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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl
Autoren: dtv
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hatte. Er war stolz auf seine Eroberung, stolz, Edward reingelegt zu haben, und sehr stolz, daß er ohne Zustimmung seiner Mutter heimlich geheiratet hatte. Was dann gleich darauf folgte, ist bekannt. Sie verbrachten einige sehr glückliche Monate in Dawlish, denn Lucy hatte die Genugtuung, die Verbindung zu vielen Verwandten und unstandesgemäßen alten Bekannten abbrechen zu können; und er entwarf mehrere Pläne für prächtige Landhäuser; und als sie von dort in die Stadt zurückkehrten, erwirkte er die Verzeihung Mrs.   Ferrars’ einfach dadurch, daß er sie darum bat, was auf Lucys Anregung geschah. Die Verzeihung erstreckte sich, wie es ja in der Tat recht und billig war, zuerst nur auf Robert; und Lucy – die seiner Mutter keinen Gehorsam schuldete und deshalb gegen keinen verstoßen haben konnte – wurde von Mrs.   Ferrars noch einige weitere Wochen nicht vergeben. Doch die beharrliche Demut in ihrem Verhalten und in den Botschaften, die sie durch Robert ausrichten ließ, ihre Selbstverurteilung für Roberts Vergehen und die Dankbarkeit für die Unfreundlichkeit, mit der sie behandelt wurde, verschafften ihr mit der Zeit Mrs.   Ferrars hochmütige Beachtung, von deren Liebenswürdigkeit sie geradezu überwältigt wurde und die danach in rascher Folge zum höchsten Stadium von Mrs.   Ferrars’ Zuneigung und ihres eigenen Einflusses führte. Lucy wurde für Mrs.   Ferrars so unentbehrlich wie Robert und Fanny; und während sie Edward niemals wirklich aufrichtig verzieh, daß er einmal die Absicht gehabt hatte, Lucy zu heiraten, und sie von Elinor, obgleich sie Lucy an Vermögen und Geburt überlegen war, als von einem Eindringling sprach, wurde
sie
in allem als ihre Lieblingsschwiegertochter betrachtet und stets offen als solche anerkannt. Sie ließen sich in der Stadt nieder, erhielten sehr großzügige Unterstützung von Mrs.   Ferrars, hatten das |411| denkbar beste Verhältnis mit den Dashwoods, und wenn man einmal absieht von den Eifersüchteleien und der Feindschaft, die ungebrochen weiterbestanden zwischen Fanny und Lucy und an denen ihre Gatten natürlich teilhatten, wie auch von den häufigen häuslichen Auseinandersetzungen zwischen Robert und Lucy selbst, konnte nichts die Harmonie übertreffen, in der sie alle miteinander lebten.
    Was Edward getan haben mochte, um das Recht des ältesten Sohnes zu verwirken, wäre wohl vielen Leuten ein Rätsel gewesen; und was Robert getan hatte, sein Nachfolger zu werden, mochte sie noch mehr verwundert haben. Es war jedoch eine Festsetzung, die, wenngleich nicht in ihrer Ursache, so doch in ihren Auswirkungen gerechtfertigt erschien; denn nichts zeigte sich in Roberts Lebensstil oder in seinen Gesprächen, das den Verdacht erwecken könnte, er würde die Höhe seines Einkommens bedauern – etwa weil seinem Bruder zuwenig bliebe oder ihm zuviel zugekommen war; und wenn man Edward nach der prompten Erfüllung seiner Pflichten in jedem Punkt, der wachsenden Liebe zu seiner Frau und seinem Heim und der stetigen Heiterkeit seines Gemüts beurteilte, konnte man annehmen, daß er nicht weniger mit seinem Los zufrieden und nicht weniger frei war von jedem Wunsch zu tauschen.
    Elinors Heirat trennte sie so wenig von ihrer Familie, wie sie es einrichten konnten, ohne das Landhaus in Barton völlig nutzlos zu machen, denn ihre Mutter und ihre Schwestern verbrachten weit mehr als ihre halbe Zeit bei ihr. Mrs.   Dashwood besuchte Delaford so häufig, zum einen weil es ihr Freude machte, zum anderen aus taktischen Gründen; denn ihr Wunsch, Marianne und Colonel Brandon zusammenzubringen, war kaum weniger dringend, wenngleich um einiges großzügiger als Johns. Es war nun ihr Lieblingsziel. So kostbar die Gesellschaft ihrer Tochter für sie war, so wünschte sie doch nichts so sehr, wie diese ständige Freude für ihren geschätzten Freund aufzugeben; und Marianne als Herrin in Delaford zu sehen wünschten ebenso auch Edward und Elinor. Sie alle nahmen teil an dem Kummer des Colonels und |412| fühlten, wie sehr sie ihm zu Dank verpflichtet waren; und alle stimmten darin überein, daß Marianne sein Lohn für alles sein sollte.
    Bei einer solchen Verschwörung gegen sie – bei einem so gründlichen Wissen um seine Güte – bei ihrer Überzeugung von seiner liebevollen Zuneigung zu ihr, die ihr schließlich, wenn auch lange nachdem alle anderen sie schon erkannt hatten, bewußt geworden war – was konnte sie da tun?
    Marianne Dashwood war ein außerordentliches
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