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Verlorene Liebe

Verlorene Liebe

Titel: Verlorene Liebe
Autoren: Nora Roberts
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umkreiste Gebiet gelaufen oder gefahren?«
    »Weiß nicht, hab irgendwann aufgehört zu zählen. Ich halte die Schule immer noch für lohnend. Rektor Wight mag das Gesicht auf dem Phantombild nicht erkannt haben, aber er ist sehr nervös geworden.«
    »Die meisten Menschen fangen an zu zappeln, wenn die Polizei zu ihnen kommt.«
    »Ja, aber ich habe trotzdem so ein Gefühl, daß wir ein großes Stück weiterkommen, sobald Lowenstein allen Schülern die Zeichnung vorgelegt hat.«
    »Könnte sein. Aber damit bleiben unserem Mann noch die ganze Nacht und der halbe morgige Tag.«
    »Hör mal, wir sind doch beide hier im Haus, Billings sitzt draußen an seinem Wunderkasten, und alle Viertelstunde kommt ein Streifenwagen vorbei.«
    »Ich muß die ganze Zeit an das Profil denken, das Tess von dem Täter angefertigt hat. Ich frage mich, warum es mir einfach nicht gelingen will, so wie er zu denken.«
    »Vielleicht weil du persönlich und emotional in diesen Fall verstrickt bist.«
    »Nein, daran liegt es nicht. Du weißt doch, wie es ist, wenn man über einen Täter eine Menge Fakten zusammengetragen hat. Ganz gleich, wie verdreht oder durchgeknallt er ist, man fängt an, wie er zu denken und seine nächsten Schritte vorauszuahnen.«
    »Das tun wir doch hier auch. Deswegen läuft er uns über kurz oder lang in die Falle.«
    »Nein, wir sind noch nicht auf seiner geistigen Wellenlänge.« Ed rieb sich die Augen. Seit dem Nachmittag plagten ihn Kopfschmerzen. »Und das liegt daran, daß er noch ein Kind ist. Je länger ich darüber nachgrüble, desto plausibler erscheint mir diese Erklärung. Kinder denken anders als Erwachsene. Das ist meiner Ansicht nach auch der Grund dafür, warum sie Kinder in den Krieg schicken. Wenn man jung ist, kann man sich noch gar nicht vorstellen zu sterben. Diese Erkenntnis kommt einem erst in den Zwanzigern.«
    Ben mußte an seinen Bruder denken. »Manche Kinder sind schon mit sechzehn erwachsen.«
    »Aber nicht unser Täter hier. Alles, was Tess über ihn herausgefunden hat, führt zu dem Schluß, daß er nicht nur ein Psychopath, sondern auch noch sehr unreif ist.«
    »Na schön, dann fangen wir eben an, wie ein Teenager zu denken.«
    »Wahrscheinlich hat er erst einmal eine Weile geschmollt, nachdem es bei der Morrison nicht so geklappt hat, wie er wollte.« Ed versuchte, sich in den Jungen hineinzuversetzen, und lief nachdenklich auf und ab. »Mary Beth hat doch ausgesagt, er habe richtig quengelig geklungen. So wie ein Kind, dem sein Lieblingsspielzeug zerbrochen ist. Was fängt so ein kleiner, verzogener Satansbraten an, wenn ihm etwas kaputtgegangen ist?«
    »Er zerstört das Lieblingsspielzeug von einem anderen Kind.«
    »Ganz genau. Aus dir wird bestimmt mal ein toller Vater.«
    »Danke. Alle Vergewaltigungen und Vergewaltigungsversuche, die uns seit dem Überfall auf Mrs. Morrison gemeldet worden sind, passen nicht in sein Schema.«
    »Ich weiß.« Hatte er nicht alle Berichte wieder und wieder studiert, um dort irgendeinen Hinweis zu finden? »Vielleicht hat er sein Mütchen ja gar nicht an einer Frau ausgelassen, sondern an jemand anderem. Du weißt doch, wenn ein Vergewaltiger daran gehindert wird, sein Vorhaben durchzuführen, wird er nur noch wütender und frustrierter. Unser Täter ist noch ein Kind, kann sich schlecht beherrschen. Er hat bestimmt seinen Frust längst an jemand abgelassen.«
    »Du meinst, er hat sich an einem anderen Teenager abreagiert?«
    »Ich vermute, er ist über einen Schwächeren oder Kleineren hergefallen, zumindest jemand, den er für unterlegen gehalten hat. Und seinem verletzten Stolz hat es bestimmt gutgetan, wenn es sich dabei um jemanden gehandelt hat, den er kannte.«
    »Also sollten wir uns die Festnahmen der letzten paar Tage vornehmen.«
    »Und die Krankenhäuser. Ich glaube kaum, daß er es bei ein paar Ohrfeigen und einem bißchen Gerangel belassen hat.«
    »Du fängst schon an, wie Tess zu denken«, grinste Ben. »Deswegen liebe ich dich auch so sehr.« Das Telefon klingelte. »Das wird sie sicher sein. Ich habe meine Holde gebeten, mich gleich anzurufen, wenn sie wieder zu Hause ist.«
    Ed setzte sich wieder zu den Unterlagen. Doch Bens Tonfall hinderte ihn daran, sie sich noch einmal anzuschauen.
    »Wann? Haben wir eine Adresse? Gut, Sie und Renockie lösen uns hier ab, und wir fahren dorthin. Hören Sie, Lowenstein, mir ist wirklich scheißegal, um wen es sich … Was? Wer? Gott im Himmel.« Ben fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht und
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