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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod
Autoren: Aufbau
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neuen Glauben ab und stellte die heidnischen Tempel wieder her. Sein Vetter Sebbi blieb dem neuen Glauben treu. Beide haben Anhänger, die das Land verwüsten, die heiligen Stätten der jeweils anderen Religion zerstören und die Gottesdiener, die ihnen in die Hände fallen, umbringen, ob es nun die Christi oder die Wotans und der alten Götter sind.«
    Eadulf war entsetzt. In Canterbury hatte er zwar von Unstimmigkeiten unter den Ost-Sachsen gehört, aber vonGewalttaten oder Krieg war nicht die Rede gewesen. Er erschauerte leicht bei dem Gedanken, daß er beinahe beschlossen hätte, von Kent durch das Königreich der Ost-Sachsen in sein Land des Südvolks zu reisen. Wie der Gastwirt annahm, wäre das die normale Reiseroute gewesen. Es war ein Zufall, daß er auf dem Wege von Canterbury nach Norden in dem kleinen Hafen Hwita’s Staple einen alten Bekannten getroffen hatte. Stuf war ein Schiffskapitän, der die Küsten der angelsächsischen Königreiche befuhr, und er überredete Eadulf, mit ihm den direkten Weg ins Land des Südvolks zu nehmen. Das hatte die Reise um mehrere Tage verkürzt. Stufs Schiff hatte Eadulf in der Stadt St. Felix’s Stowe abgesetzt, wo der heilige Missionar vor etwa zwanzig Jahren eine Abtei gegründet hatte. Dank dieser zufälligen Begegnung mit Stuf hatte Eadulf das unruhige Königreich der Ost-Sachsen umgangen.
    »Dann hatten wir also Glück, Gastwirt, daß wir über See aus dem Königreich Kent hergereist sind«, überlegte er laut.
    »Ach, dann seid ihr also nicht durch das Land Sigeheres und Sebbis gekommen?« Cynrics verblüfftes Gesicht erhellte sich etwas. »Diese Wahl der Route war ein Segen für euch. Aber selbst hier im Lande des Südvolks gibt es Reibereien zwischen den Christen und den Heiden. Der Konflikt hat die Grenze übersprungen, und Sigehere schürt die Spannungen in der Hoffnung, bei uns Verbündete zu finden. Im Moorland treiben sich Geächtete herum, und außerdem haben wir natürlich mit Kriegsdrohungen unseres westlichen Nachbarn Mercia zu tun. Von dort gibt es ständig Überfälle.«
    »Wann war Mercia mal keine Bedrohung für das Königreichder Ost-Angeln?« fragte Eadulf mit grimmigem Spott. Sein ganzes Leben lang konnte er sich an den ständigen Krieg zwischen East Anglia und Mercia erinnern.
    »Erst kürzlich hat unser König Ealdwulf die Forderung des Königs von Mercia, East Anglia solle ihm Tribut zahlen, zurückgewiesen. Da Ealdwulfs Mutter Hereswith aus dem Königshaus von Northumbria stammt, rechnen wir auf ein Bündnis, das der Drohung aus Mercia entgegenwirkt. Wir haben gute Aussichten, wenn es König Ealdwulf gelingt zu verhindern, daß der innere Zwist zwischen Heiden und Christen hierher übergreift. Das ist es, wovor ich dich warne, Eadulf von Seaxmund’s Ham: Geh nicht davon aus, daß jeder dich und deine Gefährtin in Freundschaft begrüßt und eure Kleidung respektiert. Es gibt viel Bitterkeit in unserem Land. Ein paar Thane haben sogar gedroht, sich Sigehere von den Ost-Sachsen anzuschließen, wenn König Ealdwulf sich nicht vom Christentum lossagt. Es gärt im Lande, Bruder. Du hast dir eine gefährliche Zeit für deine Heimkehr ausgesucht.«
    Bruder Eadulf seufzte tief. »Das sieht so aus.«
    Cynric legte noch ein Scheit aufs Feuer. In dem Augenblick öffnete sich eine Tür an der entgegengesetzten Seite des Raumes, und eine hochgewachsene, rothaarige Nonne trat ein. Sie schenkte Eadulf ein rasches Lächeln.
    »Meine Kleider sind jetzt trocken, und mir ist nicht mehr so kalt wie bei unserer Ankunft.« Sie sprach Irisch, wie es zwischen ihnen üblich war. »Ich hätte gern etwas Glühwein, um mich von innen zu erwärmen.«
    Eadulf erwiderte erfreut ihr Lächeln und deutete auf einen Stuhl neben sich am Feuer.
    »Ich glaube nicht, daß ein angelsächsisches GasthausTraubenwein zu bieten hat, aber es gibt guten Apfelwein oder Met, wenn dir der lieber ist.«
    »Eher Apfelwein als Met, wenn es keinen Wein gibt«, antwortete sie.
    Der Gastwirt hatte dem Gespräch geduldig, aber verständnislos zugehört.
    »Ich glaube kaum, daß du Wein hast, Gastwirt?« fragte Eadulf.
    »Du würdest dich irren, wenn du das glaubst, Bruder. Wo sollte ich denn Wein herhaben, und wenn ich welchen hätte, wer sollte ihn mir abkaufen? Die Weinladungen, die in Felix’s Stowe anlangen, gehen meistenteils an die Abtei oder an die anderen Klöster entlang der Küste. In Aldreds Abtei findest du Wein, aber hier nicht.«
    »Dann bring meiner Gefährtin deinen besten
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