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Verplappert

Verplappert

Titel: Verplappert
Autoren: Alison Grey
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nicht erzählen, dass ein Papagei das Wort Lesbe kennt oder versteht, was zwei Frauen, die aufeinander stehen, alleine miteinander machen.«
    »Ach, was machen Frauen, die aufeinander stehen, denn so miteinander?« Jörg wackelte mit den Augenbrauen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich fasse es manchmal nicht, dass wir verwandt sind. Wie kannst du deinem Haustier nur beibringen, ›Lesbe‹ zu sagen? Warum nicht ›Weltfrieden‹ oder seinen Namen oder was weiß ich? Warum sagt er nicht mal was anderes?«
    Jörg schob den Schreibtisch etwas zur Seite und zeigte auf das Kabel auf dem Küchentisch. Offenbar sollte ich Assistentin spielen. »Er mag das Wort halt. Was soll ich denn machen, wenn er nichts anderes sagt? Ich hab ja versucht, ihm noch ›sexy‹ beizubringen, aber er sagt es nicht. Egal, was ich versuche.«
    Ich drückte ihm das Kabel in die Hand.
    Jörg nahm es, wuselte kurz hinter dem Schreibtisch herum und richtete sich dann mit zufrieden wirkendem Gesichtsausdruck wieder auf.
    »Läuft jetzt alles?«
    Er wischte sich die Hände an seiner Hose ab, als hätte er stundenlang im Dreck gewühlt. »Yap. Jetzt sollte alles laufen.« Er drückte den Startknopf des Computers und den An-Schalter am Monitor. Ein Piepen erklang und wenige Sekunden später lächelte mich der Windows-Startbildschirm an.
    Ich strahlte von einem Ohr zum anderen. »Danke.« Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie Frodo mit einer Kralle am Käfiggitter kratzte, als plane er den Ausbruch aus Alcatraz. »Drei Wochen. Keinen Tag länger behalte ich das Vieh. Und dann will ich diesen bekloppten Papagei nie wieder sehen.«
    Jörg trat einen großen Schritt auf mich zu und flüsterte: »Sag doch nicht so was, wenn Frodo dabei ist.«
    Ich betrachtete das Tier, sah anschließend Jörg kopfschüttelnd an. »Tu doch nicht so, als ob er was verstehen würde.«
    »Lesbe.« Frodo flatterte mit seinen grünen Flügeln wild herum, als wollte er jeden Moment abheben. Zum Flattern war genug Platz im Käfig, aber zum Fliegen natürlich nicht.
    »Hört der auch mal auf?«, fragte ich.
    Jörg zuckte mit den Schultern. »Lass ihn aus dem Käfig raus. Dann ist er ruhig. Er möchte nicht die ganze Zeit eingesperrt sein. Das ist alles.«
    »Äh, in der Wohnung rumfliegen?« Der Wohn/Schlafraum hatte gerade mal achtzehn Quadratmeter. »Die Wohnung ist doch viel zu klein.«
    »Nein, nein. In meinem Zimmer macht er das auch manchmal.«
    »Meinetwegen, lass ihn raus, aber wehe er scheißt mir auf …« Mir fiel ein, dass die Balkontür noch auf war. Ich eilte hinüber und schloss sie.
    »Keine Sorge, ich hab ihn trainiert. Er geht dafür immer in seinen Käfig. Außer er hat Angst, dann kann ihm schon mal ein Missgeschick passieren.« Jörg öffnete den Käfig und Frodo stolzierte aus seinem Gefängnis. »Das letzte Mal war, als Mama versucht hat, ihm den Refrain von diesem Musical beizubringen.« Er schüttelte den Kopf. »Da hatte sogar ich Angst. Sie hat ja echt keinen Ton getroffen.«
    Ich lachte. »Du singst auch nicht besser.«
    Jörg machte einen Schmollmund, sagte aber nichts. Stattdessen holte er sich aus dem Kühlschrank eine Dose Cola. Er öffnete sie und nahm einen großen Schluck. Nachdem Jörg laut gerülpst hatte, sagte er: »Hast du dir alles aufgeschrieben, was ich dir wegen Frodo erklärt habe?«
    Als ob es so schwer wäre, auf einen Vogel aufzupassen. Da brauchte man doch keine Gebrauchsanweisung. Aber Jörg schien mich echt für blöd zu halten. Na, dann würde ich ihn auch nicht enttäuschen. »Erklärt?«
    Er rollte mit den Augen. »Ich hab dir doch letzte Woche gesagt, worauf du bei Frodo achten musst.«
    »Nach Mitternacht nicht mehr füttern?«
    »Frodo ist doch kein Gremlin.«
    Ich kicherte. »Okay, das war’s dann anscheinend nicht.«
    Er fischte einen Kuli samt Notizblock aus meiner halb eingeräumten Schreibtischschublade und drückte mir die Sachen in die Hand.
    Nachdem ich mit den Augen gerollt hatte, schaute ich ihn erwartungsvoll an.
    »Also: Das Futter hab ich unter die Spüle gepackt. Mach seinen Futternapf täglich sauber und voll. Den Wasserspender auch. Füll ihn täglich mit frischem Wasser.«
    »Wie?« Ich lugte von meinem Block auf. »Kein Spülwasser?« Ich spitzte die Lippen. Beinahe hätte ich laut losgelacht.
    Auf Jörgs Stirn bildeten sich Sorgenfalten. Vermutlich dachte er gerade darüber nach, ob Tante Else Frodo nicht nehmen konnte. Es war, als könnte ich seine Gedanken hören: Sie braucht zwar einen Pflegedienst zum
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