Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verlorene Jugend - Tagebuch eines Soldaten (German Edition)

Verlorene Jugend - Tagebuch eines Soldaten (German Edition)

Titel: Verlorene Jugend - Tagebuch eines Soldaten (German Edition)
Autoren: Herbert Hintersteininger
Vom Netzwerk:
Hemmungen, die mich oft in Raserei brachte.
    Inzwischen und schon vor längerer Zeit tauchten Gerüchte auf, über sie und Herta, die einzigartig in ihrer Infamie waren. Ich glaubte sie nicht oder doch? Herta traute ich solche Dinge zu. Mein Glaube an sie geriet aber ein wenig ins Wanken. Diese Sache benutzte ich wieder, meine letzten Mißerfolge zu tarnen.
    Inzwischen lernte ich Ilse näher kennen. Aber noch einmal hätte ich meine früheren Lächerlichkeiten aus der Welt schaffen können. Als es mir wieder einmal klar wurde, daß ich sie noch immer liebe, gestand ich ihr, was ich über sie gedacht hätte usw. Sie verzieh mir das, und machte verführerische Bemerkungen. Ich wusste sie liebt mich immer noch oder immer wieder. Da ich aber kurz vor der Reifeprüfung stand, glaubte ich, sie auf spätere Zeit vertrösten zu müssen. Als diese gefährliche Klippe umschifft war, kam ich wieder einmal zu spät. Sie hätte sich das alles überlegt. Und da überkam mich ganz kurz der Mut der Verzweiflung, weil ich dachte, sie wollte mich zwingen, meine Schüchternheit abzulegen. An ihrem Widerstand erkannte ich meinen Irrtum.
    Seit dieser Zeit war ich ihr ein guter Bekannter, und sie mir, was sie vorher war. Die ungewiß Geliebte! Ob sie jetzt jede Bedeutung für mich verloren hat? 3mal hätte ich erreichen müssen, 1000mal können, was mich so lange gequält hat, was ich nur immer herbei gesehnt, wofür ich geweint, gebetet, ja Jahre gelebt habe. Schwere Tage habe ich als Schicksalsschläge empfunden, ich habe sie mir selber zugefügt. Aber ich habe mich an ihnen aufgerichtet, zu immer neuer Liebe. Ich habe gelitten und geliebt. Mein Verstand sagt mir, nun ist es aus. Das Herz hat noch nicht gesprochen. Was wird es wohl zu sagen haben? Es schweigt noch, vielleicht schweigt es immer und ich vergesse? In dieser Liebe habe ich die Reife vom Jungen zum Mann mitgemacht, nicht praktisch. Auch habe ich noch nicht die ganze Reife, es fehlen die Reflexe oder Instinkte. Oder schlummern sie noch. Dann wehe, wenn sie losgelassen!
    Ich bin noch nicht gereift. Nicht, dass ich Gleichaltrigen nachstünde, nein. Aber in mir gibt`s noch etwas, was reifen muss. In mir steckt irgend ein Talent. Ich kenne nur noch nicht seine Art. Ich suche es nicht. Es wird sich entwickeln und nach ihm wird sich die Wahl meines Berufes richten.
     
     
                                                                                                  11.XII.1943
     
    Heute, am drittletzten Urlaubstag, habe ich mit Herrn Z. über diese Angelegenheit gesprochen. Er hält mich für einen Menschen, der sich in keinen staatlichen Beruf zwingen darf. Er zeigte nur die Vorteile des freien Berufes, sich kraft des eigenen Könnens und Wissens hochzuarbeiten. Hier kann nur der Tüchtige bestehen. Seinem Streben sind keine Grenzen gesetzt. Wenn mich ein freier Beruf lockt, so am meisten die Möglichkeit zu forschen, noch nie da Gewesenes zu bringen.
    Zuerst lernen, dann eine Existenz gründen und zum Schluss heiraten.
     
                                                                                                   25.12.43
     
    „Dein Schicksal ist einzig; preise die übrigen glücklich – so ist noch keiner gequält worden.“ (Werther). Warum kann ich nie zur Ruhe kommen? Was die Liebe mich quält, die Liebe zu Ilse, das muss so sein.
    Warum aber werde ich mit mir selber nicht fertig? Ich kann mich nicht natürlich geben, passe mich immer der Umgebung an, weiß nicht, bin ich ein ernster oder heiterer Mensch? Dann wieder vermeine ich, ernst zu sein und möchte lustig sein. Bin ich zu rücksichtsvoll gegen andere oder habe ich überhaupt ein so weiches Gemüt? Wird denn diese ewige Unruhe nimmer einer ruhigen Geklärtheit weichen? Soll ich denn der unstete Wanderer bleiben? Ich kann mich auch selber nicht beschreiben. Bin ich trotz meines gekünstelten Wesens ein Einzelgänger? Hab ich denn überhaupt ein Ziel, das ich auch anstrebe?
    Ich lasse meiner Entwicklung freie Hand, will somit, daß Gutes sich allein behaupte und heranreife. Vielleicht brauche ich den Freund, mein Tun zu überwachen, um nach meinem Willen (aber nicht Wollen), zu werden.
    Hier in Russland fehlt er mir und ich bin deshalb so wenig mit mir zufrieden. Ich möchte so vieles, was ich leicht haben könnte, nehme mir vor,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher