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Vertrau mir! - Thriller

Vertrau mir! - Thriller

Titel: Vertrau mir! - Thriller
Autoren: Heyne
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bedrohlich sein; man hätte einfach nur einen hoch aufgeschossenen Vierundzwanzigjährigen gesehen, mit lockigem dunkelbraunem Haar, das ihm etwas über die Ohren reichte, einen jungen Mann, dessen sehniger Körper mit Shorts und einem T-Shirt bekleidet war, auf dem Psychologen tun es auf der Couch stand. Luke mochte das T-Shirt nicht besonders gern, es war ein Scherzgeschenk von einer ehemaligen Freundin, aber es war das einzige saubere, das er für den heutigen Dauerlauf am Lady Bird Lake mitten in Austin hatte. Seine blauen Augen waren auf seinen Weg durch die Menge fokussiert. Er ignorierte die Gesichter der hübschen Mädchen, das Schimmern des Lichts auf dem Wasser, an dem er entlanglief, die veränderlichen Schatten, die die Zweige der Eichen im Wind warfen. Er überholte langsamere Läufer und wich schnelleren Radfahrern und Hunden aus, die an der Leine zerrten und sprangen. Er musste sich beeilen und gleich wieder zurück an die Arbeit gehen. Die Arbeit nahm seine Gedanken Tag und Nacht in Anspruch.
    Die Luft hier in Austin war kühl und nicht zu feucht; es war Mitte März, und die lange drückende Sommerhitze hatte
sich noch nicht über die Stadt gelegt. Der leichte Wind fühlte sich wunderbar an und befreite seinen Kopf von den Sorgen, wenn auch nur für kurze Zeit. Luke überquerte die Brücke in die Innenstadt und lief langsam aus. Dann beugte er sich vor und atmete schwer. Seine Medaille rutschte ihm aus dem billigen T-Shirt, und das silberne Schwert des Engels blitzte im Sonnenlicht. Er steckte die Medaille wieder zurück; sie lag kühl an seiner schweißnassen Brust. Er richtete sich auf und ging die letzten drei Blocks zu dem Hochhaus mit der Wohnung, die ihm sein Stiefvater gekauft hatte, als Luke nach Austin gekommen war, um hier das College zu besuchen. Er winkte dem Pförtner von weitem zu, der Luke mit einem leicht missbilligenden Blick ansah.
    »Wie viele Kilometer?«, fragte der Pförtner.
    »Nur drei.«
    »Nur drei? Setz deinen faulen Arsch in Bewegung.« Der Pförtner war ein eifrigerer Läufer als Luke.
    »Ich war gestern lange auf.«
    »Weshalb wohnst du überhaupt in der Innenstadt, wenn du nie um die Häuser ziehst?«
    »Woher weißt du denn, dass ich’s nicht mache?«, erwiderte Luke mit einem angedeuteten Lächeln.
    »In der Nachtschicht seh ich genau, wer gern einen draufmacht, wer im Warehouse District oder in der Sixth Street war. Du kommst nie spät heim.«
    »Ich bin momentan meistens im Internet.«
    »Dann lass den Blödsinn«, entgegnete der Mann grinsend. »Das Leben ist zu kurz für so was.«
    Der Fahrstuhl kam unten an. »Ich werd sehen, dass ich das mit dem Nachtleben nachhole.«
    »Aber nicht heute Abend. Dein Stiefvater wartet oben auf dich. Ist gerade vor ein paar Minuten gekommen.«

    »Danke.« Die Fahrstuhltüren schlossen sich, und Luke drückte den Knopf für das neunte Stockwerk. Henry war aus Washington gekommen, und Luke war mit dem Projekt noch nicht fertig. Er atmete tief durch.
    Die Fahrstuhltüren gingen auf, und er durchquerte den kurzen Flur zu seiner Wohnung. Die Tür stand einen Spalt offen; Henry hatte vergessen, sie zuzumachen. Typisch. Er drückte die Tür ganz auf und rief hinein: »Hallo, ich bin’s.« Luke schloss die Tür hinter sich und hörte bereits das Kratzen einer Feder über Papier, das Geräusch, das er schon immer mit Henry verbunden hatte.
    Henry saß am Esszimmertisch, sein Gepäck neben ihm am Boden, und schrieb auf einen gelben Block, während er ein dickes Buch aufgeschlagen vor sich liegen hatte. Luke wusste, dass es nicht ratsam war, Henry zu stören, wenn er nachdachte, und Henrys Gedanken konnten quälend lang sein. Henry hob eine Hand ein wenig vom Tisch, während er schrieb, und bat um etwas Geduld, und so ging Luke in die Küche und holte sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. Er nahm einen kräftigen Schluck und lauschte Henrys Feder, während er die wunderbare Aussicht auf den See und den grünen Zilker Park dahinter genoss.
    »Sorry, Luke«, sagte Henry mit einem entschuldigenden Lächeln. »Ich arbeite an einem Dutzend Positionspapieren gleichzeitig, und meine Ideen sprießen wie Unkraut.«
    »Das sind zu viele.«
    »Ich glaube, dass große Veränderungen in der Luft liegen. Wie war das Joggen?« Henry sah von seinen Papieren auf. Er war Anfang fünfzig, schlank und hatte leicht zerzaustes Haar, weil er sich mit den Fingern beim Sprechen ständig durch die Haare fuhr; dazu passte sein etwas zerknitterter Anzug.
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