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Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)

Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)

Titel: Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
Autoren: Susanne Becker
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war es nötig, dass Sanni den Rest der Anprobe anderswo absolvierte? Im Grunde war es Emma auch egal. Sie wollte nur so schnell wie möglich wieder zurück zur rotierenden Stichsäge, bevor sie von ihr mit einem Todesfluch belegt oder gar gekündigt wurde.
    Also stöckelte sie hinter dem Jüngling mit dem wichtigen Funkgerät her. Irgendwie erinnert er mich an den grinsenden Liftboy aus Pretty Woman , dachte Emma, während sie Alex folgte. Den Flur entlang, durch die schwere Eisentür, an einer ganzen Reihe neutral aussehender Wände vorbei, durch dunkle Ecken und Gänge. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wo sie sich gerade befand, und wollte es auch gar nicht wissen. Emma kam sich vor wie Theseus im Labyrinth, musste jedoch gerade feststellen, dass sie ihr Garnknäuel vergessen hatte. Und das bei einer Schneiderin! Nun ja, im Notfall könnte sie immer noch das fremde Hochzeitskleid auftrennen, dann hätte sie wenigstens einen Faden. Hauptsache, sie kam hier bald weg. Das Ganze dauerte sowieso schon viel zu lange.
    Plötzlich ertönte direkt über ihnen eine laute metallische Stimme, die heiser kommandierte: »Auf Anfang! Wir drehen!«
    Liftboy Alex blieb augenblicklich stehen und grinste nun gar nicht mehr, soweit Emma das bei der schummrigen Beleuchtung erkennen konnte. »Psst! Wir drehen«, hauchte er kaum hörbar, aber sichtlich aufgeregt. Zum Glück war die Lautsprecher-Ansage gleichen Inhalts deutlich lauter gewesen. Die Braut beschlich in diesem Moment das Gefühl, dass Alex, welche Funktion auch immer er haben mochte, noch nicht allzu lange in der Filmbranche arbeitete. Na, hoffentlich ging das gut.
    Emma klopfte vorsichtshalber – natürlich geräuschlos – dreimal gegen ihre Stirn und wartete darauf, dass ihr junger Begleiter Entwarnung gab.
    Dieser Tag verlief überhaupt nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatte. Eigentlich hatte sie gehofft, einem oder mehreren Prominenten zu begegnen, jetzt tappte sie im wahrsten Sinn des Wortes im Dunkeln. Schon gefühlte hundert Stunden lang trieb sie sich bei den »Amtlichen Gefühlen« herum, und nun stand sie mit einem planlosen Jüngelchen und in komplett fremdem Hochzeitsoutfit zwischen ungemütlichen Holzwänden herum und durfte sich weder rühren noch den Mund aufmachen. Beim Film hatte sie es sich wahrlich schöner vorgestellt.
    Trotz erhöhter Raupengefahr stand Emma kurz davor, ob dieser unerwartet harten Ernüchterung in Tränen auszubrechen. Da schnarrte der Lautsprecher: »Danke. Nächstes Bild.« Liftboy Alex entspannte sich, winkte sie geschäftig weiter und eilte selbst doppelt so schnell davon wie zuvor. Beinahe wäre sie in der Eile mit ihren hochhackigen Schuhen über die unzähligen am Boden liegenden Kabel gefallen. Sie raffte, so gut sie konnte, die Tülllagen des Rockes zusammen und stolperte in Richtung des gleißenden Lichts, das hinter der nächsten Wand verheißungsvoll strahlte.
    Und da stand sie nun. In einer offensichtlich nachgebauten Amtsstube der Serie. Vor einem ihr vollkommen unbekannten Filmteam. Im Brautkleid. Eine ganze Reihe der Anwesenden betrachtete sie mit neugierigen Blicken, andere waren in ihre Tätigkeiten vertieft und achteten gar nicht auf sie. Liftboy Alex flüsterte einem Kollegen etwas ins Ohr und verschwand unmittelbar danach, ohne auch nur »tschüs« gesagt zu haben. Emma fühlte sich so unwohl wie selten in ihrem Leben. Um den zahlreichen interessierten Augenpaaren auszuweichen, schaute sie zunächst einmal auf den Boden.
    Erst allmählich wurde ihr bewusst, dass um sie herum eifrig gearbeitet wurde. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass man Möbel, Requisiten und Scheinwerfer hinaus und herein trug. Manche der Filmschaffenden grüßten sie ganz beiläufig im Vorbeigehen. Das Stimmengewirr schwoll an, wie ein Bienenschwarm geriet der gesamte Apparat in Bewegung. Es summte und brummte überall, ohne wirklich laut zu sein, und langsam kam sie sich nicht mehr so vor, als würde nur sie allein im Mittelpunkt stehen.
    »Sind wir so weit? Dann erzähle ich euch jetzt kurz, was die beiden in der nächsten Szene treiben – selbstverständlich vorabendtauglich«, verkündete eine angenehme tiefe Stimme, und sofort herrschte Ruhe.
    Emma hob neugierig den Kopf. Wer war das, der mit nur wenigen Worten einen wild summenden Bienenschwarm ruhigstellen konnte? So etwas wie der Imker der Serienwelt?
    Alle hatten sofort innegehalten und blickten zu einem nicht allzu großen grauhaarigen, aber smarten Mann Anfang vierzig, der
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