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Verraten

Verraten

Titel: Verraten
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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runzelte die Stirn. Hielt sich der Kerl für Billy the Kid ? Er klappte die Trommel heraus. Drei Patronen. Er klopfte sie aus der Walze und warf die Waffe ein paar Meter weit ins Gebüsch. In einer der Innentaschen entdeckte er ein Handy, das dem Revolver hinterherflog. Er fasste in die andere Innentasche. Ein Portemonnaie. Ein schwarzes Markenexemplar aus Nylon mit Klettverschluss. Er inspizierte flüchtig den Inhalt. Nichts Besonderes. Er ließ es achtlos liegen.
    Ohne sich noch einmal umzuschauen, entfernte er sich in westlicher Richtung. Ungefähr vierhundert Meter vor ihm ragte eine klotzige, aus Spundwandprofilen errichtete Lagerhalle auf. Das Gebäude, das er in den vergangenen Wochen observiert hatte und von dem er sämtliche Risse, Spalten und Fugen kannte.
    So verlassen das Gebäude bei Tage war, so betriebsam ging es dort in manchen Nächten zu.
    Er wusste auch, dass nachts Wachtposten aufgestellt wurden: einer am Eingang des Firmengeländes und einer vor dem Gebäude, neben der Eingangstür. Sie hatten keinen besonders professionellen Eindruck auf ihn gemacht, telefonierten häufig mit ihren Handys und sahen sich zu wenig um. Die Wachtposten wurden nicht in jeder Nacht aufgestellt, aber wenn sie da waren, tauchte jedes Mal kurz darauf entweder eine schwarze Mercedes-Stretchlimousine oder ein weißer Lieferwagen auf, verschwand hinter einem der Rolltore und fuhr etwa zwei Stunden später wieder in die Nacht hinaus. Von seinem Versteck aus hatte er das alles genauestens beobachtet und registriert.
    Gründliche Vorbereitung war das A und O.
    Er befand sich jetzt direkt vor dem Gebäude. Hielt den Blick starr auf die große, rechteckige Halle gerichtet. Auf der Vorderseite dienten zwei hohe Rolltore zum Be- und Entladen und seitlich gab es eine Zugangstür für das Personal. Eine schmale Holztreppe führte zu ihr hinauf. Das Gebäude hatte keine Fenster. Lediglich ein nachlässig abgestellter, violetter Mercedes 500 SL verriet, dass die Halle nicht so verlassen war, wie es zunächst den Anschein hatte.
    Ein rascher Blick auf die Uhr. Eine Minute vor Mitternacht. Der weiße Lieferwagen war vor ungefähr zwanzig Minuten losgefahren. Wenn sie nicht von ihren Gewohnheiten abgewichen waren, konnten sich jetzt nur noch zwei, höchstens drei Männer im Gebäude befinden. Dazu der eine am Eingang.
    In einem großen Bogen rannte er um die Lagerhalle herum. Kletterte über den Maschendrahtzaun. Suchte ohne innezuhalten Deckung im Schatten der rückwärtigen Fassade. Dort blieb er stehen, eine Schulter an das nasse Profilmetall gedrückt. Suchte in der Seitentasche nach dem Schalldämpfer und schraubte ihn ohne hinzusehen auf den Lauf.
    Er wollte möglichst nicht schießen, bevor er im Inneren der Halle war. Zwar reduzierte ein Schalldämpfer in Kombination mit der richtigen Munition die Lautstärke eines Schusses um die Hälfte. Aber selbst dann noch war der Knall wahnsinnig laut. Dass es immer noch regnete, kam ihm allerdings sehr entgegen.
    Er schlich weiter bis zur Ecke des Gebäudes. Hielt Ausschau. In fünfunddreißig, vierzig Metern Entfernung saß ein Mann auf der Treppe vor dem Personaleingang. Der Wachtposten wirkte ebenso unaufmerksam wie sein Kollege. Über seiner dunklen Silhouette kringelte sich Zigarettenrauch in die Luft. Er konzentrierte sich bis zum Äußersten in dem Versuch, Einzelheiten zu erkennen. Der Wachmann trug eine Kapuze und hielt den Blick zur Straße gerichtet.
    Er machte sich ein genaues Bild der Lage. Links die Seitenwand des Gebäudes. Rechts eine Hecke und hohe Sträucher. Dazwischen abgesacktes Pflaster, rote Klinker, die im Dämmerlicht vor Regen glänzten. Keinerlei Hindernis zwischen ihm und dem Posten, vierzig Meter ohne Deckung. Ein gefährlicher Weg.
    Leider konnte er nicht deutlich erkennen, ob der Mann mit gezogener Waffe dasaß. Doch eines war sicher: Wenn der Wachtposten auch nur das Geringste hörte oder sich zufällig umblickte, wäre der Teufel los.
    Er musste ein erhebliches Risiko eingehen. Holte tief Luft. Volle Konzentration. Er ging auf den Mann zu, die HK mit gestreckten Armen im Anschlag, die Mündung auf den Bewacher gerichtet.
    Noch fünfzehn Meter, zwölf, zehn, acht.
    Eine Kopfbewegung und er würde schießen. Der Wachtposten schaute sich nicht um, hörte nichts. Er dankte im Stillen Petrus. Er war nur noch fünf Meter entfernt und noch immer hatte sich die Wache nicht gerührt.
    Vier, drei, zwei.
    In einem geschmeidigen Sprung hechtete er auf den Mann zu, nahm
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