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Vertrauen

Titel: Vertrauen
Autoren: Anselm Gruen
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es anzunehmen. Und Lukas verbindet die Annahme des Kreuzes mit der Selbstverleugnung. Das griechische Wort „arnesasto heauton“ heißt eigentlich: nein sagen zu sich selbst, Widerstand leisten zur Tendenz des Ego, alles an sich zu raffen und für sich haben zu wollen. Dieses Wort Jesu wurde oft genug falsch verstanden. Man deutete es als Selbstentwertung oder Selbstverbiegung. Doch es ist letztlich ein Weg in die innere Freiheit. Das Ego hat die Tendenz, alles zuvereinnahmen. Es kreist immer um sich selbst: Was bringt es mir? Was habe ich davon? Diese Haltung zeigt es auch Gott gegenüber. Selbst Gott wird in einer solchen Haltung vereinnahmt. Was bringt mir Gott? Welchen Vorteil habe ich von Gott? Doch damit setzen wir das Ego absolut. Und je mehr wir es absolut setzen, desto mehr Angst haben wir um es. Sich von diesem Ego zu distanzieren, es loslassen, das ist – folgen wir dem Wort Jesu – ein Weg in die Freiheit.
    Das Ich, um das ich mich ängstige, ist gar nicht so wichtig. Unterhalb des Egos aber ist ein Punkt in mir, der unzerstörbar ist.
    Matthäus spricht davon, dass wir das Leben erwerben, es uns verschaffen, es gewinnen wollen. Bei Lukas heißt es: Das Leben retten, es bewahren, es erhalten. Bei beiden Evangelisten geht es um Folgendes: Wir meinen oft, wir könnten uns das Leben selbst verschaffen oder wir könnten uns an dem, was uns an Leben geschenkt wurde, festklammern, damit es nie verloren geht. Aber weder unser körperliches Leben können wir durch gesunde Lebensweise für immer bewahren, noch das psychische. Wer um jeden Preis Lebendigkeit will, der verliert sie. Der verkrampft sich und erstarrt. Das aber ist das Gegenteil von wirklichem Leben. Wer sich an seiner Gesundheit festklammert, der wird oft gerade krank. Leben gelingt nur, wenn wir die Angst um das Leben los- und uns einfach dem Leben überlassen.
    Zunächst geht es darum, das Hängen an mir und meinen Wünschen und Bedürfnissen loszulassen, um in mir einen tieferen Grund zu entdecken. Wir müssen uns klar machen: Erfolg und Anerkennung, Gesundheit und Kraft sind nicht das Letzte. Davon allein kann ich mich nicht definieren. Ichbrauche einen tieferen Grund. Und dieser Grund ist letztlich Gott. Jesus spricht hier aber nicht von Gott, sondern von sich selbst. Wir sollen um Jesu willen unser Leben verlieren, sagt die Bibel. Um Jesu willen, das kann heißen: Seine Botschaft ist mir so wichtig, dass ich nicht mehr ängstlich um mich und mein Wohlergehen kreise. Oder: Ich bin von seiner Person so fasziniert, dass sie mich befreit vom ängstlichen Kreisen um mich selbst. Ich folge diesem Jesus nach und gewinne dabei wirkliches Leben. „Um Jesu willen“ kann aber auch noch etwas anderes meinen. Für C. G. Jung ist Jesus nicht nur die historische Person aus Nazareth, sondern zugleich ein Bild für das wahre Selbst. Jesus nachfolgen heißt dann auch, dass ich meiner inneren Stimme folge. Sobald ich still werde und in mich hinein horche, entdecke ich in mir eine leise Stimme, die mir genau sagt, was für mich richtig ist. Und diese innere Stimme lockt mich weg vom Kreisen um das eigene Leben. Sie lädt mich ein zum Loslassen alles Äußeren, damit ich den inneren Reichtum meiner Seele entdecken kann. Das ist dann das wirkliche Leben. Die Angst um mein Leben überwinde ich nur, wenn ich zu dem inneren Grund durchdringe. Dort werde ich mich lebendig fühlen, selbst wenn ich krank werde, selbst wenn der Erfolg ausbleibt. Wenn ich mit diesem inneren Grund in Berührung bin, dann halte ich mich nicht länger krampfhaft an mir selbst und an meinem Leben fest. Dann kann ich loslassen. Und dieses Loslassen ist die Bedingung für echte Lebendigkeit und für ein Leben in Freiheit.
Sei dankbar
    D avid Steindl-Rast sagt: „Jede Dankbarkeit ist ein Ausdruck von Vertrauen. Jedes Misstrauen führt dazu, noch nicht einmal ein Geschenk als solches zu erkennen – wer könnte denn sicherstellen, dass es nicht ein Köder, ein Bestechungsversuch, eine Falle ist? Dankbarkeit hat den Mut zu vertrauen und überwindet so die Angst.“ Ein dankbarer Mensch, sagt Steindl-Rast, hat einen guten Blick für das Geschenk in jeder gegebenen Lage. Er erkennt die Gelegenheit, die selbst in der schlimmsten Situation immer mitgegeben ist. Und er ergreift diese Gelegenheit. Alles, wofür für dankbar sind – und nichts sonst im Leben – gibt uns Freude. Steindl-Rast hat Recht: Wenn ich einfach dankbar annehme, was mir ein Mensch und was mir Gott täglich schenkt, dann bin
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