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Verplappert

Verplappert

Titel: Verplappert
Autoren: Alison Grey
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war das? Piep. Piep. Piep. Die Weckfunktion meines Handys? Aber es war doch noch dunkel draußen. Wie spät war es denn? Ich lugte auf das beleuchtete Display meines Handys. »Vier?« Ich stöhnte. Wie hatte ich bloß vergessen können, das Ding auszuschalten, als es gestern losging?
    Ich rollte mich zur Seite. Einfach weiterschlafen. Aber … ach Mist, meine Blase war voll. Mit halb offenen Augen raffte ich mich auf. Ich war noch keine zwei Schritte weit gekommen, als ich gegen etwas prallte. Schmerz explodierte in meinem rechten Zeh. »Au, verdammte Scheiße!« Ich hasste diesen Couchtisch. Jetzt hellwach, humpelte ich ins Bad.
    Als ich wieder zurück ins Zimmer kam, merkte ich, wie stickig es hier war. Gähnend schlenderte ich zur Balkontür und riss sie auf. Es war wunderbar. Ich atmete tief ein. Die frühmorgendliche Septemberluft war zwar etwas kühl, auch, weil ich lediglich Calvin Klein-Shorts und ein Bustier trug, aber das war mir egal. Mir war ohnehin zu warm.
    Ich tastete mich in der dunklen, noch unvertrauten Wohnung zurück ins Bett. Irgendwie hatte ich das Gefühl, etwas vergessen zu haben. Aber mir fiel beim besten Willen nicht ein, was.
    Wieder eingekuschelt in meine Bettdecke war ich schon fast wieder eingeschlafen, als ich plötzlich die Augen aufriss.
    Frodo!
    Ich sprang auf, hechtete zur Balkontür und schlug sie zu. Dann stolperte ich zum Lichtschalter. Geblendet von der Helligkeit durchsuchte ich mit zusammengekniffenen Augen den Raum. Oh Gott, Frodo war weg. Das konnte doch nicht sein. »Frodo.«
    Nichts.
    »Froodoo!«
    Immer noch nichts. Jörg würde mich umbringen.
    Ich stieg auf die Leiter und schaute auf dem Schrank nach.
    Auch hier nichts.
    In meiner Eile, wieder von der Leiter zu steigen, fiel ich fast auf die Nase. Ich hastete zur Balkontür, öffnete sie und streckte den Kopf heraus.
    Da war er. »Frodo«, flüsterte ich.
    Das dumme Vieh saß auf der Brüstung des Nachbarbalkons und gaffte mich an mit einem Ausdruck in seinem gelbgrünen Gesicht, als wolle er fragen: »Ist was?«
    Verkrampft lächelnd gestikulierte ich zur Balkontür. »In der Wohnung ist es schön warm. Na, komm.«
    Doch Frodo neigte nur den Kopf zur Seite und bewegte sich ansonsten kein bisschen. Stattdessen begann er wieder mit diesem Gackern. Er schien das Ganze wohl sehr witzig zu finden.
    Ich knabberte auf meiner Unterlippe. Keine Zeit für gekränkten Stolz. »Komm her. Du kriegst auch ganz viel Futter. Und du darfst meine Couch zerkratzen, wenn du willst, aber bitte komm wieder rein.«
    Frodo plusterte sich auf. »Lesbe.«
    Oh, nein. Nicht jetzt. Halt die Klappe. Sonst hört dich noch jemand.
    In der Nachbarwohnung war es dunkel. Aber die Balkontür war einen Spalt weit offen.
    Hoffentlich lebte da kein Hund oder so. Denn falls der herauskäme, würde Frodo entweder zu einem Snack oder das Federvieh würde endgültig wegfliegen. Ich musste schlucken. Ich saß echt tief in der Scheiße. Meine Füße wurden langsam kalt. Ich musste was tun. Und zwar schnell. Ob ich beim Nachbarn klingeln sollte? Und dann? Sollte ich sagen: »Hallo, ich bin Daniela, Ihre neue Nachbarin. Entschuldigung, dass ich Sie mitten in der Nacht störe, aber ich müsste mal kurz durch Ihre Wohnung und auf Ihren Balkon, weil da der verhaltensgestörte Papagei meines kleinen Bruders sitzt«? Oh ja, das würde sicher toll ankommen.
    Aber was konnte ich sonst machen? Ich trat langsam an die seitliche Brüstung meines Balkons. Die Balkone trennte ein Spalt von vielleicht dreißig Zentimetern. Ich spähte über meine Brüstung und inspizierte den Spalt zwischen den Balkonen. Es war zwar lediglich der zweite Stock, aber es sah trotzdem ziemlich hoch aus.
    Egal. Als Kind war ich doch auch auf Bäume geklettert. Ich holte noch mal tief Luft und stieg dann über die eiskalte Brüstung auf den Nachbarbalkon. Mit einem dumpfen Plong landete ich auf dem kalten Beton. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich Frodo.
    Der trippelte auf dem Geländer etwas weiter von mir weg.
    Mein Atem stockte und ich bewegte mich keinen Millimeter von der Stelle. »Nicht wegfliegen, du kriegst auch ganz viel Futter und darfst auch ein Buch vollscheißen, wie das Geschichtsbuch von Jörg letzten Sommer. Ich hab irgendwo noch die Buddenbrooks, die ich für meinen Deutsch-LK lesen musste.« Ich schlich ganz langsam auf ihn zu. »Ein schönes großes Buch. Alles für dich.«
    Frodo neigte den Kopf und sagte: »Lesbe.«
    »Halt die Klappe«, flüsterte ich. Schluckend sah ich zur
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