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Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)

Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)

Titel: Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)
Autoren: Peter Englund
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ungarischen Söldnern bestand – wurden aus ihren Befestigungen nördlich des Lagers abgezogen und auf den Sandhügeln aufgestellt. Sowohl hinter als auch vor ihnen sammelten sich lange, wogende Linien polnischer Reiterei. Die beiden Schlachtlinien standen ungefähr einen Kilometer voneinander entfernt, zwischen ihnen lag ein ebenes und flaches Feld mit Äckern, Büschen und ein paar verstreuten Wäldchen.
    Kurz nach vier Uhr am Nachmittag kam der polnische Angriff.

2 . Die letzten 80 Meter Mittelalter
    Der Husarenschock – Über neue und alte Arten der Kriegführung – Nahkämpfe – Der dritte Tag – Von Sparr stürmt den Pragawald – Angriff auf den Höhenzug – Das polnische Heer bricht auseinander – Ausbruchsgefechte bei Bialoleka – Der große Kollaps
    Dies war es, worauf alle gewartet hatten. Zwar hatten noch nicht alle Verbände vom westlichen Ufer der Weichsel die Brücke überqueren können, aber die polnische Führung wollte nicht länger warten. Das polnisch-litauische Heer bestand nicht, wie mancher bei den Alliierten glaubte, aus 200 000 Mann, ja nicht einmal aus 100 000 , sondern zählte zu diesem Zeitpunkt nur etwas über 40 000 Krieger. Es war eine überaus bunte Mischung; neben wilden und ungestümen Haufen berittener Tataren mit langen Mänteln, geschorenen Köpfen und kurzen, krummen Bogen sowie ausgehobenen Bauern mit Sensen und vereinzelten Schusswaffen konnte man Regimenter mit Dragonern und geworbener Infanterie sehen, die auf modernste Weise bewaffnet und ausgebildet waren. Die meisten Verbände bestanden aus Reiterei – das Fußvolk umfasste nur rund 4000 Mann. Die polnische Armee hier bei Warschau war dem Aussehen, der Denkart und der Kampfesweise nach altertümlich; sie war eine stolze und tapfere Armee zu Pferde, die Kühnheit, Panasch und individuellen Mut in Ehren hielt und nicht besonders viel für Drill, Schusswaffen und andere unnötige Innovationen übrighatte. Den Hauptteil des Heeres machte der Adel aus. Die vermögendsten und feinsten Adligen stellten die harte Elite der Armee: die Husaren. Jeder dieser Husaren war schwer bewaffnet mit einem Krummsäbel, langem Degen, Streithammer sowie einer über fünf Meter langen Lanze; außerdem trugen sowohl die Reiter als auch deren Pferde schöne Rüstungen und Kettenhemden, reich geschmückte Eisenpanzer und prunkvolle Kostüme. Sie hatten zu dieser Zeit begonnen, zu einem schönen Anachronismus auf den Schlachtfeldern zu verblassen, aber noch hielt sich ihr Ruhm. Sie hatten viele glänzende Siege hinter sich und hatten ein übers andere Mal überwältigende Ansammlungen russischer und türkischer Streitkräfte weichgeklopft. Noch 1605 , also gut fünfzig Jahre zuvor, hatte die gefürchtete polnische Adelsreiterei eine ganze schwedische Armee auf dem hügeligen Schlachtfeld bei Kirkholm in der Nähe von Riga «wie eine Schar Hühner» niedergemetzelt. Die Husaren waren die Tapfersten der Tapferen, Polens Blüte und Stolz. Wenn irgendwer in der Lage war, den ausländischen Angreifern Paroli zu bieten, dann sie. Sie sollten die Speerspitze des Angriffs bilden, der darauf abzielte, die alliierte Schlachtordnung zu sprengen und den Feind in die Sümpfe bei Bródno zu jagen.
    Husarenkompanien aus verschiedenen Regimentern wurden zusammengefasst, und den Befehl über die gesamte Streitmacht von rund 1000 Lanzen erhielt Hilary Polubinski, ein bekannter Edelmann, glatzköpfig, dickbäuchig und glotzäugig, mit fliehendem Kinn und arrogant gekrümmten Augenbrauen, der das litauische Regiment befehligte und offenbar ein unerschrockener Mann war. Langsam ritten sie die Sandhügel herab, ein farbenprächtiges Gewimmel unter einem hohen, blauen Sommerhimmel. Ein Stück hinter ihnen folgte eine weitere dichte Masse von Männern und Pferden: Es waren gut 4000 Kvartianer, berittene Grenztruppen, bei weitem nicht so ausgestattet und schwer bestückt wie die Husaren, aber doch in der Lage, mit Säbeln, langen Lanzen und Gewehren zu rasseln.
    Die prächtige Erscheinung der Husaren bewegte sich über die Äcker in Richtung Osten. Sie hielten geraden Kurs auf den linken Flügel der Alliierten. Auf fünfhundert Meter herangekommen, gingen sie in Trab über. Sie wurden von der alliierten Artillerie begrüßt. Üppige weiße Wolken quollen aus den funkensprühenden runden Schnauzen, und Rauchbänke bauten sich vor den Batterien auf der anderen Seite des Feldes auf. Die scharfen Schnitte der Kugeln zischten durch die stauberfüllte Luft zwischen die
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