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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot
Autoren: Karen Chance
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beschreiben Garm als Hels treuen Gefährten, nicht wahr?«
    Ich nickte langsam.
    »Aber wusstest du, dass ›Garm‹ auf Altnordisch ›Rag‹ heißt?«
    Ich schüttelte den Kopf. Das bedeutete nicht…
    Niall lächelte. »Ragnar Palmer. So lautete der Name deines Vaters, nicht wahr? Bevor er ihn änderte. Und ›Ragnar‹ bedeutet auf Altnordisch ›Krieger der Götter‹.«
    Es brach die Welle, die sich zuvor aufgetürmt hatte. Sie donnerte auf mein Gehirn herab, zerschmetterte alle Gedanken und übertönte alle Geräusche. Als ich wieder denken konnte, zogen Bilder durch mein Bewusstsein, mit Hinweisen, die immer dagewesen waren, die ich aber erst jetzt richtig zu deuten verstand. Meine Mutter, die sich bei der Party über Agnes' Zauber hinweggesetzt hatte, wozu keine Pythia-Erbin in der Lage sein sollte. Ihre unglaubliche Ausdauer, mit der sie am Ende eines Kampfes frischer war als ich an seinem Anfang.
    Ihre Worte, wonach die Spartoi sie »seit langer Zeit« verfolgten. Deinos Gesichtsausdruck, als ich nach dem Kind von Artemis fragte. Jetzt endlich wusste ich ihn zu deuten. Sie hatte mich mit verblüffter Ungläubigkeit angestarrt. Ich konnte es ihr nicht verdenken.
    »Nach dem Tod deiner Eltern verlor sich die Spur«, sagte Niall wie beiläufig. »Uns blieb nichts anderes übrig, als es mit anderen Möglichkeiten zu versuchen. Fünfmal sammelten wir unter großen Mühen genug Kraft für einen Sprung in die Vergangenheit, wo wir Artemis angriffen, als sie besonders schwach war. Und fünfmal scheiterten wir und starben immer wieder, als die verdammten Zauber abprallten, zu uns zurückkehrten und uns zerrissen!«
    Das Gesicht kam so weit herab, dass ich den heißen Atem – zu warm für den eines Menschen – auf der Wange spürte. Die Augen, jetzt ganz nah, ließen ohnehin keinen Zweifel daran, dass dies kein Mensch sein konnte. Ihr Blick durchbohrte mich, aber ich war weniger davon gelähmt als von schierer Fassungslosigkeit.
    Das konnte nicht geschehen. Nein, es konnte und durfte nicht geschehen…
    »Dass man von seinen Artgenossen wiederbelebt werden kann, bedeutet nicht, dass man nicht den Schmerz des Sterbens fühlt«, zischte Niall. »Ich starb, ebenso wie meine Brüder, wieder und immer wieder. Für nichts. Bis vor einem Monat, als dieser Narr Saunders zu mir kam und einen kleinen Gefallen wollte. Es scheint, die Vampire haben ein blondes Mädchen, eine hübsche neue Pythia, deren Namen ich schlechtmachen sollte. Oh, und du errätst nie, wer die Mutter dieses Mädchens war.«
    Die letzten Worte waren ein Schrei, aber ich zuckte nicht einmal zusammen. Dafür war ich viel zu geschockt.
    »Es muss eine ziemliche Überraschung gewesen sein«, kommentierte ich.
    »Es war lächerlich! Dass ein dummes kleines Mädchen so viel Ärger machen konnte. Bevor du auf der Bildfläche erschienen bist, war Myra auf dem besten Weg, den Senat zu zerstören. Unsere Verbündeten bei den Vampiren sollten das übernehmen, was übrig blieb.
    Unsere Leute hatten den Kreis infiltriert, Marsden von seinem Posten entfernt und ihn durch einen machtgierigen, heuchlerischen Idioten ersetzt, den wir nach Belieben manipulieren und erpressen konnten. An allen Fronten geschwächt, ohne Verbündete und in die Enge getrieben, hätte sich der Kreis unseren Streitkräften nicht länger als einige wenige Wochen widersetzen können. Und seine Niederlage hätte das Ende von Artemis' verdammtem Zauber bedeutet. Aber was geschieht in letzter Minute? Ein dummes, stümperhaftes, lächerliches Kind erscheint und ruiniert alles. Innerhalb einiger Monate erledigst du Myra, lässt Marsden in sein Amt zu-rückkehren und bist kurz davor, die Vampire zu einen! O ja, wir wissen, was sie dort oben machen«, sagte Niall und zeigte zum Haus.
    »Aber das lassen wir nicht zu, Pythia. Du wirst den angerichteten Schaden wiedergutmachen. Diese Sache endet hier und heute.«

Vierzig
    Niall riss mich auf die Beine, und mir wurde klar, worauf er gewartet hatte. Die Lichter im Haus waren ge-löscht worden, und der eben noch helle Ballsaal lag still und dunkel da. Ich konnte noch immer nicht viel erkennen, aber was ich sah, deutete auf viele Leute hin, die an den Fenstern standen und nach draußen sahen. Hier und dort glänzte Schmuck im Dunkeln.
    Es war wie im Stadion,
dachte ich benommen. Allerdings beobachteten die Zuschauer an diesem Abend kein Football-Spiel, sondern eine Hinrichtung.
    »Sie können dir nicht helfen«, sagte Niall. »Aber sie können zusehen,
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