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Verlieb dich nie in einen Vargas

Verlieb dich nie in einen Vargas

Titel: Verlieb dich nie in einen Vargas
Autoren: Sarah Ockler
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Gestank nach Motoröl und Schweiß meine Nase, und mir schossen die vielen Dinge durch den Kopf, die ich während des endlos langen Sommers nach dem Abschluss eigentlich hätte tun sollen: Sachen fürs Wohnheimzimmer kaufen. Sommertheater mit der Upstart-Crow-Truppe spielen. Eiskalten Javakaffee im Witch’s Brew schlürfen und mit den Kanuten von der Ostküste flirten, die Blackfeather jeden Juni überschwemmten.
    Das Gefühl von Papis warmer Hand auf meiner Schulter holte mich in die Gegenwart zurück. Wir waren vor dem Ladentresen angekommen. Durch die Glastür dahinter konnte man in die Garage gucken, einen großen Raum mit Zementfußboden, in dem überall Motorradteile und Lappen und ölverschmierte Mechaniker verteilt waren.
    Der Typ, der durch die Tür kam, hatte einen schmalen Mund, den er unter einem struppigen blonden Bart verbarg. Bei seinem Anblick musste ich an die Kerle mit den Fuchsschwänzen denken, die den ganzen Sommer über durch Old Town cruisten. Er wischte sich die Hände an einem schmutzigen Lappen ab, als er uns begrüßte, und sein Blick blieb an meinem T-Shirt hängen, das er kritisch beäugte.
    Jesses. Ich nehme mal an, Pancake wollte nur nett sein, als er meinem Outfit am Morgen das beifällige dreifache Wuff - Wuff gegeben hatte.
    »Wir benötigen einige Infos über die Reparatur einer alten Harley mit Panhead-Motor«, sagte ich. »Und einen Mechaniker, der bei uns zu Hause an ihr arbeitet. Bei Blackfeather Harley haben sie gemeint, Sie könnten meinem Dad einen besseren Deal anbieten.«
    Das Lächeln des Typen wurde wärmer, als ich Dad sagte, und ich entspannte mich. Aber nur ein bisschen, da besagte Shorts noch immer versuchten, via Pobacken-Pass in den Sonnenuntergang zu reiten, und es eine ziemliche Herausforderung war, stillzustehen.
    »Wir können es zumindest versuchen, Täubchen.« Er sprach um einen abgenagten Zahnstocher herum, der wahrscheinlich schon seit den Siebzigern in seinem Mund steckte. »Mein Name ist Duke. Was habt ihr für mich?«
    »Einundsechziger mit Duo-Glide. Hab sie ihrem ursprünglichen Besitzer achtundsiebzig in Buenos Aires abgekauft.« Papi ratterte die Fakten herunter, bis hin zum Tachostand und den Anpassungen, die er vorgenommen hatte, bevor er mit siebzehn auf dem Motorrad durch sein Heimatland gebrettert war.
    Die Story war von der Sorte, die einen echt umhaut – ich hatte bis jetzt nicht mal alles zu hören bekommen –, und Dukes Miene leuchtete, während er der Erzählung lauschte.
    Sie war abenteuerlich.
    Wagemutig.
    Was für beinharte Jungs.
    Das war der Bär Hernandez, den alle kannten und liebten. Nicht der Typ, der seine Socken grillte oder den Weg von der Arbeit nach Hause vergaß. Papis Augen strahlten, während er redete, und er drückte meine Schulter, und mein Herz legte genau hinter Van Halens Gesicht einen Trommelwirbel hin.
    Mein alter Papi war noch immer irgendwo da drinnen – ich wusste es einfach.
    Das Motorrad würde ihn zurückbringen. Wir mussten es nur wieder zum Laufen bringen. Ein paar neue Teile, einmal überlackieren, und es würde so gut wie neu sein.
    Ich reichte Duke mein Handy, um ihm die Fotos zu zeigen, die ich am Morgen gemacht hatte.
    »Wow«, sagte Duke. »Sie hatten sie die ganze Zeit über eingemottet?«
    » S í . Für sie hieß es Leerlauf, seit …« Papi musterte Pancake mit zusammengekniffenen Augen, als stünde die Antwort in seinen großen braunen Hundeaugen geschrieben. »Ich bin ziemlich sicher, dass Reagan noch regierte, als ich sie das letzte Mal gefahren bin. Sie springt nicht mehr an. Die Bremsschläuche sind auch hinüber, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Die Reifen sind ganz matschig«, warf ich um Hilfe bemüht ein. »Und ein paar dieser Dingsbumsrohre an der Seite sind lose.« Ich zog den Saum meines T-Shirts über den Streifen Haut, der sich jedes Mal zeigte, wenn ich zu tief Luft holte. Dingsbumsrohre . Matschige Reifen . Meine ausgiebige Recherche hatte sich offenbar nicht auf die technischen Fachbegriffe erstreckt.
    Duke inspizierte das Foto. Die Farbe war verblasst, sie war von Rost und Staub überzogen, aber es fiel nicht schwer, sich ihre glorreichen Tage auszumalen. Babyblau und Cremeweiß, Chrom, der funkelte wie helles Licht. Einst war sie bestimmt unbesiegbar gewesen, hatte Meile um Meile jener argentinischen Bergstraßen gefressen.
    Und dann hatten meine Eltern geheiratet. Waren in die Staaten gezogen. Hatten Lourdes bekommen. Araceli. Mariposa. Und acht Jahre darauf
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