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Verirrte Herzen

Verirrte Herzen

Titel: Verirrte Herzen
Autoren: Julia Schoening
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ihrem Geburtstag zu kommen.
    Anne erinnerte sich noch gut, wie Caro plötzlich vor ihr stand. Ihre blonden Haare streng zurückgekämmt, die funkelnden Augen auf sie gerichtet. Aus der Ferne wirkte sie kühl und unnahbar, dennoch spürte Anne eine von Caro ausgehende Faszination. Irgendwie kamen sie dann ins Gespräch. Caro war nicht im entferntesten so, wie es ihr Auftreten hätte erwarten lassen. Sie strahlte auf Anne eine ungeheure Wärme aus. Anne fühlte sich in ihrer Gegenwart gleich sehr wohl. Sie verstanden sich auf Anhieb blendend, und es war das erste Mal seit langer Zeit, dass Anne einen ganzen Abend lang Spaß hatte und lachen konnte.
    »Bitte alle aussteigen«, riss Caros Stimme sie aus ihren Gedanken.
    Anne kletterte aus dem Wagen. Ein eisiger Wind empfing sie, doch die klare, kalte Luft war sehr angenehm, und sie konnte den Schnee, der alles um sie herum in ein dichtes Weiß tauchte, förmlich riechen. Sie atmete einmal tief ein. Die Landschaft war herrlich.
    Vielleicht könnten wir später einen kleinen Spaziergang machen und ein bisschen die winterliche Atmosphäre genießen, dachte Anne.
    »Mama, jetzt hilf mir endlich«, quengelte Lilly, die es offensichtlich gar nicht mehr erwarten konnte, von der Rückbank befreit zu werden. Sie wollte endlich in den Schnee.
    Mit einem Schmunzeln öffnete Anne ihrer Tochter die Tür und half ihr aus dem Sitz. Lilly klatschte vergnügt in die Hände und ließ sich von ihrer Mutter aus dem Wagen heben.
    Unterdessen holte Caro den großen Rucksack mit den Schlittschuhen aus dem Kofferraum und warf ihn sich über die Schultern. Etwas orientierungslos drehte sie sich um sich selbst, bis sie den Waldweg, der sie direkt zum See führen sollte, entdeckt hatte. »Da müssen wir lang«, sagte sie und zeigte auf die von Bäumen halb verdeckte Einmündung.
    Den Hals mit einem Schal umwickelt und dick eingepackt in Handschuhe und Mützen stapften sie auf dem schmalen Pfad durch den knirschenden Schnee. Äste knackten unter ihren Stiefeln. Der Schneefall hatte nachgelassen.
    Lilly rannte voraus, und Caro und Anne hatten Mühe, sie nicht aus den Augen zu verlieren.
    »Nicht so schnell. Sonst fällst du noch hin«, rief Anne ihrer Tochter nach.
    Aber Lilly hörte Annes mütterlich besorgte Aufforderung nicht und tollte glucksend durch die weiße Pracht. Zu Hause in Bochum hatte sie noch nicht oft das Vergnügen gehabt. Nur selten verirrten sich einmal ein paar Schneeflocken ins Ruhrgebiet. Lilly genoss es sichtlich.
    Hand in Hand schlenderten die beiden Frauen hinterher.
    Anne konnte sich gerade nichts Schöneres auf der Welt vorstellen. Caros Nähe zu spüren, bedeutete für sie Geborgenheit. Sie bemerkte ein verliebtes Kribbeln in ihrer Magengegend.
    Plötzlich trafen sie Schneebälle aus dem Hinterhalt.
    Sofort war Caro Feuer und Flamme und stürmte lachend in Lillys Richtung los. »Na warte, kleines Fräulein. Das bekommst du zurück.«
    Und schon lieferten sich die drei eine ausgelassene Schneeballschlacht. Begeistert formte Caro einen Schneeball nach dem anderen und zielte nun auch auf Anne, die das leise Gefühl beschlich, dass es die beiden ausschließlich auf sie abgesehen hatten.
    »Guck mal, Mama ist schon ganz weiß«, grinste Lilly, und Caro flüsterte ihr geheimnisvoll etwas ins Ohr. Anscheinend war sie davon ganz begeistert, denn ihr Grinsen wurde noch breiter.
    Mit einem Schlag herrschte Ruhe. Lilly hatte keine Augen mehr für den Schnee, sondern rannte weiter zum See.
    Anne schüttelte den Kopf. »Was ist denn jetzt passiert?«
    »Ich habe ihr nur gesagt, dass wir doch jetzt aufs Eis könnten, damit wir sehen, ob du das überhaupt kannst oder ob du vielleicht die ganze Zeit hinfällst.« Caro knuffte Anne neckisch in die Seite und lächelte ihr entwaffnend zu.
    Diesem Lächeln konnte Anne nie lange widerstehen. »Warte nur ab, ich werde es euch schon beweisen«, gab sich Anne zuversichtlich.
    An einer kleinen Bank angekommen zogen sie sich ihre Schlittschuhe an und wagten sich mit wackeligen Beinen auf die Eisfläche.
    Caro, die weitaus besser als Anne vorwärts kam, hatte Lilly an die Hand genommen und flitzte mit ihr über den See. Für ihren ersten Versuch stellte sich die Kleine richtig gut an.
    »Deine Tochter hat Talent. Jedenfalls mehr als du«, kommentierte Caro Annes unbeholfene Bewegungen. Dabei zwinkerte sie ihrer Freundin zu.
    Doch Anne warf Caro nur einen gespielt bösen Blick zu und verzog das Gesicht zu einer Grimasse, während sie sich weiter
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