Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verlockung der Nacht

Verlockung der Nacht

Titel: Verlockung der Nacht
Autoren: Jeaniene Frost
Vom Netzwerk:
Geisterstimmen allerdings technisch nicht gut übertragbar waren, musste ich Vermittlung spielen.
    »Hey, was gibt’s?«, fragte ich und winkte Don herbei, während ich mit den Lippen »Es ist Tate« formte.
    »Kannst du heute Abend zum Stützpunkt kommen?« Tates Tonfall war seltsam. Zu offiziell. »Der Controller des Teams möchte dich kennenlernen.«
    Controller? »Seit wann haben wir denn so was?«, erkundigte ich mich und vergaß ganz, dass ich schon seit einer ganzen Weile nicht mehr von »wir« sprechen konnte, wenn es um das Team ging.
    »Seit heute«, gab Tate zurück.
    Ich warf Bones einen Blick zu, wartete aber nicht auf sein zustimmendes Achselzucken, bevor ich antwortete. Wir hatten nichts Wichtiges vor, und meine Neugier war geweckt. »Okay, ich bin in ein paar Stunden bei euch.«
    »Komm nicht allein.«
    Diesen letzten Teil flüsterte Tate kurz vor dem Auflegen. Ich zog die Augenbrauen hoch. Mehr, weil er so leise gesprochen hatte, dass nur jemand mit übernatürlichem Gehör ihn verstehen konnte, als wegen der Worte selbst.
    Da war eindeutig etwas im Busch. Mir war klar, dass Tate nicht gemeint hatte, ich sollte Bones mitbringen, denn der begleitete mich ohnehin immer, wenn ich meinen früheren Arbeitsplatz besuchte. Er hatte sich auf jemand anderen bezogen, und mir fiel nur einer ein, der gemeint sein konnte.
    Ich wandte mich an Don. »Lust auf einen Ausflug?«
    Aus der Luft betrachtet wirkte der Stützpunkt wie irgendein beliebiges einstöckiges Gebäude umgeben von jeder Menge ungenutztem Parkplatz. In Wirklichkeit handelte es sich um einen alten Atombunker, dessen bewusst unauffällig gehaltenes Äußeres die Tatsache verbarg, dass er unter der Erde über vier weitere Stockwerke verfügte. Die Sicherheitsmaßnahmen hier waren streng, wie man es bei einer Geheimbehörde zur Überwachung der Untoten auch nicht anders erwarten würde. Dennoch war ich überrascht, als wir zehn Minuten über dem Gebäude schweben mussten, bevor unser Heli Landeerlaubnis erhielt. Wir waren schließlich nicht unangemeldet hereingeschneit.
    Als Bones und ich ausstiegen, wurden wir vor den Flügeltüren auf dem Dach von drei behelmten Wachleuten aufgehalten.
    »Ausweis«, bellte uns der erste Soldat an.
    Ich lachte. »Der war gut, Cooper.«
    Die Visiere der Wachen waren so dunkel, dass ich ihre Gesichter darunter nicht erkennen konnte, aber alle hatten schlagende Herzen, und Cooper war der Einzige meiner alten menschlichen Freunde, der frech genug war, so etwas abzuziehen.
    »Ihren Ausweis«, wiederholte der Wachmann und artikulierte dabei so gedehnt, dass mir klar wurde: Das war nicht Cooper, und es war auch kein Witz. Die beiden Wachen rechts und links von ihm fassten ihre Maschinengewehre ein kleines bisschen fester.
    »Das gefällt mir nicht«, murmelte Don, während er sich an meine Rechte gesellte. Die Wachmänner würdigten ihn keines Blicks, aber als Menschen konnten sie ihn ja auch nicht sehen.
    Mir gefiel das auch nicht, aber fest stand, dass die Wachen uns erst reinlassen würden, wenn wir uns ausgewiesen hatten. Ich begann, in meiner Hosentasche zu wühlen, da ich aus Erfahrung gelernt hatte, dass man immer sein Portemonnaie dabeihaben sollte, selbst wenn man der Ansicht war, es nicht zu brauchen. Bones jedoch schenkte dem Trio lediglich ein Lächeln.
    »Ihr wollt meinen Ausweis sehen?«, fragte er in seidenweichem Tonfall. »Hier bitte.« Bei diesen Worten wurden seine Augen leuchtend smaragdfarben, während Fänge sich aus seiner oberen Zahnreihe schoben, bis sie ihre volle Größe erreicht hatten und aussahen wie kleine Elfenbeindolche.
    »Lasst uns durch, oder wir hauen ab, und ihr könnt eurem Boss erzählen, dass die Besucher, die er erwartet hat, Besseres zu tun haben, als ihre Zeit zu verschwenden.«
    Der Soldat, der unsere Ausweise hatte sehen wollen, zögerte einen angespannten Augenblick lang und trat dann ohne ein weiteres Wort beiseite. Bones’ blitzende Reißzähne zogen sich zurück, und seine Augen nahmen wieder ihre ursprüngliche dunkelbraune Farbe an.
    Ich steckte meinen Geldbeutel zurück in die Hosentasche. Den Führerschein würde ich dann wohl doch nicht brauchen.
    »Gute Entscheidung«, bemerkte Bones. Ich rauschte an den Wachen vorbei, gefolgt von Bones, während mein Onkel noch immer vor sich hin murmelte, dass ihm das alles nicht gefiel. Mach keinen Mist , dachte ich, sagte es aber nicht laut, womit ich nicht bloß vermeiden wollte, dass die Leute dachten, ich würde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher