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Viel Laerm um Stratfield

Titel: Viel Laerm um Stratfield
Autoren: Jillian Hunter
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Porzellanpüppchen?
    Zweifelsohne war Dominic Breckland der unhöflichste und attraktivste Mann, dem sie je begegnet war. Offensichtlich interessierte es ihn nicht im Geringsten, was sie dachte. Es schien ihm gleichgültig zu sein, dass sie ihren Brüdern von seinem Benehmen erzählen könnte - doch die hätten ihn vermutlich ohnehin in Schutz genommen und Chloe die Schuld an dem Vorfall gegeben.
    Chloe blieb im Regen stehen, bis er außer Sichtweite war. Sie spürte die Kälte nicht mehr. Wenn überhaupt, war ihr außerordentlich heiß, vielleicht weil sie so wütend war. Plötzlich wurde ihr klar, dass sie sich nie auch nur erträumt hatte, dass ein Mann wie Lord Stratfield überhaupt existierte, und sie wünschte sich, sie hätte es nie herausgefunden.
    Sie war sogar so verstimmt, dass sie beschloss, dass die einzige Lösung darin bestand, ihren arroganten Retter vollkommen zu vergessen, was zufällig genau das war, wozu ihre bestürzte Tante ihr wenige Minuten später riet.
    „Ich glaubte, meinen eigenen Augen nicht trauen zu können, Chloe Boscastle! Ich konnte es einfach nicht glauben, als ich dich auf einem Pferd mit Lord Stratfield gesehen habe. Mit den Armen um seine Taille!"
    Chloe lief ans Fenster, um hinauszublicken. „Ich bin versehentlich auf sein Land geraten. Er hat mich nach Hause gebracht."
    „Nun, das ist für sich genommen schon ein Wunder. Es heißt, der Mann verführt jede Frau, der er begegnet."
    „Hat er dich je verführt, Tante Gwendolyn?"
    „Sei nicht unverschämt. Stratfield ist ein Nachbar und ein Mann von Rang, und als solchen respektiere ich ihn. Aber das bedeutet nicht, dass ich es gutheiße, wenn er sich auf seinem Anwesen eine Mätresse hält."
    „Hast du sie je kennengelernt?", fragte Chloe neugierig und wandte sich vom Fenster ab, das nur einen enttäuschenden Ausblick auf eine ganz und gar reiterlose Landschaft bot.
    „Das habe ich natürlich nicht, Chloe."
    Tante Gwendolyn zupfte die Vorhänge wieder zurecht. Sie wirkte empört über die Frage. „Pastor Grimsby hat sie einige Male gesehen. Sie stand an den Fenstern von Stratfield Hall, Chloe."
    Chloe biss sich belustigt auf die Lippe. „Vielleicht hat der Viscount gerade Besuch von einer Schwester oder Tante."
    Tante Gwendolyns Gesicht war unter dem Puder rot geworden. „Ich glaube kaum, dass er sich mit einer weiblichen Verwandten so verhalten hätte, wie es der Pastor beschrieben hat."
    „Hält er mitten in der Nacht wüste Orgien ab?" Chloe konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihre Tante mit dieser Frage zu necken.
    „Ich habe nicht die geringste Ahnung", stammelte ihre Tante entrüstet. „Und ich will es auch gar nicht wissen", fügte sie hinzu, „und das solltest du auch nicht. Die Tatsache, dass ich spüre, dass auf Stratfield Hall etwas nicht in Ordnung ist, sollte uns Warnung genug sein, Chloe. Bei diesem Mann stimmt etwas nicht, lass dir das gesagt sein!"
    Und vielleicht hätte Chloe auf sie hören sollen, anstatt zu lachen. Drei Wochen später war der Viscount in seinem Bett erstochen worden.

2. KAPITEL
    Die Neuigkeit erschütterte das winzige Dörfchen Chistlebury bis in seine Grundfesten. Chloe, die anscheinend eine Unverträglichkeit gegen saubere Landluft entwickelt hatte, litt an einer unangenehmen Bronchitis und konnte der Bestattung nicht beiwohnen. In Wirklichkeit war Dominic für sie schon vor seinem Tod zu einem Geist geworden, der ständig durch ihre Gedanken spukte. Sie hatte von jenem Kuss im Regen geträumt und sich vorgestellt, wie sie ihn wieder küsste - wenn sie sich nicht gerade schwor, ihn bei ihrer nächsten Begegnung zu brüskieren.
    Nach der Beerdigung hatte sie zwei volle Tage lang in ihrem Bett geweint und aus Gründen, die sie sich selbst nicht erklären konnte, um ihren unhöflichen, aber attraktiven Retter getrauert. Sogar einen Eid hatte sie abgelegt, dass sie und ihre Familie eines Tages seinen Mörder finden würden. Ihre älteren Brüder - Grayson, Heath und Drake - hatten eine kurze Reise unternommen, um dem Verstorbenen ihren Respekt zu erweisen. Niemand schien die geringste Ahnung zu haben, wer Stratfield ermordet hatte. Sein Onkel Edgar war die weite Strecke von Wales herbeigereist, um Nachforschungen anzustellen und die praktischen Belange zu regeln.
    Doch der Pastor hatte durchblicken lassen, dass Stratfield in seiner Zeit im Krieg möglicherweise ein wenig Spionage betrieben hatte und dass vielleicht ein alter Feind zurückgekehrt war, um ihn zu ermorden.
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