Versuchung Pur
Wege war, auf eine Zwölfjährige eifersüchtig zu sein. Sie wunderte sich über sich selbst. Mit einem Kopfschütteln sagte sie sich, dass es an der Anspannung liegen musste, ständig auf der Hut zu sein und sich rar zu machen.
Die Musik plärrte unverändert laut. Ohne Pause rannte Eden zwischen Küche und Saal hin und her, damit die Schalen immer gefüllt blieben. Die Jungs und Mädchen bemühten sich, die dröhnende Musik mit ihren Stimmen zu übertönen.
Fünf Minuten, sagte Eden sich. Sie würde sich nur fünf Minuten wegstehlen, um ein wenig Atem zu schöpfen.
Als sie das nächste Mal in die Küche schlüpfte, ging sie weiter zur Hintertür. Die laue Sommernacht umfing sie, als sie nach draußen trat. Es roch nach Gras und Geißblatt, eine Wohltat nach dem klebrigen Geruch nach Früchtepunsch! Dankbar für die frische Luft, atmete Eden tief durch.
Der Mond stand als schmale Sichel am Himmel. Drei Monate lang hatte sie zugesehen, wie er ab- und wieder zunahm. Sie hatte öfter zum Himmel hochgesehen als jemals zuvor in ihrem Leben. Das galt nicht nur für den Mond, sondern auch für endlos viele andere Dinge. Niemals wieder würde sie irgendetwas so auf die gleiche Weise betrachten wie vorher.
Sie blieb eine ganze Weile stehen und suchte nach den Sternbildern, die Chase ihr erklärt hatte. Die warme Brise strich sanft über ihre Wangen. In Gedanken fragte sie sich, ob da noch eine Zeit kommen würde, in der Chase ihr mehr Himmelskörper zeigen würde.
Im silbernen Licht ging sie über das Gras. Hinter ihr waren Musik, Stimmen und Lachen zu hören. Unter einem alten Walnussbaum blieb sie stehen. Sie lehnte sich an den Stamm, genoss die Ruhe und die Einsamkeit.
Genau dafür waren laue Sommernächte geschaffen worden: um zu träumen und sich etwas zu wünschen. Ganz gleich, wie kalt es auch im Winter werden würde, ganz gleich, wie weit entfernt der nächste Sommer dann noch war – Eden würde diese Nacht aus ihrer Erinnerung herausholen und noch einmal erleben können.
Das Knarren und Schlagen der Hintertür riss sie aus ihren Gedanken.
»Eric.« Eden machte sich nicht die Mühe, den Missmut in ihrer Stimme zu kaschieren.
Er kam zu ihr, bis auch er im Schatten der ausladenden Zweige stand. Das Licht der Sterne fiel funkelnd durch die Blätter. »Ich habe noch nie erlebt, dass du eine Party verlässt.«
»Ich habe mich verändert.«
»Ja.« Eric verlagerte sein Gewicht. Edens Augen blickten ihn ruhig und offen an. »Das ist mir aufgefallen.« Als er die Hand nach ihr ausstreckte, wich sie nicht zurück. Sie bemerkte seine Berührung nicht einmal. »Wir haben unser Gespräch noch nicht zu Ende geführt.«
»Doch. Vor langer Zeit schon.«
»Eden.« Mit einem Finger strich er zögernd über ihre Wange. »Ich habe einen weiten Weg gemacht, um dich zu sehen. Um die … Missverständnisse zwischen uns aus der Welt zu schaffen.«
Eden wandte nur leicht den Kopf zur Seite. »Es tut mir leid, dass du dir solche Umstände gemacht hast, aber es gibt nichts aus der Welt zu schaffen.« Seltsam, aber sie verspürte nicht einmal mehr Ärger oder Bitterkeit. Diese Gefühle hatten sich ab dem Moment verflüchtigt, als Eric sie am Nachmittag geküsst hatte. Wenn sie ihn jetzt ansah, fühlte sie sich ihm nicht mehr verbunden – als wäre er jemand, den sie nur flüchtig kannte. »Eric, es wäre töricht, es noch weiter in die Länge zu ziehen. Belassen wir es dabei.«
»Ich gebe zu, ich habe mich wie ein Narr benommen.« Er versperrte ihr den Weg, als könnte er durch sein uneinsichtiges Beharren die Dinge wieder in die Ordnung rücken, die er sich vorstellte. »Eden, ich habe dich verletzt, und das tut mir leid. Aber ich habe ebenso an dich wie an mich gedacht.«
Sie hätte am liebsten aufgelacht, doch sie konnte nicht einmal dafür Energie aufbringen. »An mich hast du gedacht? Wenn du meinst. Dann danke und auf Wiedersehen.«
»Sei doch nicht so kompliziert.« Erste Zeichen von Ungeduld machten sich bemerkbar. »Du weißt doch selbst, dass eine Hochzeit für dich unerträglich gewesen wäre, solange der Skandal noch in aller Munde war.«
Eden versteifte sich, mehr noch als bei seiner Berührung. Sie lehnte sich gegen den Baum und wartete. Doch, da entdeckte sie in sich eine Spur von Ärger. Ein wenig nur und tief vergraben, doch er war noch da. Vielleicht war es das Beste, ihn ein für alle Mal herauszulassen. »Skandal. Damit beziehst du dich wohl auf die riskanten Investitionen meines Vaters, nicht
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