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Verirrte Herzen

Verirrte Herzen

Titel: Verirrte Herzen
Autoren: Julia Schoening
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die Uhr benötigte, könnte sie dieses Wagnis doch eigentlich eingehen und sich auch wieder mehr um sich selbst kümmern.
    Dass sie daran noch nicht gedacht hatte. Euphorisch sprang Anne von der Couch, um die aktuelle Tageszeitung im Altpapier zu suchen. Sie wollte jetzt sofort die Stellenanzeigen durchgehen. Gleichzeitig fuhr sie den PC hoch. Schließlich fand man heutzutage auch im Internet viele Angebote.
    Vor Aufregung beschleunigte sich ihr Herzschlag. Es wäre einfach wunderbar, die Vormittage zu nutzen, um wieder zu arbeiten.
    Gutgelaunt las Anne aufmerksam alle Stellenanzeigen, die sie finden konnte. Bald musste sie jedoch ernüchtert feststellen, dass das Angebot nicht allzu groß war. Aber egal, das war im Moment nicht so wichtig. Sie freute sich erst einmal, dass sie überhaupt den Entschluss gefasst hatte, sich nach einer Arbeit umzusehen. Der Rest würde sich von allein ergeben.
    Es bedeutete zweifellos eine Mehrbelastung für sie, aber Anne war optimistisch und glaubte fest daran, dass sich der Wiedereinstieg in den Beruf schon irgendwie mit ihrem bisherigen Alltag vereinbaren ließe. Vor allem wenn Caro sie in ihrem Vorhaben unterstützte, klappte es sicher. Und Anne war fest davon überzeugt, dass Caro von ihrer Idee ebenfalls begeistert wäre und ihr so gut es ging unter die Arme greifen würde. Sobald sie am Abend etwas Ruhe hätten, würde Anne von ihren Plänen erzählen.
    Fröhlich pfeifend verließ sie die Wohnung, als es Zeit war, ihre Tochter abzuholen.
    Den gesamten Nachmittag über war Lilly vor Begeisterung kaum zu bremsen. Fast ohne Luft zu holen erzählte sie von ihren Erlebnissen im Kindergarten. Sie fand es großartig, mit anderen Kindern zu spielen und zu malen. Auch ihre Betreuerinnen mochte sie auf Anhieb. Es hatte ihr sehr viel Spaß gemacht, und zu Annes Leidwesen hatte sie ihre Mutter gar nicht vermisst und war richtig traurig gewesen, als sie nach Hause musste.
    Als Lilly am Abend vor Erschöpfung nach diesem anstrengenden Tag die Augen kaum noch offenhalten konnte, brachte Anne ihre Tochter ins Bett. Sie beschloss Lilly eine kleine Geschichte zu erzählen, um noch einmal möglichst viel Zeit mit ihr zu verbringen und so einen Teil der verlorengegangenen gemeinsamen Stunden des Vormittags nachzuholen.
    Sie setzte sich auf Lillys Bettkante und begann: »Es war einmal eine wunderschöne Prinzessin, die lebte in einem fernen Land, in dem jeder Mensch etwas ganz Besonderes und Einzigartiges war. So auch diese Prinzessin. Alle liebten die fröhliche Prinzessin und bewunderten ihre Schönheit, vor allem ihre langen, blonden Haare, die wie Gold in der Sonne glänzten.«
    »Mama? War diese Prinzessin genau so lieb und schön wie Caro?« Lilly sah Anne fragend mit ihren großen, blauen Augen an.
    Anne strich ihrer Tochter sanft die Haare aus dem Gesicht. »Ja, mein Schatz, fast so schön wie sie.« Kurz entfuhr ihr ein leiser Seufzer, aber dann erzählte sie weiter. »Eines Tages traf die Prinzessin ein sehr trauriges Mädchen, das vor lauter Traurigkeit gar nicht mehr wusste, was es machen sollte. Die Prinzessin sah das arme Mädchen fröhlich an, denn sie war immer glücklich, wenn sie neue Menschen traf. Doch als sie erkannte, dass das Mädchen so schrecklich traurig war, wurde auch sie ganz traurig und lud das Mädchen in ihren riesigen Palast ein, um dort mit ihm zu spielen und gemeinsam ein bisschen Spaß zu haben.« An Lillys gleichmäßigen Atemzügen merkte Anne, dass ihre Tochter mittlerweile tief und fest eingeschlafen war und fügte noch schnell hinzu: »Die beiden wurden dicke Freundinnen und lebten bis an ihr Lebensende glücklich zusammen im Palast der Prinzessin.«
    Vorsichtig gab Anne Lilly noch einen Kuss auf die Wange und verließ dann auf Zehenspitzen das Kinderzimmer.
    In ihren Gedanken hing sie immer noch dem Märchen nach, das sie eben ihrer Tochter erzählt hatte. Es wies doch einige Parallelen zu ihrem eigenen Leben während der letzten zwei Jahre auf, seit sie Caro getroffen und sich unsterblich in sie verliebt hatte. Langsam öffnete sie die Tür zum Wohnzimmer und sah Caro träumend auf der Couch sitzen.
    Sie war wirklich wunderschön, wie sie so dasaß, die langen Haare ausnahmsweise offen und ein bisschen verwuschelt, die tiefblauen Augen zum Boden gesenkt, und anstatt einem ihrer eleganten Hosenanzüge trug sie einen verwaschenen, blauen Schlafanzug.
    »Hallo, meine Prinzessin.« Anne blickte verträumt lächelnd zu Caro, blieb aber noch einen Augenblick
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