Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verliebt in einen Unbekannten

Verliebt in einen Unbekannten

Titel: Verliebt in einen Unbekannten
Autoren: Lucy Robinson
Vom Netzwerk:
Loge, auf der »Privat« stand.
    Sie führte zu einem schmalen Gang mit schwarzen Vorhängen auf beiden Seiten. Blaue Glühbirnen spendeten schwaches Licht. Während der Pause hatte ich beobachtet, wie ein Techniker hinter dieser Tür verschwunden war. Ich zögerte einen Augenblick und überlegte, wie groß die Wahrscheinlichkeit sein mochte, dass ich erwischt und rausgeworfen wurde. Doch ich hatte einen Plan und fürchtete mich nicht, ihn umzusetzen. Zwar war ich nicht mehr länger Charlotte Lambert, die schottische Amazone, doch ich war Charley, die das tun wollte, was sie für das Beste hielt.
    Ich folgte dem schmalen Gang um eine Ecke und ein paar Stufen hinunter. Und da war sie. Bingo. In gedämpftem Licht und wunderbar still: die leere Bühne.
    Ich trat an den Bühnenrand und blickte in die Dunkelheit des Zuschauerraums.
    Ein paar Minuten atmete ich tief ein und aus, fühlte mich seltsam gestärkt von der Stille um mich herum. Doch dann meldete sich die Stimme in meinem Kopf zu Wort. Dein Plan ist dämlich und komplett verrückt , schimpfte sie. Außerdem ist er so romantisch wie ein Fischstäbchen! Ich versuchte, die Stimme zu ignorieren, doch sie wurde immer lauter. Furcht machte sich in meinem Verdauungsapparat bemerkbar, und ich hatte plötzlich das Gefühl, vom Inhalt meiner Handtasche niedergedrückt zu werden. Du bist ein Schwachkopf , teilte mir die Stimme mit. Vermutlich trinkt Sam gerade mit all diesen Fatzken Champagner – was willst du da tun? In die Garderobe hereinplatzen, ihn zu einer Toilette zerren und ihm zeigen, was du in deiner Tasche mit dir herumschleppst? Wie durchgeknallt bist du eigentlich?
    Ich setzte mich auf den Bühnenrand, ließ meine Beine in den Orchestergraben baumeln und fragte mich, ob ich meinen Plan nicht besser fallen lassen und mich davonstehlen sollte. Ich sah aus wie eine Bäuerin, nein, eher wie eine Landstreicherin, roch nach Hund, und meine ungewaschenen Haare klebten zusammen, als hätte ich ein Pfund Schmalz hineingeschmiert. In diesem Aufzug konnte ich unmöglich mit Sam reden.
    Â»Wow«, sagte eine Stimme hinter mir. Vor Schreck wäre ich fast von der Bühne gefallen.
    Es war Sam, der in der Mitte der Bühne stand, frisch geduscht, in einem schicken Hemd mit einer noch schickeren Hose, bereit für seine große Glitzerparty. Er sah zum Anbeißen aus.
    Â»Das ist ja ein ganz besonderes Outfit«, sagte er und musterte schaudernd meine Klamotten.
    Ich nickte. »Dafür habe ich stundenlang die Geschäfte durchstöbert.«
    Sam kam zu mir herüber und setzte sich neben mich. Ich atmete seinen sauberen, männlichen Duft ein, der einfach umwerfend war und mich schmerzhaft an meinen eigenen Hundegeruch erinnerte.
    Â»Ich habe heute Morgen geduscht«, platzte ich heraus.
    Sam kicherte. »Wir haben Monitore in unseren Garderoben, damit wir verfolgen können, was auf der Bühne los ist«, erzählte er mir. »Plötzlich habe ich diese seltsam gekleidete Gestalt herumschleichen sehen.«
    Â»Ich wollte mir nur einen Eindruck verschaffen«, teilte ich ihm mit. »Dir grünes Licht für deine Schauspielerei geben …«
    Sam lächelte nachsichtig. Ich konnte kaum ertragen, wie gut er aussah.
    Â»Wo ist dein Kolonialherrenschnurrbart?«, trompetete ich in die Stille hinein.
    Â»Der war nur angeklebt«, erwiderte er. »Seit sechs Wochen versuche ich schon, mir einen anständigen Schnauzer wachsen zu lassen – aber keine Chance. Außer ungleichmäßigem Flaum kommt da nichts. Die Perückenmacherin hat ihn extra für mich angefertigt. Gefällt er dir?«
    Ich nickte, unfähig, auch nur ein Wort herauszubringen.
    Da siehst du’s , teilte mir die Stimme in meinem Kopf mit. Im richtigen Leben funktioniert das nicht. Nur, wenn ihr euch E-Mails schickt. IHR KÖNNT NICHT MITEINANDER REDEN .
    Ausnahmsweise einmal hatte mein Kopf recht. Hier saß ich, allein mit Sam, und platzte fast, weil ich ihm so viel sagen wollte, doch ich bekam kein Wort heraus.
    Was bedeutete, dass ich zu Plan B greifen musste.
    Wie in Zeitlupe steckte ich meine Hand in die Tasche und zog mein Notebook heraus, das ich Sam reichte.
    Verwirrt streckte er die Hand danach aus, während ich das gigantische schwarze Trumm hervorholte, das meine Eltern als Laptop benutzten, und auf meinen Knien platzierte. Ich öffnete es, und auf dem Bildschirm
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher