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Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)

Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)

Titel: Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)
Autoren: Peter Englund
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Reitenden. Hier und dort stürzten Pferde im Feuer. Eine Haubitzenbatterie eröffnete das Feuer und brachte das Kunststück fertig, eine rauchende Granate zwischen die Reitenden zu lobben (man schoss gegen die Reiterei gern mit diesen explodierenden Projektilen, um die Pferde zu verwunden oder sie in Panik zu versetzen). Während die Husaren heranwogten, ließen sie eine schüttere Schneckenspur von Toten und Verwundeten, Pferdekadavern und abgeworfenen Reitern hinter sich zurück.
    Als sie noch etwa 150 Meter entfernt waren, gingen die Husaren in Galopp über. Wie ein greller und farbenschimmernder Wolkenschatten flogen sie über die unebenen Äcker heran. Je näher sie kamen, umso mehr verdichtete sich der Lärm über den Feldern. Die Kanonenschüsse fielen dichter und dichter. Das Donnern Tausender von Pferdehufen mischte sich mit dem Rasseln der Rüstungen, Beinschienen und Lendenpanzer, die aneinanderschlugen. Dann stieg ein lauter, vibrierender Aufschrei von den schwankenden Ketten von Männern und Pferden auf, Ketten, die immer unregelmäßiger wurden, je mehr das Tempo zunahm.
    Für die Männer, die auf der anderen Seite mit den Waffen in der Hand bereitstanden, wurden die Details immer deutlicher, als der Abstand zwischen ihnen und den Heranreitenden rasch schrumpfte. Die Husaren waren wahrlich ein prachtvoller Anblick, ein Stück erlesener, kolorierter Märchenpracht zu Pferde, dem Aussehen wie der Haltung nach. Reich verzierte Schabracken und Mäntel leuchteten, und an den Rüstungen der Pferde funkelten Gold-und Silberbeschläge in der Sonne; von den Schultern der Husaren flatterten Felle von Tiger, Löwe, Panther oder Luchs, und von sonderbaren Gestellen hinter den Sätteln wehten Adler-und Reiherfedern.
    Als nur noch rund 80 Meter übrig waren, gaben die Husaren die Zügel frei, und die Pferde gingen in den vollen Lauf über.
    In dieser Form war in Europa seit über einem halben Jahrtausend Krieg geführt worden; schwere Reiterei hatte uneingeschränkt auf den Schlachtfeldern von Hastings 1066 , Cresson 1187 , Bouvines 1214 , Cressy 1347 , Tannenberg 1410 und so weiter dominiert – bei der letztgenannten Gelegenheit hatten die polnischen Husaren die stolze Ritterschaft des Deutschen Ordens vernichtend geschlagen. Die schwere Adelsreiterei und ihre ungestümen Angriffe hatten das gesamte soziale und wirtschaftliche System beeinflusst und bildeten einen Teil der Basis der großen politischen Macht des Adels. Einer der Hauptzwecke des feudalen Systems in seiner klassischen Ausprägung lag ja gerade darin sicherzustellen, dass die Fürsten in reichlichem Maß über gepanzerte Ritter, diese Embleme und Herrscher des mittelalterlichen Kriegs, verfügen konnten.
    Als dann der Herbst des Mittelalters angebrochen war und der Feudaladel langsam und zunächst unmerklich von den Männern einer neuen Zeit – den Kaufleuten, den bürgerlichen Karrieristen, den Manufakturbesitzern – zurückgedrängt zu werden begann, hatte diese Entwicklung ihren Schatten über die Schlachtfelder geworfen. Dort hatte der Ritter zu Pferd zusehen müssen, wie er langsam, aber sicher verdrängt wurde durch den einfachen, nichtadeligen Fußsoldaten, der weder Ahnen und Traditionen noch Sporen aus Gold hatte, aber stattdessen, wie die Schweizer, lange Piken und eine beinharte Disziplin oder, wie die Engländer, schnell schießende Langbogen, die den gepanzerten Käfer aus mehreren hundert Schritten Abstand aus dem Sattel werfen konnten. Während daraufhin der Ritter im Westen im Verlauf der voraufgegangenen Epoche mit Sack und Pack die Schlachtfelder verlassen hatte, um sich zu einer schönen Dichtung vom guten Leben und edlen Mut verwandeln zu lassen, hielt er sich auf den Schlachtfeldern im Osten noch immer. Für Polubinski und die anderen hochadeligen polnischen Husaren, die jetzt auf ihren schmucken Pferden über die Äcker des Dorfes Bródno heransprengten, war der Kampf in vielfacher Hinsicht die einzige Beschäftigung, die eines wahren Aristokraten würdig war. Sein Schlachtruf war eine selbstbewusste Demonstration seines hohen Mutes, und der kriegerische Kampf hatte für ihn individuellen Charakter, er war noch Spiel und Sport. Die Schweden dagegen waren Europas führende Betreiber des neuen und modernen Krieges. Während viele Krieger auf der polnischen Seite noch Pfeil und Bogen benutzten, waren die Schweden schon lange dazu übergegangen, auf Musketen und andere Schusswaffen zu vertrauen; während die Polen noch stolze und
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