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Verloren

Verloren

Titel: Verloren
Autoren: Kathryn Taylor
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so gut, dass ich wahrscheinlich nur noch heute in dieses Kleid passen werde. Ich wünschte bloß, du hättest mir diesen Tipp schon früher gegeben.«
    »Du hast nicht gefragt«, sagt er grinsend, und ich muss mir eingestehen, dass das stimmt. Es erschien mir bei meinen bisherigen Besuchen einfach immer günstig und praktisch, in diesen größeren Hotels etwas außerhalb des Stadtzentrums zu wohnen. Dabei ist das kleine, familiär geführte Hotel »Fortuna«, das Andrew mir empfohlen hat und das mitten in der historischen Altstadt im aufstrebenden Monti-Viertel liegt, erstaunlicherweise gar nicht teurer. Dafür könnte der Unterschied zwischen den eher anonymen modernen Bettenburgen und dem liebevoll und sehr individuell eingerichteten »Fortuna« größer nicht sein. So nett mitten in der Stadt zu wohnen, versüßt mir definitiv meinen Aufenthalt, und ich habe beschlossen, die Zeit hier in vollen Zügen zu genießen. Es könnte nämlich ein sehr kurzes Vergnügen werden – falls Giacomo di Chessa sich entscheidet, dem »Conroy’s« die Versteigerung seiner Sammlung nicht anzuvertrauen. Dann fliege ich morgen schon zurück nach Hause. Bei dem Gedanken seufze ich tief.
    »Keine Sorge, Giacomo wird dich lieben«, versichert mir Andrew, der zu ahnen scheint, was mich bewegt, und schiebt mich weiter zielstrebig durch die Menge.
    »Ich weiß nicht.« Skeptisch zucke ich mit den Schultern. »Wieso bist du dir da eigentlich so sicher?«
    »Weil ich ihn kenne. Und weil er mir vertraut.« Er zwinkert mir zu. »Sei einfach du selbst, Sophie, dann kann gar nichts schiefgehen, glaub mir.«
    Ich bin immer noch nicht überzeugt und sein kryptischer Hinweis hilft mir nicht weiter. »Wie bin ich denn?«
    Er bleibt stehen, offenbar überrascht ihn meine Frage. Als er sieht, dass ich sie ernst meine, legt er den Kopf ein bisschen schief und denkt nach. »Du bist das netteste Mädchen, das ich kenne. Immer freundlich und unglaublich tüchtig. Und klug und ehrlich – alles Eigenschaften, die eine Kunsthändlerin unbedingt mitbringen sollte.«
    »Aha.« Skeptisch runzle ich die Stirn. Ich weiß, dass das ein Kompliment war, aber ein paar aufregendere Adjektive als »nett« und »tüchtig« wären mir irgendwie lieber gewesen. »Und was sind meine Fehler?« Vielleicht sind ja wenigstens die ein bisschen spannend.
    »Du hast keine«, versichert er mir, charmant wie immer. »Oder doch – manchmal bist du ein bisschen zu ernst«, schränkt er dann ein und streicht mir über den Arm. »Aber das ist ja auch kein Wunder, wenn man bedenkt, wie früh du schon Verantwortung übernehmen musstest.«
    Unwillkürlich sehe ich das blasse Gesicht meiner Mutter vor mir, die Augen, die blicklos sind, nach innen gekehrt und dann wieder fast fiebrig funkeln. Die hilflose Traurigkeit, die dabei in mir aufsteigt, unterdrücke ich jedoch hastig wieder. Aber es stimmt, denke ich. Ich bin wohl ernster als die meisten. Ernst und nett. Na toll.
    Während ich noch darüber nachdenke, warum mich seine Einschätzung so stört, redet Andrew, dem meine gedrückte Stimmung total entgeht, schon weiter.
    »Auf jeden Fall liebst du die Kunst genauso leidenschaftlich wie Giacomo«, erklärt er mir strahlend. »Das spürt er, ganz sicher – und das wird er zu schätzen wissen. Ganz einfach dürfte dieser Auftrag nämlich nicht werden.«
    Das Letzte sagt er beiläufig und nimmt dabei dem Kellner, der gerade an uns vorbeigeht, zwei Gläser mit Champagner vom Tablett. Eins davon reicht er mir.
    »Wie meinst du das – nicht ganz einfach?«, hake ich nach.
    Als Antwort nimmt Andrew einen Schluck aus seinem Glas und setzt sich dann wieder in Bewegung. Ich folge ihm und halte ihn am Ärmel fest, zwinge ihn stehen zu bleiben.
    »Andrew?«
    Er lächelt und legt den Arm um mich, aber nur, um mich mit der Hand, die er in meinen Rücken legt, sanft weiterzuschieben. »Lernt euch erst mal kennen, Sophie. Der Rest wird sich dann schon finden.«
    Mir bleibt keine Zeit mehr, länger über seine Worte nachzudenken, denn Andrew führt mich sehr zielstrebig weiter auf ein zierliches Chippendale-Sofa an der Wand zu, das Platz für zwei Personen bietet. Auf der rechten Seite sitzt eine alte Frau in einem wunderschönen, weit geschnittenen Seidenkleid, dessen buntes Muster mir irgendwie bekannt vorkommt.
    Die Tatsache, dass sie dort allein sitzt, irritiert Andrew sichtlich, denn er runzelt die Stirn.
    »Er war gerade noch hier«, erklärt er mir entschuldigend und sieht sich um. Dann wendet
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