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Verloren

Verloren

Titel: Verloren
Autoren: Kathryn Taylor
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anderen lauschen ihm aufmerksam und achten gar nicht mehr auf mich und Matteo Bertani.
    Na super, denke ich ein bisschen verzweifelt. Lasst mich ruhig alle allein mit Signore Ich-rede-nicht-mit-Frauen-diesich-mit-Kunst-auskennen. Dessen Fluchtreflex ist allerdings vollkommen abgeklungen, denn er bleibt, wo er ist, und macht mich mit diesen durchdringenden Bernstein-Augen lieber weiter nervös.
    Smalltalk, Sophie, erinnere ich mich. Frag ihn irgendetwas. Das fällt dir doch sonst nicht schwer. Aber sonst sind meine Gesprächspartner ja auch berechenbarer als dieser, bei dem man offensichtlich nie weiß, was einen als Nächstes erwartet.
    Ich räuspere mich. »Wie ich hörte, leiten Sie den Design-Konzern Ihrer Familie. Das ist sicher eine sehr interessante Aufgabe.«
    Selbst in meinen Ohren klingt diese Bemerkung gezwungen, aber ich lächele tapfer weiter. Etwas anderes bleibt mir ja auch nicht übrig.
    »Das ist es bestimmt«, antwortet Matteo Bertani. »Aber ich fürchte, Sie sind falsch informiert. Die Firma führen meine beiden älteren Brüder.«
    Als er sieht, wie überrascht ich über diese Antwort bin, hebt er amüsiert einen Mundwinkel – wodurch wieder dieses sexy Grübchen auf seiner Wange erscheint, das ich aus gegebenem Anlass zu ignorieren versuche.
    »Und Sie?«, hake ich nach.
    Ich hasse es, dass er mir irgendwie immer einen Schritt voraus ist – und dass er mich so rumraten lässt. Aber ihm macht das Spaß, so viel steht fest.
    Er zuckt mit seinen breiten Schultern. »Ich habe mich sehr intensiv mit dem beschäftigt, was mir schon immer besonders am Herzen lag: der Kunst und ihrer geschichtlichen Entwicklung«, sagt er, und wieder drängt etwas an die Oberfläche meines Gedächtnisses.
    Kunstgeschichte . Matteo Bertani . Denk nach, Sophie.
    Und dann – viel zu spät – macht es endlich klick in meinem heute so unzuverlässigen Gehirn, und ich erinnere mich plötzlich an einige Artikel, die ich in Vorbereitung auf meine Reise über die römische Kunstszene gelesen habe. Und an die Schwärmereien meiner Freundin Sarah, die vor gut zwei Jahren mal für eine Weile in Rom studiert hat. Oh mein Gott!
    » Sie sind das?«
    Matteo Bertani – natürlich! Er war in den Artikeln mehrfach zitiert – als international anerkannter Experte für italienische und englische Kunstgeschichte. Der junge Professore mit den schönen Augen und den ungewöhnlichen Thesen zur Malerei, den Sarah damals so toll fand, das Enfant terrible des Kunsthistorischen Instituts der La Sapienza. Und zudem, wie ich jetzt weiß, Mitglied einer der reichsten Familien Italiens.
    Verdammt.
    Wichtiger Kontakt ist gar kein Ausdruck. Er ist wahrscheinlich eher so was wie der Jackpot. Und er lächelt mich so selbstzufrieden an, dass ich ihm wirklich gerne in sein bestimmt unglaublich durchtrainiertes Sixpack boxen möchte.
    »Dann kennen wir uns also doch?« Spöttisch hebt er die Brauen.
    »Nein, aber ich … äh … habe von Ihnen gehört«, stottere ich. Noch etwas, das ich sonst nie tue. Hastig räuspere ich mich. »Sie arbeiten an der La Sapienza, nicht wahr?« Eine ganz normal gestellte Frage – geht doch, Sophie.
    »Ich habe dort einen Lehrauftrag, ja«, bestätigt er mir.
    Was wiederum eher ein bisschen zu bescheiden klingt. Laut Sarah war und ist er nämlich der Star-Dozent der Uni, und zahlreiche, vor allem weibliche Studenten belegen angeblich Kunstgeschichte nur seinetwegen. Dabei muss er sicher nicht arbeiten, er ist ein Bertani und damit auf jeden Fall reich. So reich, dass er sich mal eben ein Gemälde kaufen kann, für das man mehr als ein paar Pfund hinlegen muss. Was mich zurück zu einer anderen Frage bringt, die ich vor lauter Schreck darüber, dass er plötzlich doch mit mir sprechen wollte, ganz verdrängt hatte.
    »Warum haben Sie eigentlich das Severn-Gemälde gekauft?«
    Das kommt mir – ganz abgesehen davon, dass ich ziemlich enttäuscht darüber bin, dass ich jetzt keine Gelegenheit mehr haben werde, es genauer zu studieren –, doch ein bisschen komisch vor. Schließlich war es das Bild, unter dem wir uns vorhin »begegnet« sind. Ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass beides zusammenhängt, und dieser Verdacht scheint sich zu bestätigen, denn er zögert mit der Antwort, hebt zuerst das Glas mit Champagner, das er in der Hand hält, und trinkt einen Schluck. Als er es wieder absetzt, lächelt er weit weniger strahlend, und der Ausdruck in seinen Augen wird wieder reserviert, fast schon kühl.
    »Das sollte
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