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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln
Autoren: Marta Randall
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ei­ni­ge Zeit un­ter den Ber­gen aus Schnee und lausch­te den hal­len­den Echos in den Eis­ka­ver­nen.
    „Wie Sie be­mer­ken“, sag­te der Frem­den­füh­rer und deu­te­te von der Seh we­be­platt form auf die ge­wölb­ten Wän­de um uns her­um, „war die ers­te Schmel­zung ir­re­füh­rend. Die Ur­al­ten ver­leg­ten ih­re Ka­bel so, daß sie ein großes Git­ter­netz un­ter dem ark­ti­schen Eis bil­de­ten. Für die Vor­be­rei­tungs­ar­bei­ten setz­ten sie Un­ter­see­boo­te ein, für das Ver­le­gen selbst pri­mi­ti­ve Ser­vo­me­cha­nis­men. Als das Git­ter­netz fer­tig­ge­stellt war, be­gan­nen sie das Eis zu er­wär­men, von hier un­ten aus. Of­fen­bar hat­ten sie fol­gen­de Theo­rie: Da die in­ne­ren Be­stand­tei­le der Eis­mas­sen lang­sa­mer schmel­zen wür­den, muß­te die Ener­gie, die für ein gleich­mä­ßi­ges Ab­tau­en mit den Au­ßen­be­rei­chen nö­tig war, ent­spre­chend grö­ßer sein. Na­tür­lich wä­re es sinn­vol­ler ge­we­sen, zu­nächst die Au­ßen­be­rei­che mit ei­nem Hei­z­git­ter zu über­zie­hen und zu schmel­zen, die Eis­schol­len dann von den Mee­res­s­trö­mun­gen zu den ver­schie­de­nen Ziel­punk­ten trans­por­tie­ren zu las­sen und sie dort zur Was­ser­ver­sor­gung der Städ­te und An­bau­flä­chen zu ver­wen­den. Doch wir kön­nen der Über­lie­fe­rung ent­neh­men, daß die Ur­al­ten nicht die Ab­sicht hat­ten, die Sa­che auf die­se Wei­se in An­griff zu neh­men. Je­des Land lehn­te es ab, ei­nem an­de­ren Staat zu­erst Eis zu­kom­men zu las­sen. Und in ih­rer Hab­gier und Hast und Furcht ver­such­ten sie, al­le gleich­zei­tig zu ver­sor­gen.“ Der Frem­den­füh­rer hielt kurz in­ne. „Stel­len Sie es sich ein­mal vor: das Bild ei­ner Pol­kap­pe, die plötz­lich wie ein Schach­brett auf­ge­teilt wird und de­ren ein­zel­ne Be­stand­tei­le in wär­me­re Brei­ten ge­schleppt wer­den. Un­glück­li­cher­wei­se klapp­te es nicht. Die ther­mo­sta­ti­schen Kon­trol­len für die In­nen­be­rei­che wa­ren viel zu hoch ein­ge­stellt. Das Eis schmolz, das Was­ser er­hitz­te sich, koch­te und schmolz noch mehr Eis – bis der gan­ze Kern der Eis­mas­se ver­flüs­sigt war. Der Mee­res­s­pie­gel stieg ste­tig an, als das Schmelz­was­ser sich un­ter der Pol­kap­pe hin­durch einen Weg ins of­fe­ne Meer bahn­te. Und was noch schlim­mer war: Ein Teil des bis da­hin ein­ge­schlos­se­nen Schmelz­was­sers durch­brach den da­ma­li­gen dün­nen Rand der Eis­kap­pe und schick­te große Flut­wel­len nach Sü­den. Statt le­bens­spen­den­de Eis­schol­len er­zeug­ten die Ur­al­ten tod­brin­gen­de Spring­flu­ten.“ Der Frem­den­füh­rer zuck­te mit den Ach­seln, als könn­te man von Men­schen, die schließ­lich nicht un­s­terb­lich wa­ren, kaum et­was Bes­se­res er­war­ten.
    Die Schwe­be­platt­form hielt vor ei­ner Wand aus ver­schie­de­nen Eis­ab­la­ge­run­gen an. Un­ten wa­ren die Schich­ten sau­ber und rein, doch als wir dar­an em­por­stie­gen, wur­den sie zu­neh­mend schmut­zi­ger, und ganz oben be­fan­den sich na­he­zu schwar­ze Ver­un­rei­ni­gungs­schich­ten. Als ich die Auf­merk­sam­keit mei­nen Mit­rei­sen­den zu­wand­te, stieg plötz­lich Selbst­mit­leid in mir em­por, und ich frag­te mich, wie vie­le Eis­schich­ten sich ab­la­gern moch­ten wäh­rend der un­end­li­chen Le­bens­span­ne der Un­s­terb­li­chen, die die da­hinglei­ten­de Platt­form mit mir teil­ten. Sie dräng­ten sich am Rand zu­sam­men und be­trach­te­ten die Schmutz­schich­ten. Ich rück­te von ih­nen fort und starr­te hin­un­ter auf den kah­len Bo­den der Ka­ver­ne. Ich stell­te mir vor, wie sie von Flu­ten ko­chen­den Was­sers durch­spült wur­de, schau­der­te und wand­te mich wie­der dem Frem­den­füh­rer zu.
    „Vie­le der Um­wäl­zun­gen wäh­rend der Großen For­mung ge­hen un­mit­tel­bar auf die Über­schwem­mung zu­rück, doch ver­schie­de­ne geo­lo­gi­sche Re­ak­tio­nen rich­te­ten noch grö­ße­ren Scha­den an. Der plötz­li­che Druck­ab­fall am Pol ver­ur­sach­te ei­ne Ver­schie­bung der tek­to­ni­schen Plat­ten un­se­res Pla­ne­ten, was zu Erd­be­ben und Vul­kan­aus­brü­chen
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