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Verliebt in einen Fremden

Verliebt in einen Fremden

Titel: Verliebt in einen Fremden
Autoren: Brown Sandra
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verletzten sie tief. Richtig, es war ja längst nicht alles so, wie es ihm vorschwebte, nicht wahr? Er lebte nicht mit der Frau zusammen, die er wirklich liebte. Stattdessen war er mit einer Ehefrau geschlagen, deren Präsenz er kaum ertrug. Bestimmt ging sie Zack ganz fürchterlich auf die Nerven! Am liebsten hätte Camille seine große, starke Hand gefasst, die ausgestreckt auf dem Tisch lag, und ihm hoch und heilig versichert, dass sie keinen Tag länger als nötig bei ihm bliebe. Sie wollte gleich nach dem Erntedankfest abreisen. Damit hätte sie ihr Versprechen gegenüber Rayburn gehalten und gleichzeitig die unvermeidliche Trennung eingeleitet. Sie würde sang- und klanglos aus seinem Leben verschwinden – genauso unspektakulär wie vor zwei Jahren in Utah. Und dieses Mal wäre er tief erleichtert und nicht etwa verbittert wie damals. Sein männliches Ego bliebe unangekratzt, ansonsten würde er Trost in Ericas willigen Armen finden.
    Â»Bist du fertig?«, unterbrach Zack ihre Spekulationen.
    Â»Ja«, antwortete sie matt. Er kam an ihren Platz und zog ihr aufmerksam den Stuhl zurück. Als er die Rechnung bezahlt hatte und sie im Eingangsbereich standen, half er ihr höflich in den Mantel. Seine zupackenden Hände lagen sekundenlang auf ihren Schultern, ehe er sie fortzog. Camille
hätte nichts lieber getan, als sich schützend in seine starken Arme zu kuscheln. Wenn er sie doch nur noch ein einziges Mal umarmen würde, könnte sie die Erinnerung in ihrem einsamen Herzen verschließen, und der Abschied wäre vielleicht nicht ganz so schmerzvoll. Andererseits – würde eine solche Umarmung es ihr nicht noch schwerer machen, ihn zu verlassen?
    Es regnete noch immer, als sie aus dem gemütlichen Restaurant hinaus ins Freie traten. Zack ließ den Schirm aufschnappen und hielt ihn über Camille, während sie den Rückweg zum Wagen antraten. Der Fluss war kaum zu erkennen vor der Unwetterwand, die den Abend in unheilvolles Dunkel tauchte.
    Sie schlenderten an einer Taverne vorbei, und als Camille durch die riesigen Glasfronten ins Innere spähte, bemerkte sie, dass diese kaum besucht war. Nur eine Hand voll Leute flipperte oder spielte Backgammon, saß an kleinen Tischen im weichen Lampenschein und nahm einen Drink zu sich. Gedämpft drang eine Melodie aus der Musicbox durch die alten Mauern, und Camille erkannte darin eine bekannte Ballade wieder. Wann immer sie später, noch Jahre nach diesem Abend, dieses Lied hörte, schauderte es sie, weil sie schlagartig daran erinnert wurde, was nur wenige Sekunden darauf passiert war.
    Ein merkwürdiges Geräusch ließ Camille plötzlich aufmerken. Es war unbeschreiblich – ein dumpfes Knirschen, gefolgt von einem schmatzenden Sauggeräusch. Wie auf Kommando blieben sie und Zack mitten auf dem Gehweg stehen und lauschten auf dieses unheimliche, anschwellende Dröhnen.
    Ein weiterer Blick in das Tavernenfenster – und Camille erstarrte. Die Rückwand des Gebäudes schien sich um mehrere Zentimeter nach vorn zu schieben, bevor sie einstürzte.
Die riesige Uhr mit der flimmernden Neonwerbung für eine Biermarke fiel von der Wand und zerbrach in ihre Einzelteile. Alte, dekorativ gerahmte Filmposter schwankten bedrohlich an ihren Haken, donnerten zu Boden und wurden von einstürzenden Ziegeln und abbröckelndem Mörtel begraben.
    Was passierte da mit ihnen? Was konnte das sein? Ein Tornado? Nein, es gab keinen Sturm. Ein Erdbeben? Nein, der Boden unter ihren Füßen vibrierte kein bisschen, auch wenn sich Camille sicher war, dass das entsetzliche Rumoren ganz danach klang.
    Die wenigen Gäste in der Bar verstummten augenblicklich. Spiel und Geselligkeit waren schlagartig ausgeblendet, alle starrten wie gelähmt auf das einstürzende Mauerwerk. Dann beflügelte sie die Angst. Fluchtartig rannten sie zur Tür, das Entsetzen auf ihren Gesichtern gemalt, schrien sie aus Leibeskräften.
    Â»Grundgütiger! Es hat einen Erdrutsch gegeben!«, brüllte Zack an ihrem Ohr. Er zerrte an ihrem Ellbogen, um sie aus ihrem Hypnosezustand zu lösen. Camille war kaum ein paar Meter neben ihm hergelaufen, als die gesamte Hausfront vor ihren Augen krachend in sich zusammenbrach. Holz, Ziegel und Glas wurden von dem schmatzenden Sog knirschend zusammengeballt und unaufhaltsam vorwärts geschoben. Wie Dominosteine gab ein Gebäudeteil nach dem
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