Warum sollen wir immer härter und konzentrierter arbeiten? Warum konsumieren wir so oft die falschen Dinge? Wie kommen wir unseren Wünschen näher, mehr Zeit für die Familie und Freunde zu haben?
    Lauter Fragen, wie wir leben wollen. Kulturelle Fragen.
    Wir haben, wie Rogoff richtig sagte, die kulturellen Unterschiede zu wenig beachtet. Dieses Buch spürt dem puritanischen Geist des Kapitalismus nach und zeigt, dass er lebendiger ist denn je. Er setzt die Werte und beeinflusst unsere Wünsche, und er tut wie zu seinen calvinistischen Anfängen alles dafür, dass wir nicht glücklich sind. Vielleicht liegt darin der Schlüssel zum Verständnis unserer Unzufriedenheit mitten im Wohlstand? Und vielleicht können wir aus der Tretmühle des Optimierungsdenkens aussteigen und dessen fataler Steigerungs- und Effizienzlogik entkommen, wenn wir den puritanischen Grundlagen des Kapitalismus auf die Spur kommen.
    1 Easterlin 1974, S. 89–125.
    2 Enquete-Kommission »Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft«, Abschlussbericht vom 23.1.2013.
    3 Zit. bei Binswanger 2006.
    4 Weber 2006, S. 32.
    5 Weber 2006, S. 26.
    6 Bell 1976.
    7 Grünewald 2013, S. 19.
    8 Bruckner 2004, S. 113.
    9 Smith 2006, S. 551. »Man kann also in gewissem Sinne von uns sagen, dass wir Mitarbeiter der Gottheit sind und dass wir, soweit es in unserer Macht steht, die Pläne der Vorsehung ihrer Verwirklichung näher bringen. Wenn wir anders handeln, dann scheinen wir dagegen den Plan gewissermaßen zu durchkreuzen, den der Schöpfer der Natur zur Herbeiführung der Glückseligkeit und Vollkommenheit der Welt entworfen hat, und scheinen uns, wenn ich so sagen darf, gewissermaßen als Feinde Gottes zu erklären.« Smith 1984, Part II, Chapter 5.
    10 Vgl. Fukuyama 1992, S. 11. Greenspan weiter: »Diejenigen von uns, die geglaubt haben, dass das Eigeninteresse der Banken das Kapital ihrer Aktionäre schützen würde, sind – einschließlich mir selbst – in einem Stadium schockierten Unglaubens.« Es war, als ob Gott selbst versagt hätte. »In God we trust« steht auf jeder Dollarnote als Zeichen, dass die amerikanische Marktwirtschaft der unsichtbaren Hand Gottes folgt. Hatte nicht Eugene Fama die für alle Ökonomen gültige »Effizienzmarkthypothese« aufgestellt, wonach ausgerechnet die Finanzmärkte perfekt funktionieren und in dieser idealen Welt Spekulationsblasen unmöglich seien? Und hatte nicht Greenspans Nachfolger Ben Bernanke ganz im Sinne Famas noch 2005 behauptet, Amerika werde nie mehr eine Finanzkrise erleben, weil die Ökonomen einfach zu genau wüssten, wie die ewigen Naturgesetze des Marktes beschaffen sind?
    11 Rogoff, in Handelsblatt vom 12.04.2010.
    12 Rüstow 2001, S. 26.

1 Immer mehr Arbeit
    »Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen …«
    Der Kapitalismus macht keinen Spaß mehr.
    Diese Bilanz ist bitter, besonders für jemanden wie mich, der viele Jahre für ein Wirtschaftsmagazin mit Namen Capital schrieb, wo im Heft vorne erläutert wurde, wie man sein Geld gewinnbringend anlegt, und hinten, wie man es mit etwas Glamour ausgibt. Der langjährige Herausgeber von Capital , Johannes Gross, dem ich als Assistent Anfang der 1990er Jahre eine Zeit lang zur Hand ging, war noch ein richtiger Homme de Lettres und legte auf eine gewisse Balance zwischen Geld und Geist großen Wert. Ich glaube, er hatte mich weniger wegen meiner Volkswirtschaftskenntnisse eingestellt, sondern weil ich ihm im Vorstellungsgespräch, das vom Unterschied zwischen Kohl und Reagan bis zur unterschätzten Rolle der italienischen Futuristen reichte, scheinbar mühelos folgen konnte. Hätte er mich gefragt, ob ich eine Bilanz lesen könne, hätte ich passen müssen. Diese für einen Vorstandsassistenten vielleicht nicht ganz fernliegende Kompetenz interessierte ihn zu meinem Glück aber nicht. Für Gross war das Ökonomische zweifellos wichtig und verdiente die Geringschätzung der Intellektuellen nicht, aber es stand für ihn nicht im Mittelpunkt der menschlichen Existenz.
    Geld bot die Freiheit, ein anregendes Leben führen zu können. Genau das war gemeint, wenn Capital damals mit dem Zitat der Jazzsängerin Josephine Tucker um Leser warb: »Ich war arm und ich war reich, Honey, glaub mir, reich sein
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