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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot
Autoren: Karen Chance
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Mutter und die Pythia abzuschirmen.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Es waren erstarrte Zauber, Dulceata. Wenn dein Vater sie geworfen hätte, wärst du nicht mehr in der Zeit gefangen gewesen, als er es war.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Mein Vater gehörte zum Schwarzen Kreis, nicht zur Gilde.«
    »Gibt es irgendeinen Grund, warum er nicht zum Kreis und zur Gilde gehört haben könnte?«
    Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und sah Mircea groß an. »Na schön. Er ist also Mitglied eines verrückten Kults, der die Welt verändern will, aber eines Tages langweilt er sich und beschließt einfach so, sich der berüchtigsten Gruppe dunkler Magier auf diesem Planeten anzuschließen und zu versuchen, sie zu übernehmen. Und als das nicht klappt, denkt er: Na schön, dann brenne ich eben mit der Pythia-Erbin durch. Willst du darauf hinaus?«
    Mircea lachte. »Ich habe deinen Vater für einen interessanten Mann gehalten. Ich wusste nur nicht, wie interessant er war.«
    »Er ist nicht interessant, sondern verrückt. Und er ist gar nicht mein Vater.«
    Mircea schüttelte den Kopf. »Wie du meinst. Vielleicht können wir später darüber reden, in unserer Zeit?«
    »Du möchtest herausfinden, was die Gäste von deinem Haus übrig gelassen haben.«
    Mircea schmunzelte. »Da Repräsentanten von fünf oder sechs Senaten da waren, ist das eine berechtigte Sorge.«
    »Na schön.« Ich leerte meine Tasse und nahm noch ein Stück vom Teegebäck. »Aber zuerst machen wir einen Abstecher in die Suite. Ich brauche neue Sachen.«
    »Und anschließend führe ich dich durchs Haus. Falls es noch steht.«
    »Abgemacht«, sagte ich, nahm seine Hand und sprang.
    Und wusste sofort, dass ich in Schwierigkeiten war.
    Einen Hinweis bot mir der Umstand, dass ich nicht etwa den dicken Teppich der Suite unter meinen Füßen spürte, sondern glattes, feuchtes Gras. Ein anderer bestand aus dem kalten Glanz von Mirceas Ballsaal in dunkler Nacht – einer Nacht, die inzwischen eigentlich vorüber sein sollte. Hinzu kam eine Faust, die mich am Kiefer traf, mit solcher Wucht, dass ich zu Boden ging.
    »Armseliges, schwaches, dummes Kind. Und du hast den großen Apollo getötet?« Etwas griff in mein Gehirn, etwas, das sich nach einem Regen aus Quecksilber anfühlte. Es war kalt, brannte aber über meine Nervenstränge. »Obszön.«
    Ich sah nicht, wer mich angriff – der Übergang von mattem Sonnenschein zu rabenschwarzer Finsternis machte mich halb blind –, aber ich war in dieser Hinsicht auch nicht sehr neugierig. Ich streckte die Hand nach Mircea aus, um mit ihm zu springen, fand ihn aber nicht. Sein fester Griff hatte meine Hand verlassen, und ich bezweifelte, dass er einfach losgelassen hatte. Zum einen konnte ich mich nicht daran erinnern, dass er mit mir materialisiert war, und zum anderen…
    Zum anderen hatte er meistens etwas dagegen, wenn mir jemand in die Rippen trat.
    Der Schmerz raubte mir den Atem, fühlte sich wie ein Dolch an, der sich mir in die Seite bohrte. Tränen quollen mir in die Augen.
    Aber es war nicht so schlimm, dass es mich an einem Sprung gehindert hätte. Nein, so schlimm war etwas anderes, das mich zurückriss, als ich versuchte, mich mit einem Sprung in Sicherheit zu bringen.
    »O nein, diesmal nicht, kleine Pythia.« Ein Stiefel kam auf mein Handgelenk herab, drückte es in den Schmutz, schickte mir Schmerz in den Arm – und hielt meine Messer am Boden fest. Meine Hand zuckte, öffnete sich und ließ ein Teegebäck fallen, das sie noch immer gehalten hatte.
    »Diesmal machst du dich nicht aus den Staub, und diesmal helfen dir auch keine mächtigen Freunde. Diesmal musst du ganz allein zurechtkommen.«
    Ich sah zu dunklen, brodelnden Wolken auf, in denen Blitze flackerten, deren Licht in ein Gesicht fiel. Es verschwamm vor meinen tränenden Augen, oder vielleicht lag es am herabströmenden Regen, und ich konnte nicht genau erkennen, womit ich es zu tun hatte.
    Und dann sah ich deutlicher, was mir aber trotzdem nicht dabei half, einen klaren Eindruck von der Identität meines Gegners zu gewinnen.
    Auf den ersten Blick betrachtet handelte es sich um einen braunhaarigen Mann mit öligem Haar, schmalem Gesicht und einer langen Nase, die mir irgendwie vertraut erschien … Und dann rückte alles an seinen Platz. Niall, der übereifrige Nerver aus der Public-Relations-Abteilung. Ich hatte ihn deshalb nicht sofort erkannt, weil das Gesicht zwar genauso aussah, die Augen aber…
    Die Augen waren schrecklich.
    Nein,
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