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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt
Autoren: Petra Richartz
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„Ich glaube, es ist noch nicht lange her. Kurz bevor du gekommen bist.“ Matt versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Er verstand es nicht. „Von wem? Euer Entführer konnte euch nichts mehr tun.“ Jessica hielt sich an Matt fest. Ihr Kopf lag auf seiner Schulter, sie schluchzte leise. „Er war es auch nicht. Es war jemand anderes. Er war dünner und hatte auch eine andere Stimme.“

    Es war mittlerweile tief in der Nacht, als Matt die Kleine aus dem Verlies brachte, kehrte Sara gerade mit ihrem Team zurück zu Harolds Haus. Mehrere Rettungswagen standen auf dem Gelände, weitere Scheinwerfer waren aufgestellt, die die Nacht hell erleuchteten. Sara stieg eilig aus dem Wagen. Ein Sanitäter nahm Matt Jessica ab. Sara rannte Matt entgegen. „Wo ist Noah?“ Er sah schrecklich aus, sie sah seine Verzweiflung. „Er ist weg. Jemand hat ihn aus dem Verschlag geholt.“ Sara sah ihn ungläubig an. Matt legte seine Hände vor sein Gesicht. „Scott und Jessica sind da, Noah ist verschwunden.“ Sara verstand nur langsam das Geschehene. „WAS? Wie kann das sein? Harold ist tot.“ Matt sah Sara an. „Es war nicht Harold, es war jemand anderes. Die Kinder wissen nicht, wer.“ Sara stand unter Schock, sie war kreidebleich. Matt nahm sie in den Arm.

    Shawn unterbrach die Stille. „Kommt ihr mal bitte. Ich muss euch was zeigen.“ Matt und Sara folgten Shawn, ohne ein Wort zu sagen, sie waren wie in Trance. Cruz ging unterdessen ins Haus. Sara war kalt, sie machte ihre Jacke zu. Shawn führte sie zu dem Kellerverlies, sie gingen die Stufen hinunter. Matt wollte links den Weg einschlagen, da hielt ihn Shawn fest. „Nein, Matt. Ich wollte euch was anderes zeigen. Hier lang.“ Shawn zeigte auf den rechten Gang. Am Ende war eine Tür offen, auch hier drang Licht heraus. Sara zögerte, folgte dann den beiden aber wortlos, alles wirkte so unwirklich auf sie. Sie standen schließlich vor dem Raum, Matt und Sara warfen sich einen kurzen Blick zu. Matt atmete tief ein und ging vor. Ein Rascheln, dann Stille, bis sie einen Seufzer hörte. „Oh mein Gott“, sagte er leise. „Sara, schau dir das bitte an.“ Sara betrat langsam den Raum und was sie zu sehen bekam, bescherte ihr eine Gänsehaut.

    Es dauerte eine Sekunde, bis sie merkte, dass ihr Herz vor Aufregung raste. Überall waren Zeitungsartikel. Über Joshuas Fall. Über ihren Dad. Es gab Fotos. Von Dads Beerdigung. Von ihrer Vereidigung bei der Polizei. Fotos von den einzelnen Tatorten. Sämtliche Ereignisse waren festgehalten. Auch Zufallsaufnahmen hingen an der Wand. Von ihrer Mum. Von Matt. Von Noah. Dann zuckte Sara zusammen. Sie fixierte mehrere Bilder, wo sie drauf zu sehen war. Als sie vor dem Haus der Gores stand, vor dem Polizeirevier oder als sie im Auto saß und auf James Spencer wartete. „Was für ein krankes Schwein.“ Sara fröstelte es. „Ich muss hier raus.“

    Sara lief zur Treppe, aber als sie an der Treppe nach oben angelangt war, blieb sie stehen. Matts und Shawns Stimmen waren im Hintergrund noch zu hören. Sie blickte den anderen Gang entlang und überlegte kurz. Statt nach oben zu gehen, ging sie schließlich langsam den anderen Weg entlang. Sie wollte wissen, wo die Kinder festgehalten wurden. Wo Noah festgehalten wurde. Die Neonröhre flackerte über ihrem Kopf und ließ ihren Schatten erzittern. Ihr war unwohl. Sie kam an der Tür an und warf vorsichtig einen Blick in den Verschlag. Die Leute von der Kriminaltechnik hatten Bogenlampen aufgestellt und der ganze Raum wirkte wie der Schauplatz einer Filmkulisse. Einer schrecklichen Filmkulisse, es war ein schlimmer Anblick. Die Zellen waren höchstens 2 x 2 Meter groß, es war dreckig und kalt. Auf dem Boden lagen Wasserflaschen und Brotpapier. Die Luft stand förmlich. Sara fror. Es war grell, an der Decke hing eine nackte Birne, deren schwaches Licht von den Spots der Spurensicherung überstrahlt wurde. Sara blinzelte vom unwirklich hellen Glanz der Schweinwerfer. Die Beamten waren noch im vollen Gange, sie trugen ihre weißen Overalls, dazu weiße Handschuhe und Überschuhe. Sie bewegten sich im bedrückten, nahezu ehrfürchtigem Schweigen durch den Raum. Immer wieder bückten sie sich und füllten Inhalte in ihre Tüten, die sie wiederum in Koffern verstauten. Sara lief es kalt den Rücken runter, ihr Herz schlug schneller. „Was machst du denn?“, Sara zuckte zusammen und drehte ihren Kopf. Matt stand hinter ihr, er war so lautlos an sie herangetreten, dass sie es gar nicht
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