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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier
Autoren: S Scarlett
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Adern ist auf einmal ohrenbetäubend.
    »Neun.«
    Meine Handflächen sind schweißnass, so dass ich die Sig kaum noch halten kann.
    »Zehn.«
    Ich drehe mich um, allerdings in meiner Verwirrung nach links statt nach rechts, was den längeren Weg darstellt. Mein Körper wappnet sich für den Baseballschlag.
    Aber Philly zielt nicht auf mich. Er sieht noch nicht mal in meine Richtung, sondern nach oben. Hinauf zu dem Hubschrauber, der über uns kreist und dessen gewaltiger Scheinwerfer auf uns gerichtet ist. In dem plötzlichen Getöse kann ich den genauen Wortlaut nicht ausmachen, doch eine Lautsprecherstimme sagt etwas wie: »Polizei. Lassen Sie sofort die Waffen fallen, und legen Sie sich flach auf den Boden.«
    Philly hebt seine Waffe. Ich versuche, die Sig sinken zu lassen, aber mein Arm scheint mir nicht gehorchen zu wollen. Philly gibt unterdessen mehrere Schüsse auf den Hubschrauber ab, dessen Scheinwerfer mich blendet. Ein lautes Krachen ertönt, und im selben Moment wird die Waffe in meiner Hand nach oben katapultiert. Zumindest fühlt es sich so an.
    Als ich die Augen wieder öffne, liegt Philly am Boden, während Caerwen mit beachtlichem Tempo über den Friedhof hastet.
    »Du hast den Mistkerl erwischt«, erklärt sie, als ich zu der Stelle taumle, wo sie den gefallenen Gangster verarztet. Knapp über Phillys Achselhöhle klafft eine hässliche Wunde. Er ist kreidebleich, und auf seiner Stirn glitzern Schweißperlen. »Schulterwunde. Aber er wird’s wohl überleben.«
    Plötzlich fällt mir Mr Skinner ein, doch ich kann ihn weit und breit nirgendwo entdecken. Rattengesicht hat sich allem Anschein nach im dichten Nebel vom Acker gemacht.
    Die nächsten Minuten ziehen wie im Traum an mir vorüber. Irgendwann sitze ich im Gras. Amber kniet vor mir. Sie sagt etwas zu mir. Erst jetzt fällt mir ein, woran ich auf meinem einsamen Marsch in den sicheren Tod hätte denken sollen. An ihre Orangenmarmeladenaugen.
    Ihre wunderschönen Orangenmarmeladenaugen.
    Sie lächelt. »Mein Held.«
    Und dann wird es auf einmal dunkel um mich.

KAPITEL ACHT
    1
    Dies soll also die letzte Liebesgeschichte sein, die ich je erzählen werde?
    Tja, Irrtum. Tut mir leid, wenn ich damit den ersten Satz dieses Buches versaut habe, aber das Wichtigste ist doch, dass man akzeptiert, wenn man einen Fehler gemacht hat, und sich nicht davon aufhalten lässt. Zumindest habe ich das irgendwo mal gelesen. Diese Geschichte, mit der ich während meiner Schreibblockade anfing und von der ich nicht sicher war, ob ich sie jemals zu Ende bringen würde, sollte mein letzter Ausflug ins Mädchen-trifft-Jungen-Genre sein. Aber eines Morgens, einige Tage, nachdem Amber meinen Heiratsantrag angenommen hatte, war die »Blockade« wie durch ein Wunder verschwunden, und der Plot für Angela Huxtables nächsten Roman breitete sich vor mir aus, glasklar und mit sämtlichen Details. Bestimmt überrascht es Sie nicht, wenn ich Ihnen erzähle, dass er von einer großherzigen Erbin (deren Name mit A beginnt) und ihrer Leidenschaft für einen düsteren, gut aussehenden Maler handelt, einen launenhaften Kerl, den ein lange gehütetes Geheimnis quälte. Er erscheint nächstes Jahr, und ich hoffe, Sie kaufen ihn.
    Autoren und ihre Schreibblockaden, was? Haben Sie schon mal was von einer Postbotenblockade oder einer Chirurgenblockade gehört? Was für Schwachköpfe.
    2
    Und wieder sind wir in St. Botolph’s. Amber schreitet am Arm ihres Vaters, dem Zahnarzt aus dem Finger-Lake-Gebiet, den Gang entlang, als mein Trauzeuge mir ein paar inspirierende, beruhigende Worte ins Ohr flüstert.
    »Versuch bitte, es nicht komplett zu versauen, ja?«
    »Sagst du das eigentlich immer?«, frage ich erstaunt. (Schließlich stehen wir hier nicht mit unseren Truppen am Strand von Nordfrankreich.)
    »Immer«, antwortet Gerald. »Das war Rommels Standardspruch vor den Panzerschlachten für sein Wüstencorps.«
    Ich kann nur spekulieren, ob das ein Scherz ist oder nicht.
    Beim Anblick von Amber treten mir die Tränen in die Augen. Sie trägt einen Traum von einem Kleid aus elfenbeinfarbener Seide, in dem sie sogar noch schöner als sonst aussieht. Das Licht, das durch die antiken Buntglasfenster fällt, spiegelt sich in ihren Augen. Als sie mich anlächelt, wird mir bewusst, dass wir gerade Teil einer einzigartigen Tradition werden. Über Jahrhunderte haben Paare sich hier vor der Familie und ihren Freunden das Jawort gegeben, erhellt von genau demselben Licht. (Natürlich war ich schon
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