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Verschwoerung gegen Baron Wildenstein

Verschwoerung gegen Baron Wildenstein

Titel: Verschwoerung gegen Baron Wildenstein
Autoren: Alfred Bekker
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um ihre Lippen spielte. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, um über die vor ihm stehenden Pagen hinwegblicken zu können.
    Ein Raunen ging durch den Saal.
    Als einer der Letzten erschien Kaplan Servatius. Er war der Pfarrer der Burgkapelle und hielt jeden Sonntag den Gottesdienst.
    Nach ihm schlich sich nur noch der Abortreiniger durch einen Nebeneingang herein.
    Seine Aufgabe war es, die Toiletten zu säubern, die man Aborte nannte. Aber obwohl seine Arbeit für alle in der Burg wichtig war, nahm er zusammen mit den Laufburschen und Kerkermeistern den niedrigsten Rang ein und wurde am meisten verachtet.
    Für den Kaplan machten alle Anwesenden Platz. Er wurde von einem Dorfgeistlichen und Almosenpfleger begleitet, der für die Versorgung der Armen zuständig war. Die Männer stellten sich vor die Pagen, sodass Wolfram der Blick sowohl auf Baron Norbert als auch auf Maria verstellt wurde.
    So ein Mist!, dachte der Junge. Er drängelte sich etwas nach links durch die Menge und kam so in die Nähe der Ritter und Knappen.
    Auch von hier aus hatte er keine bessere Sicht. Aber das war nun nicht mehr zu ändern. Baron Norbert erhob sich nämlich von seinem Platz und machte eine gebieterische Geste.
    Es wurde totenstill im Saal.
    Man hätte in diesem Augenblick die Stecknadel einer der zahlreichen Näherinnen fallen hören können, die für die Instandhaltung der Kleider zuständig waren.
    Baron Norbert ließ den Blick umherschweifen. Schließlich begann er zu sprechen.
    “Ich habe alle hier zusammengerufen, weil ich euch über eine sehr wichtige Sache in Kenntnis setzen möchte!”, verkündete der Burgherr. “Wie vielleicht der eine oder andere schon gehört hat, arbeiten die Mönche des nahen Klosters St. Ingbert seit gut einem Jahr an einer Bibelabschrift, die Graf Gernot von der Tann in Auftrag gegeben hat. Nun sind die fleißigen Schreiber im Kloster früher mit ihrer Arbeit fertig geworden und daher hat Graf Gernot seinen Besuch angekündigt.” Baron Norbert atmete schwer. Die Anspannung war ihm anzusehen. Graf Gernot war nämlich sein Lehnsherr. Er hatte Burg Wildenstein und das umliegende Land Baron Norbert geliehen. Dafür hatte Norbert dem Grafen Treue schwören müssen. Im Fall eines Krieges hatte er ihm im Kampf zu folgen. Falls der Baron seine Pflichten dem Grafen gegenüber nicht erfüllte, konnte dieser einen anderen Ritter die Herrschaft über Burg Wildenstein geben.
    “Dass Graf Gernot jeden nur erdenklichen Beweis unserer Gastfreundschaft genießen soll, versteht sich von selbst!”, rief Baron Norbert. “Die besten Speisen und Getränke sollen unserem Lehnsherrn aufgetischt werden und die Gaukler und Musikanten sollen auf der Stelle damit beginnen, sich ein besonders einfallsreiches Programm auszudenken!”
    Gemurmel entstand unter den Anwesenden.
    Der Besuch des Lehnsherrn bedeutete für alle viel Arbeit und Ärger. Denn jeder wusste, dass Baron Norbert und seine Frau Margarete alle Vorbereitungen besonders kritisch beaufsichtigen würden.
    Norbert hob erneut die Hand.
    Das Gemurmel legte sich.
    “Es ist außerdem geplant, zum Anlass dieses hohen Besuchs ein festliches Turnier abzuhalten. Die Ritter mögen ihre Knappen dazu anhalten, die Rüstungen bis dahin auf Hochglanz zu bringen, und gut trainieren!” Norbert lächelte und fügte noch hinzu:
    “Schließlich würde es einen schlechten Eindruck machen, wenn sich unsere Mannen gegen die Kämpfer des Grafen blamierten!”
    Hier und da wurde unter den Rittern des Barons eine Faust geballt. Die Aussicht auf ein Turnier schien sie zu erfreuen. Das bedeutete nämlich seit langer Zeit einmal wieder eine Abwechslung von dem alles in allem nicht gerade aufregenden Alltag auf Burg Wildenstein.
    “Ein besonderes Wort gilt Wachtmeistern und Burgmannen”, ergriff Norbert wieder das Wort. “Während des Besuchs unseres Lehnsherrn ist besondere Wachsamkeit geboten! Ich brauche niemandem zu sagen, wie hoch der Wert dieser Bibel ist. Man kann sie in Gold nicht aufwiegen. Alle Schätze, die mein Kämmerer verwaltet, reichen nicht, um sie zu bezahlen! Es kann gut sein, dass Diebe die Gunst der Stunde zu nutzen versuchen, wenn das Buch aus den sicheren Klostermauern nach Burg Wildenstein gebracht und Graf Gernot übergeben wird! Jeder ist aufgerufen, die Augen offen zu halten!”
    Das Stimmengewirr übertönte für einen Moment die Worte des Barons.
    “Wenn wirklich Diebe dieses Buch in ihre Gewalt brächten, würde Baron Norbert sicher nicht mehr lange
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