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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung
Autoren: John Grisham
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Gebäude vor zwanzig Jahren bei einem Prozess zugesprochen bekommen. Was der Adresse der Kanzlei an Prestige fehlte, machte sie durch ihre Lage wett. Zwei Türen weiter kreuzten sich drei Straßen – Preston, Beech und Thirty-eighth – in einem chaotischen Aufeinandertreffen von Asphalt und Verkehr, das pro Woche mindestens einen lukrativen Unfall garantierte, häufig gleich mehrere. Finley & Figg deckte seine Fixkosten mit Verkehrsunfällen, die sich in weniger als einhundert Meter Entfernung zur Kanzlei ereigneten. Von Zeit zu Zeit schlichen Vertreter anderer Kanzleien – Boutique und sonstige – durch die Gegend, in der Hoffnung, einen billigen Bungalow mieten zu können, in dem gierige Anwälte das Kreischen von Reifen und das Knirschen von Metall hören konnten.
    Da die Kanzlei nur aus zwei Anwälten/Partnern bestand, lag es nahe, dass einer Seniorpartner und der andere Juniorpartner war. Der Seniorpartner war Oscar Finley, zweiundsechzig Jahre alt, gut dreißig Jahre Erfahrung in der hemdsärmeligen Variante der Juristerei, die in dieser verrufenen Gegend im Südwesten Chicagos praktiziert wurde. Oscar war früher Streifenpolizist gewesen, aber aus dem Dienst entlassen worden, weil er ein paar Schädel zu viel eingeschlagen hatte. Um ein Haar wäre er im Gefängnis gelandet, doch stattdessen hatte er ein Erweckungserlebnis und ging erst aufs College und dann an die juristische Fakultät. Als ihn nach Abschluss seines Studiums keine Kanzlei einstellen wollte, machte er seinen eigenen Laden auf und fing an, jeden zu verklagen, der in seine Nähe kam. Zweiunddreißig Jahre später konnte er es kaum glauben, dass er seine Karriere damit verschwendete, ausstehende Forderungen einzuklagen und Blechschäden, Schmerzensgeldansprüche und Blitzscheidungen zu bearbeiten. Er war immer noch mit seiner ersten Frau verheiratet, einer furchtbaren Person, von der er sich am liebsten scheiden lassen würde. Aber er konnte es sich nicht leisten. Nach zweiunddreißig Jahren als Anwalt konnte sich Oscar Finley so gut wie nichts leisten.
    Sein Juniorpartner – Oscar sagte gern »Darum wird sich mein Juniorpartner kümmern«, wenn er Richter, andere Anwälte und vor allem potenzielle Mandanten beeindrucken wollte – war Wally Figg, fünfundvierzig. Wally hielt sich für einen knallharten Prozessanwalt, und in seiner marktschreierischen Werbung versprach er alle möglichen Arten von aggressivem Verhalten. »Wir kämpfen für Ihre Rechte!« und »Wir sind der Schrecken der Versicherungsgesellschaften!« und »Wir meinen es ernst!«. Wallys Anzeigen prangten auf Parkbänken, Stadtbussen, Taxis, Programmen von Footballspielen der Highschools, ja selbst auf Telefonmasten, obwohl er damit gleich gegen mehrere Verordnungen verstieß. Zwei entscheidende Werbeträger waren allerdings tabu – Fernsehen und Plakatwände. Diesbezüglich stritten sich Wally und Oscar regelmäßig. Oscar weigerte sich, Geld dafür auszugeben – beides war ausgesprochen teuer und Wally war noch bei der Planung. Er träumte davon, sein lächelndes Gesicht in einem Fernsehspot zu sehen, und stellte sich vor, wie er Schauergeschichten über Versicherungsgesellschaften erzählte und verletzten Fernsehzuschauern – die so schlau waren, bei der eingeblendeten gebührenfreien Telefonnummer anzurufen – gewaltige Summen aus Schadenersatzklagen versprach.
    Aber Oscar wollte nicht einmal für eine Plakatwand zahlen … dabei hatte sich Wally schon eine ausgesucht. Sechs Häuserblocks von der Kanzlei entfernt, an der Ecke Beech und Thirty-second, hoch über dem tosenden Verkehr, auf dem Dach eines vierstöckigen Mietshauses stand sie, die beste Plakatwand im Stadtgebiet von Chicago. Zurzeit wurde gerade billige Unterwäsche angepriesen (allerdings an einem sehr attraktiven Model, wie Wally zugeben musste). Aber die Plakatwand wartete nur darauf, seinen Namen und sein Gesicht zu tragen. Trotzdem weigerte sich Oscar.
    Wally hatte an der renommierten juristischen Fakultät der University of Chicago studiert. Oscars Abschluss in Jura stammte von einem obskuren, inzwischen nicht mehr bestehenden Institut, das Abendkurse angeboten hatte. Beide mussten dreimal zur Anwaltsprüfung antreten. Wally hatte vier Scheidungen hinter sich; Oscar konnte nur von Scheidung träumen. Wally wollte den ganz großen Fall, den großen Coup, der ihm ein paar Millionen Dollar an Honorar einbrachte. Oscar wollte nur zwei Dinge – sich scheiden lassen und in den Ruhestand gehen.
    Wie die
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