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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition)
Autoren: Constanze Kühn
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musste Der Tierpfleger, der gerade in Kenia weilte, hatte seinen Aufenthalt dort um ein halbes Jahre verlängert, was für Harald bedeutete, dass er ihn weiterhin in Leiferde vertreten würde, und solange wollte er nicht die Miete aufbringen müssen. Nachdem er und Angelika nicht mehr zusammen waren, hielt ihn hier nichts mehr. Er schied ohne Bedauern von der Wohnung, von der Gegend, von der Stadt. Sie hatten ihm kein Glück gebracht, und er hatte den Menschen kein Glück gebracht. Seine Möbel hatte er auf dem Flohmarkt verkauft, seine Bücher und den Rest der Schallplatten in Kisten gepackt. Er würde sie in einem Mietwagen nach Leiferde bringen, wo er sie eine Weile lagern konnte.
    Um halb sieben machte er sich wieder auf den Weg, um in die Klinik zu fahren. Dort ging er in die Cafetería und bestellte einen Kaffee. Wie erwartet, kamen die Erinnerungen. Hier hatte alles angefangen. Im Geiste sah er sich und Angelika hier sitzen, Blicke tauschen und schließlich … Ach, bloß nicht daran denken, ermahnte er sich selbst. Warum immer wieder in der Wunde herumstochern?
    „Das sind aber düstere Gedanken?“, sagte plötzlich die vertraute Stimme.
    Er sah Angelika an, die nun Platz nahm. „Ja.“
    Sie betrachtete ihn prüfend. Als er jedoch nichts weiter sagte, fragte sie: „Wohin möchtest du denn essen gehen? Hast du einen Vorschlag?“
    Er schüttelte den Kopf. Er hatte keinen Appetit und konnte sich nicht vorstellen, überhaupt etwas zu essen. „Wie wäre es mit einem Italiener?“
    „Okay.“
    Sie erhoben sich gleichzeitig und verließen die Cafetería. Auf dem Weg zum Auto sprachen sie nicht. Als sie in ihrem Wagen saßen, sagte sie. „Du bist heute genauso schweigsam wie damals.“
    „Vielleicht machst du mich ja einfach nervös.“
    Sie lachte, doch als sie ihm einen Blick zuwarf und sein Gesicht sah, wurde auch sie wieder ernst. Sie fuhr nach etwa zehn Minuten auf den Parkplatz eines italienischen Restaurants. Sie stiegen aus, und er hielt ihr die Tür der Speisegaststätte auf. Sofort kam ein Ober auf sie zugestürzt, fragte nach der Anzahl der Personen, und als er sah, dass sie nur zu zweit waren, führte er sie zu einem kleinen Tisch. Ein lauschiges Plätzchen, dachte Harald. Der denkt wohl, wir wären ein Paar. Er half Angelika aus der Jacke und wartete, bis sie sich gesetzt hatte. Dann nahm er selbst Platz. Der Kellner wartete und reichte ihnen dann die Karten. Sie brauchten beide nicht lange für die Entscheidung und gaben bald die Bestellung auf.
    „Darf ich dich fragen, warum du nun doch nicht nach Kenia gehen willst?“
    „Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen, weil mein Kollege, den ich in Leiferde vertrete und dessen Stelle ich in Kenia übernehmen sollte, seinen Aufenthalt dort verlängert hat. Zum zweiten habe ich ein paar Auszüge aus meinem Reisetagebuch von Norwegen an eine Naturschutzzeitung geschickt, deren Redakteur mir angeboten hat, mir ein paar Kontakte zu Tierfilmern und Fotografen zu vermitteln. Vielleicht ergibt sich da auch etwas.“ Als ihre Augen sich trafen, wusste er, dass sie daran dachte, wie er ihren Vorschlag damals abgelehnt hatte. „Diese Idee habe ich dir zu verdanken“, murmelte er.
    „Ich freue mich für dich, Harald.“
    Der Kellner brachte den Wein und sagte, dass das Essen auch gleich käme.
    „Wie geht es dir?“ fragte Harald nun, bevor er sein Glas an die Lippen setzte.
    „Ganz gut, danke. Harald, wirst du Lisa mal im Internat besuchen?“
    „Natürlich! Ich habe dir doch gesagt, ich werde mich um sie kümmern. Zweifelst du an meinem Wort?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Es wird nicht leicht für sie. Es wäre schön, wenn sie einen Freund hätte, an den sie sich im Notfall wenden könnte.“
    „Sie wird mich nicht nur im Notfall haben. Wie du ja selbst weißt, ist Leiferde wirklich nicht so weit weg. Zum Internat ist es sogar näher als hierher. Ich werde sie also sehr oft besuchen.“ Er machte eine kurze Pause. „Hast du dich mit mir verabredet, um mich das zu fragen?“
    „Nein, Harald. Ich...“ Der Ober trat an den Tisch und servierte ihnen das Essen.
    Als sie aufgegessen hatten, fragte Angelika. „Was macht deine Therapie?“
    „Ich habe festgestellt, dass ich mich immer sehr an meinem Vater gerieben und die Rolle meiner Mutter viel zu wenig beachtet habe. Mein Vater hat mir immer alles ins Gesicht gesagt, hat mich verprügelt, hat mir aber auch vieles beigebracht. Meine Mutter war da viel gleichgültiger. Sie hat mich nicht
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