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Verschwoerung gegen Baron Wildenstein

Verschwoerung gegen Baron Wildenstein

Titel: Verschwoerung gegen Baron Wildenstein
Autoren: Alfred Bekker
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Dienst taten. Nicht mehr lange und man würde ihn gewiss zum Ritter schlagen. Schon mehrfach hatte er seinen Herrn, den Ritter Dietrich von Marksgrund, in die Schlacht begleitet und an seiner Seite gekämpft. Die jüngeren Knappen und Pagen hatten mit glühenden Ohren seinen Erzählungen gelauscht. Wolfram hegte allerdings den Verdacht, dass nicht alles davon der reinen Wahrheit entsprach.
    Herward hatte helles Haar und ein vorspringendes Kinn.
    Er deutete zu den Anhöhen, die ganz in der Nähe lagen. Auf der höchsten von ihnen ragten die grauen Mauern von Burg Wildenstein empor, dem Herrensitz von Baron Norbert. “Euer Burgherr wünscht, dass sich alle im großen Saal einfinden!”
    “Und da schickt er extra dich, um einen Pagen und einen Knappen in die Burg zu beordern?”, fragte Wolfram.
    “Werd nicht frech, Kleiner”, sagte Herward im Scherz. Er lachte und schüttelte den Kopf. “Nein, ich bin nicht euretwegen hier, sondern weil ich eine Botschaft zum Kloster St. Ingbert zu bringen habe. Aber ihr beide macht euch besser auf den Weg zur Burg, wenn ihr nicht den Zorn Baron Norberts heraufbeschwören wollt!” Damit riss Herward sein Pferd herum und drückte ihm die Fersen in die Seiten. Sporen besaß Herward noch nicht. Die bekam er – zusammen mit einem eigenen Schwert – erst, wenn er sie sich verdient hatte und zum Ritter geschlagen wurde.
    Herward preschte mit seinem Pferd davon.
    “Angeber!”, knurrte Ansgar. “Tut so, als wäre es sein Pferd – dabei ist es nur das Lasttier seines Ritters!” Ansgar musterte Wolfram einige Augenblicke lang. Dann streckte er dem Kleineren die Hand entgegen. “Vergessen wir unseren Streit!”, meinte der Knappe.
    Wolfram ergriff die Hand. “Aber du zeigst mir bei Gelegenheit noch deine Täuschungslist beim Faustkampf!”
    “Ehrensache, Wolfram!”
    “Gut!”
    Sie blickten in Richtung der Burg.
    Etwa eine halbe Stunde brauchte man zu Fuß bis dorthin.
    “Besser, wir machen uns auf den Weg”, sagte Wolfram.
    *
    Baron Norbert von Wildenstein war ein großer, breitschultriger Mann. Er trug ein edles Wams, darüber ein Gewand, auf das seine Frau Margarete, die Burgherrin, das Familienwappen aufgestickt hatte: eine blaue Falkenklaue auf rotem Grund. Darunter eine keilförmige Linie, die für den Wildenstein stand – jene Anhöhe, auf der die Burg errichtet war.
    An der Seite trug Baron Norbert sein Schwert. Die Linke hatte er um den Griff gelegt. Etwas ungeduldig setzte er sich neben seine holde Frau Margarete. Er hatte das Burgpersonal zusammenrufen lassen, um ihnen eine wichtige Mitteilung zu machen, aber es dauerte eine Weile, bis alle Ritter und Knappen, alle Pagen und Pferdeknechte anwesend waren.
    Wolfram stellte sich zu den anderen Pagen, während Ansgar sich zu den Knappen und Rittern gesellte. Außerdem wurden auch alle Wachtmeister und Burgmannen zusammengerufen. Das waren einfache Krieger, die im Gegensatz zu den Rittern keine Adeligen waren. Ein Page wie Wolfram musste zwar seinen Burgherren und dessen Frau oder einen Ritter bedienen, aber er stand im gesellschaftlichen Rang über jedem Wachtmeister oder Burgmann. Selbst dem Schreiber, der für Baron Norbert tätig war und alles aufschrieb, was sein Herr ihm diktierte, war Wolfram bereits auf Grund seiner adeligen Herkunft übergeordnet.
    Der Saal füllte sich. Gaukler und Musikanten fanden sich ein, außerdem das Küchenpersonal, das aus über zwanzig Personen bestand. Es wurde vom Küchenmeister angeführt. Der Kellermeister verwaltete die gut gefüllten Vorratskammern der Burg.
    Außerdem gab es noch mehrere Köche, Saaldiener und Küchenmägde, sowie weitere Hilfskräfte. Darunter viele elternlose Kinder, die Baron Norbert bei sich aufgenommen hatte. Als Ritter hatte er die Verpflichtung, Witwen und Waisen zu schützen.
    Unter diesen Küchenkindern war ein Mädchen mit dunkelbraunen Haaren. Es hieß Maria und trug ein fleckiges Kleid aus Leinen, das vor ihm schon ein anderes Küchenmädchen getragen hatte, das im letzten Winter an einer Lungenentzündung gestorben war.
    Maria wandte den Kopf und sah plötzlich in Wolframs Richtung. Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht.
    Wolfram erwiderte dieses Lächeln.
    Er war Maria immer wieder mal begegnet, seit das Mädchen in der Küche des Barons lebte, und hatte sich mit ihr unterhalten. Daher wusste er, dass ihre Eltern an den Pocken gestorben waren. Wolfram mochte sie. Ihre langen dunkelbraunen Haare gefielen ihm ebenso wie das freundliche Lächeln, das
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