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Vertrau mir deine Sehnsucht an (Der romantische Liebesroman) (German Edition)

Vertrau mir deine Sehnsucht an (Der romantische Liebesroman) (German Edition)

Titel: Vertrau mir deine Sehnsucht an (Der romantische Liebesroman) (German Edition)
Autoren: Sophia Bjenlund
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sich die Schuld an ihrem Tod, weil er ausgerechnet an dem Nachmittag, an dem er eigentlich frei gehabt hätte, einige Privatpatienten behandelte. Aber... er hätte sicher nichts aufhalten können. Seine Frau war schon seit Stunden tot, als er sie fand. Das Unglück war wohl schon am Vormittag passiert. Sie hatte keine Chance." Verlegen blickte die Sprechstundenhilfe auf die Notizen, die sie eben in den PC übertragen wollte.
       "Bleiben Sie immer so lange?"
       "Ich bin meist die letzte, die die Praxis verlässt", antwortete die Frau gleichmütig. "Auf mich wartet zuhause auch niemand. Ich bin geschieden und habe keine Kinder. Ralf, mein Ex, wollte keine. Jetzt ist es zu spät dafür. In meinem Alter sollte man damit nicht mehr anfangen."
       "Oh, Sie sind doch noch jung genug für eine eigene Familie", widersprach Dr. Horbach verwirrt. Langsam wurde ihm etwas mulmig bei dem Gedanken daran, bald diese Praxis für einige Wochen allein führen zu müssen. Zwar hatte er auch schon einige Male für seinen Vater Urlaubsvertretung übernommen, aber das war etwas ganz anderes. Da arbeitete er ohnehin stundenweise mit, denn in ein paar Jahren sollte er sie ganz übernehmen, wenn Dr. Sigmund Horbach sich zur Ruhe setzen wollte.
       Simone lachte leise. "Danke für das Kompliment, ich bin dreiundvierzig. Aber lassen wir das. Wir sehen uns am Freitag, denke ich. Herr Doktor Authenried sagte vorhin, dass ..."
       "Natürlich... hat er zu mir auch gesagt." Demonstrativ blickte Dr. Horbach auf seine Armbanduhr. Das Klima in dieser Praxis gefiel ihm im Moment nicht so gut. Alles wirkte irgendwie düster und traurig, was er in Anbetracht des Unglücks, das über den Kollegen hereingebrochen war, durchaus verstehen konnte. Er verabschiedete sich hastig, dann ging er eilig nach draußen.
       Es dämmerte bereits, war schon nach zwanzig Uhr. Er musste sich beeilen, wenn er um diese Zeit noch einen Tisch im Restaurant bekommen wollte.
       Im Löwen war, wie erwartet, nichts mehr frei. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als es beim Chinesen, den er bei der Herfahrt direkt an der Hauptstraße gesehen hatte, nachzufragen. Dort hatte er Glück, der Gastraum war ziemlich groß, und es gab sogar noch einige freie Plätze.
       Michael bestellte etwas Vegetarisches, das ging schneller als Fisch oder Fleisch, und außerdem liebte er die glitschigen Morcheln über alles. Sie fühlten sich so knackig und glatt an zwischen den Zähnen.
       Es dauerte nicht sehr lange, da stand ein ziemlich großer Teller mit dampfendem Essen vor ihm auf dem Tisch. Mit so einer gewaltigen Portion hatte er nicht gerechnet. Der Duft schmeichelte seiner Nase und das Wasser lief ihm im Mund zusammen. Er nahm die Stäbchen und bemühte sich, die dunkelbraunen Pilze damit aufzunehmen. Es gelang ihm vorzüglich, obwohl er schon länger nicht mehr auf diese Weise gegessen hatte.
       Langsam kehrten seine Lebensgeister zurück, die er in Dr. Authenrieds Praxis für eine Weile verloren hatte. Fast schon hatte er bereut, die Vertretung zu übernehmen. Doch jetzt, mit dem wundervoll duftenden Essen vor sich auf dem Tisch, war seine Welt wieder in Ordnung.
     
    * * *
     
       An dem Tag, als Melanie Strömer in das schöne Reihenhaus mit dem gepflegten Garten einzog, schien die Sonne, als wollte sie die Neuankömmlinge willkommen heißen. Melanie und ihr zwölfjähriger Sohn Tim hatten schlimme Zeiten hinter sich. Jetzt endlich hatte Melanie es geschafft, sich von ihrem gewalttätigen Mann zu trennen.
       Eigentlich hatte sie schon vor Wochen ihre Tante Anna besuchen und länger bei ihr bleiben wollen, doch die alte Dame war plötzlich krank geworden und starb wenige Wochen später. Sie hinterließ ihrer einzigen Nichte alles, denn sie selbst hatte keine eigene Familie.
       "Wo soll ich meine Schachteln hintun, Mami?", fragte in dem Moment Tim, der gerade mit einem Arm voll Sachen das hübsche Haus betrat. "Krieg ich mein Zimmer oben unter Dach? Ich mag schräge Wände so gern", bettelte der zwölfjährige Junge.
       Melanie fuhr sich wie erwachend durch das lange dunkle Haar, das bis weit über ihre Schultern reichte. Sie holte aus der Tasche ihrer eng anliegenden Jeans ein Gummi, mit dem sie die Haare im Nacken zusammenband. "Ich hab noch gar nicht darüber nachgedacht", antwortete die Frau und hatte Mühe, ihre Gedanken zusammen zu halten. Alles hier war noch so, wie Tante Anna es bewohnt hatte. Wahrscheinlich war es das, was ihr zusetzte.
      
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