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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier
Autoren: S Scarlett
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an Aristoteles’ Maxime zu halten, dass man tapfer wird, indem man tapfer handelt (die in diesem Fall ohne Weiteres mit dem Tod enden kann), hatte ich absolut nichts in der Hand. Ich muss allerdings zugeben, dass ich mir in der Rolle des romantischen Helden sehr gut gefalle. Von der Perücke befreit – und damit zumindest kopfmäßig ein Mann –, fühle ich mich Captain Jack gleich erheblich näher. Man muss sich den üblen Typen im Leben stellen, auch wenn mir Angelas Bemerkung über den schmalen Grat zwischen Tapferkeit und Dummheit noch immer ein wenig Bauchschmerzen bereitet.
    Auf halber Höhe des Friedhofs gibt es einen breiten Streifen zwischen den Grabsteinen, der sich perfekt als Schlachtfeld eignet. Bis auf die Duellanten und ihre Sekundanten haben sich alle oben auf dem Hügel versammelt, während Philly und Rattengesicht auf die eine Seite treten und die Urquharts und ich uns auf die andere zurückziehen und hitzig debattieren.
    »Ist doch ganz einfach, Dostojewski. Bei acht drehst du dich um und ballerst dem Drecksack in den Rücken«, sagt Jago.
    »Aber was, wenn ich ihn verfehle?«
    »Das solltest du lieber lassen.«
    Si rät mir, die Waffe in der rechten Hand zu halten und sie mit der linken zu stabilisieren, um mich am Ende der zehn Schritte möglichst schnell umdrehen und feuern zu können. Und ich sollte mich nach rechts drehen, meint er, weil er davon ausgeht, dass Philly lediglich nur eine 90-Grad-Drehung machen und einhändig halb seitlich schießen wird. Seiner Vermutung nach besteht durchaus die Chance, dass wir angesichts der Entfernung und der schlechten Lichtverhältnisse beide danebenschießen, allerdings hat er Phillys Leinwand-Vorstellung nicht miterlebt.
    »Ich muss vorher noch dringend auf die Toilette. Könntet ihr vielleicht …?«
    Jago konferiert mit der Gegenpartei, die mir meinen Wunsch gewähren. Ich haste in die Kirche zurück.
    »Gott sei Dank, Sie sind in Sicherheit«, sagt der Pfarrer, als ich das schwere Portal aufschiebe. »Biegen Sie beim Friedhofstor einfach nach links ab, und folgen Sie der Straße zwei Meilen weit. In Eglwys Parva gibt’s eine Telefonzelle. Ich erzähle denen, Sie hätten die Scheißerei.«
    »Ich laufe nicht weg, Reverend.«
    »Aber wieso nicht?«
    »Ich kämpfe um die Frau, die ich liebe.«
    Der Pfarrer beginnt zu kichern. Unverzeihlich. »Sie?«
    Ich widerstehe dem Drang, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. »Ich lege mein Schicksal in Gottes Hände.«
    Der Pfarrer scheint dieser Idee mit gewaltiger Skepsis gegenüberzustehen. »Dann werde ich für Sie beten, mein … Sohn.«
    13
    Duelle besitzen, wie ich feststelle, ihre ganz eigene Dynamik. Genauso wie Schwungräder sind sie, wenn sie sich erst einmal in Bewegung gesetzt haben, praktisch nicht mehr zu stoppen. Abgesehen von Ambers kurzem Protest und dem Rat des Pfarrers, lieber so schnell wie möglich die Kurve zu kratzen, scheinen es alle anderen kaum noch erwarten zu können.
    Daphne schüttelt mir die Hand, als ich auf dem Rückweg bei den Frauen vorbeikomme.
    »Es war wirklich ein Heidenspaß«, trompetet sie. »Guzman Esterhazy und Freddie Barnes haben sich mal in Cannes meinetwegen duelliert. Es war göttlich – am Ende haben sie sich gegenseitig erschossen. Der arme Freddie ist verblutet, und Guzman konnte danach nur noch Brei essen. Sagte ich gerade Cannes? Unsinn, es war in Didcot.«
    »Was du da tust, ist wunderschön«, sagt Caerwen. »So romantisch. Weißt du rein zufällig, welche Blutgruppe du hast?«
    Kiki nimmt mich beim Ellbogen und führt mich ein paar Schritte zur Seite. »Bitte verzeih mir, dass ich dir keine größere Hilfe sein konnte, Kumpel«, murmelt er.
    »Du warst brillant. Das war … ein echtes Abenteuer. Wenn das hier vorbei ist, sollten wir unbedingt in Kontakt bleiben.«
    Keiths Lippen beginnen merkwürdig zu zucken. »Ja. Machen wir. Definitiv. Alte Freunde sollten … in Kontakt bleiben.«
    Er glaubt, dass gleich mein letztes Stündchen geschlagen hat. »Alte Mädels, hm?«
    Er verpasst mir einen kameradschaftlichen Schlag auf die Schulter. »Der gute alte Bill.«
    Arthur gibt mir einen Ratschlag mit auf den Weg, was mich zutiefst rührt. »Sie müssen ausatmen und dann erst abdrücken. So machen das die Profis.«
    »Danke, mein Lieber.«
    »Sie können jetzt aufhören, mich so zu nennen.«
    »Oh, stimmt. Du hast recht. Glaubst du nicht auch, dass du und deine Mutter in der Kirche besser aufgehoben wärt?«
    »Nein, auf keinen Fall!« (Allem Anschein nach
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