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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod
Autoren: Aufbau
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Apfelwein.«
    Der Gastwirt schaute die Nonne an und fragte Eadulf: »Deine Gefährtin spricht also kein Angelsächsisch?« Er war überrascht, als sich die Nonne umdrehte und ihn etwas stockend ansprach.
    »Genug, um dem Gespräch ungefähr zu folgen, Gastwirt. Aber meine Kenntnis reicht nicht aus, um alle Nuancen deiner Sprache zu verstehen.«
    Der Wirt wiegte nachdenklich den Kopf. »Ich habe gehört, die Iren kennen sich in allen Sprachen der Welt aus.«
    »Das ist sehr schmeichelhaft für mein Volk. Unsere Missionare bemühen sich, mehrere Sprachen zu beherrschen, damit sie ihre Aufgabe erfüllen können: Latein, Griechisch, ein wenig Hebräisch und die Sprachen unserer Nachbarn. Aber unsere Fähigkeit, Sprachen zu sprechen, ist weder größer noch geringer als die anderer unter den gleichen Bedingungen und bei gleichen Gelegenheiten.«
    Eadulf nickte anerkennend und ging über ein oder zwei leichte Verstöße gegen die Grammatik hinweg.
    Der Gastwirt füllte einen weiteren Becher und reichte ihn Fidelma. Während sie genußvoll daran nippte, bestellte Eadulf eine Fleischpastete zum Abendbrot, die ihm Cynric als Spezialität des Hauses empfohlen hatte.
    »Der Wirt meint, heute abend erreichen wir Aldreds Abtei nicht mehr«, begann Eadulf, als Cynric gegangen war, um das Essen zuzubereiten.
    »Das glaube ich auch«, erwiderte Fidelma ernst nach einem Blick auf das kleine, vom Schnee zugewehte Fenster. »Ich habe noch nie so gefroren und noch keinen Schnee gesehen, der so wie kleine Eisstücke wirkte.«
    »Aber Bruder Botulf hat sich klar ausgedrückt. Ich soll heute vor Mitternacht in der Abtei sein. Das hat er in der Botschaft, die er mir nach Canterbury schickte, deutlich unterstrichen.«
    »Er muß das Wetter berücksichtigen«, erklärte Fidelma achselzuckend. »Dieser Sturm nimmt dir die Sache völlig aus der Hand.«
    »Trotzdem, warum hat er Datum und Uhrzeit so betont?«
    »Du sagst, dieser … Botulf? Ich kann eure angelsächsischen Namen immer noch schwer aussprechen. Du sagst, dieser Botulf ist dein guter Freund?«
    Eadulf nickte rasch. »Wir sind zusammen aufgewachsen. Er muß wirklich in Not sein, sonst hätte er mir nicht solch eine Botschaft geschickt.«
    »Aber darin hat er nichts erklärt. Er muß sehr auf deine Freundschaft bauen, wenn er erwartet, daß du Canterbury sofort verläßt und hierher stürmst.«
    »Er konnte sich denken, daß ich, wenn ich schon in Canterbury bin, danach in meine Heimat nach Seaxmund’s Ham reisen würde. Er konnte davon ausgehen, daß mein Weg an seiner Tür vorbeiführt«, verteidigte sich Eadulf. »Mein Heimatort liegt nur sechs Meilen jenseits der Abtei.«
    »Ein merkwürdiger Freund, mehr kann ich dazu nicht sagen.« Fidelma seufzte. »Ist er der Abt dieser Abtei?«
    Eadulf schüttelte den Kopf. »Er ist der Verwalter. In Canterbury sagte man mir, jemand namens Cild sei der Abt, aber von dem habe ich noch nie etwas gehört.«
    Cynric kam wieder herein und stellte eine heiße Fleischpastete auf einen nahen Tisch.
    »Wenn ihr euch an den Tisch setzen wollt, bringe ich euch noch mehr Apfelwein, mit dem ihr das Essen hinunterspülen könnt.«
    Die Pastete sah gut aus und roch gut, und bald war das Heulen des Sturmes da draußen vergessen, während sie das Mahl genossen. Eadulf erläuterte einiges von dem, was ihm Cynric über die Auseinandersetzungen zwischen Christen und Heiden berichtet hatte. Schwester Fidelma sah ihren Gefährten mitleidig an.
    »Es muß schwer sein für dich, so etwas zu hören. Aber es wird doch sicher aufgewogen durch die Freude, deine Heimat wiederzusehen.«
    »Es ist lange her, seit ich zuletzt in Seaxmund’s Ham war. Ich freue mich wirklich darauf, es wiederzusehen.« Er schaute sie besorgt an. »Es tut mir leid, wenn ich eigensüchtig scheine, Fidelma.«
    Ihre Augen weiteten sich für einen Moment. Sie meinte,
sie
verhielte sich eigensüchtig. Sie merkte plötzlich, wie sehr sie ihr Heim in Cashel vermißte. Das Land des Südvolkswar düster, kalt und unwirtlich. Als sie sich bereit erklärte, Eadulf nach Canterbury zu begleiten, und ihr Heimatland verließ, war sie nicht auf den Gedanken gekommen, daß er noch weiter in sein Geburtsland reisen wollte. Aber das, so wurde ihr nun klar, war eine törichte und egozentrische Annahme ihrerseits gewesen. Es war nur natürlich, daß Eadulf nach seinem Aufenthalt in Rom und fast einem Jahr im Königreich ihres Bruders in Muman nun einige Zeit in seiner Heimat verbringen wollte.
    Sie bemühte
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