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Verplappert

Verplappert

Titel: Verplappert
Autoren: Alison Grey
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Balkontür meines Nachbarn oder meiner Nachbarin, dann wieder zu Frodo. Und was, wenn hier ein Kampfhund zu Hause war? Frodo konnte wegfliegen, aber ich würde zerfleischt werden. Und das alles wegen Jörg. Wieder schaute ich zur Balkontür.
    Alles war ruhig.
    Mittlerweile war mir echt kalt. Keine Zeit, um nachzudenken. Zentimeter um Zentimeter schob ich mich näher an Frodo heran, der jeden meiner Schritte genau beobachtete. Als ich nah genug war, streckte ich ganz langsam die Hand in seine Richtung aus.
    »Lesbe.«
    »Ja, ist ja gut. Und jetzt sei brav. Komm schon.« Mit einer blitzschnellen Bewegung packte ich das Vieh und drückte ihn mit beiden Händen fest an meinen Körper.
    Frodo schrie, als würde ich ihn abschlachten, und zerkratzte mit den Krallen meine Hände und Arme, meine bustierbedeckten Brüste und meinen Bauch. Dann begann er auch noch, mit dem Schnabel auf mich einzupicken. Au. Das tat echt weh. Insbesondere die Kratzer brannten wie Feuer.
    »Au, du verfluchtes ...« Ich kämpfte gegen den Impuls, ihn loszulassen, doch er versuchte, mit den Flügeln zu flattern, und bekämpfte mich, als sei ich sein schlimmster Feind.
    »Lesbe, Lesbe, Lesbe, arrrgggghhhh!«
    »Schhh, ruhig. Beruhig dich.«
    »Argghhh, Lesbe!«
    Ich stand vor der Balkonbrüstung. Wie sollte ich da denn jetzt rüberkommen? Ohne Hände war das doch unmöglich.
    Das Licht in der Nachbarwohnung ging an und die Balkontür wurde aufgerissen.
    Ich wirbelte herum.
    Eine Frau in einem grünen Satinpyjama starrte mich an.
    Ach du Scheiße.
    »Lesbe, Lesbeeeee!«
    Ich versuchte, Frodo den Schnabel zuzuhalten.
    Das Mistvieh biss mir in den Finger.
    »Au!« Ich wich seinem flinken Schnabel aus, als er nachlegen wollte, und bekam ihn schließlich doch noch zu fassen.
    Meine Nachbarin stoppte etwa zwei Meter von mir entfernt, die hellblonden Haare zerzaust. Sie gaffte mich und Frodo mit gerunzelter Stirn an.
    Schätze, ich hätte auch so geguckt, wenn mitten in der Nacht eine halb nackte Frau auf meinem Balkon versucht hätte, einen Papagei zum Schweigen zu bringen.
    »Äh, hallo, guten Morgen.« Ich rang mir ein vermutlich schief aussehendes Lächeln ab.
    Die Frau, die vielleicht zwei oder drei Jahre älter war als ich, starrte immer noch, sagte aber nichts.
    »Ähm, ich … ich bin Ihre neue Nachbarin. Und das hier«, ich bewegte meine Arme samt Papagei, »das ist Frodo.«
    Die Frau schien wie versteinert.
    Wärme durchdrang mein Bustier. Ich glotzte den mittlerweile etwas weniger kämpfenden Frodo an und knurrte.
    Er hatte sein zähflüssiges Geschäft auf meinem Bustier erledigt. Jetzt war es offiziell: Ich hasste diesen Vogel.
    »Was machen Sie auf meinem Balkon?«, fragte die Frau.
    Was für eine süße Stimme. »Der Papagei, äh, der Papagei meines Bruders ist mir weggelaufen, ich meine weggeflogen.«
    Die Frau verschränkte die Arme vor der Brust und hob eine Augenbraue.
    »Er flog auf Ihren Balkon und ich … ich wollte nicht stören.«
    Frodo versuchte, den Kopf und somit Schnabel durch einen Schwenker freizukriegen. »Lesbe.«
    »Halt den Schnabel«, sagte ich und sah dann wieder zu meiner Nachbarin. »Es tut mir echt leid, dass ich Sie gestört habe.«
    Die Frau trat einen Schritt auf mich zu. Ihre zusammengekniffenen Augen weiteten sich. »Sie sind verletzt.«
    »Hä?« Ich schaute an mir herab und konnte nur knapp einer ausholenden Kralle von Frodo ausweichen.
    »Ihr Bauch und Ihre Arme, alles zerkratzt.«
    »Oh.« Jetzt, wo sie mich daran erinnerte, tat es noch mehr weh.
    »Kommen Sie mit.« Sie gestikulierte, dass ich näher kommen sollte. »Ich bin Krankenschwester. Die Wunden sollten gereinigt werden.«
    Wie jetzt? Wurde ich gerade mitten in der Nacht von einer Fremden, auf deren Balkon ich gestiegen war, in die Wohnung gebeten? »Äh, danke, aber ich gehe besser nach Hause und sperre Frodo weg, bevor ...«
    »Und wie wollen Sie über die Brüstung kommen?«
    Okay, das wusste ich immer noch nicht. »Tja ...«
    »Lesbe.«
    Die Frau blinzelte mehrfach, schaute dann zu Boden. Errötete sie gerade? Das wäre doch eher bei mir zu erwarten gewesen. Schließlich hatte mich hier gerade ein Papagei geoutet. Wer konnte das schon von sich behaupten? Oder … war sie etwa so verklemmt oder sogar homophob, dass ihr das peinlich war? Oje, ich musste hier weg. »Ich … Kann ich kurz bei Ihnen durchgehen? Dann gehe ich wieder in meine Wohnung.«
    Die Frau runzelte die Stirn. »Und wie wollen Sie das machen?« Sie musterte mich von Kopf bis
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