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Verhext

Titel: Verhext
Autoren: Amanda Quick
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sie war und was sie getan hatte, würde er sie mit Sicherheit verachten.
    »Großer Gott, ich glaube es einfach nicht«, murmelte Lord Ellis. »Masters ist hier.«
    Iphiginia starrte sprachlos in Richtung des großen, kräftig gebauten Mannes, der mit lässiger Arroganz die Treppe herunterkam. Ein Teil von ihr stellte verblüfft fest, daß er genauso aussah, wie sie ihn sich vorgestellt hatte: dunkelhaarig, von kühlem Stolz, ein Mann, der seinen eigenen Gesetzen folgte. Sie traute ihren Augen nicht.
    Doch das tat offenbar niemand.
    Einen Herzschlag lang verharrte der gesamte Ballsaal reglos. Dann brachen die Anwesenden in verwundertes Murmeln aus.
    Iphiginia hatte das Gefühl, als seien all die edlen Damen und eleganten Herren in einem Tropfen flüssigen Bernsteins gefangen, der sich verfestigt hatte und in dem sie nun erstarrt waren. Selbst die Flammen der zahlreichen Kerzen in den riesigen Kristalleuchtern schienen einen Augenblick lang nicht zu flackern.
    In der nächsten Sekunde wurde der Bernstein jedoch wieder flüssig und gab die schimmernden Geschöpfe wieder frei, die sofort begannen, wie zahllose leuchtende Insekten herumzuschwirren. Ihre grell leuchtenden Flügel flatterten vor Aufregung. Gespannte Erwartung blitzte in ihren harten Facettenaugen auf.
    Iphiginia kannte den Grund der allgemeinen Erregung. Alle Welt erwartete eine Szene - eine Szene, die genügend Stoff für den gesamten Klatsch der nächsten Tage bieten würde.
    Außerdem wußte sie, daß die Überraschung der Anwesenden von der Tatsache herrührte, daß niemand heute abend mit Masters’ Erscheinen gerechnet hatte. Es hatte geheißen, daß er sich für längere Zeit auf einem seiner Landsitze befand. Auf jeden Fall hatte niemand angenommen, daß er hier auftauchen würde, wo er mit seiner ehemaligen Mätresse konfrontiert wurde.
    Nur Iphiginia und die Menschen, die ihr am nächsten standen, hatten angenommen, daß er tot sei. Das hatte in der schrecklichen Nachricht des Erpressers gestanden, die deutlich gemacht hatte, daß Iphiginias Tante Zoe, Lady Guthrie, als nächste sterben würde, wenn sie den Forderungen des Schurken nicht nachkäme.
    Aber jetzt stand Masters vor ihr, ein Mensch aus Fleisch und Blut, und es ließ sich nicht leugnen, daß er nicht nur lebte, sondern offenbar auch bei bester Gesundheit war. Er strahlte die Gefährlichkeit eines großen Raubtieres aus.
    Offensichtlich hatte der Erpresser gelogen. Er hatte sich Masters’ Abreise aus London zunutze gemacht, um Zoe in Angst und Schrecken zu versetzen.
    Hin- und hergerissen zwischen Freude und Verzweiflung, beobachtete Iphiginia, wie Masters unaufhörlich näher kam. Ihr wurde klar, daß all ihre sorgsam zurechtgelegten Pläne plötzlich vollkommen über den Haufen geworfen wurden.
    Eine völlig neue Katastrophe drohte ihr und den Menschen, die ihr lieb und teuer waren. Masters wäre sicher nicht erfreut, wenn er erfuhr, daß er eine Mätresse hatte, der er noch nie in seinem Leben begegnet war. Noch dazu eine Mätresse, die die bessere Gesellschaft glauben machte, daß sie auf der Suche nach einem Ersatz für ihn war.
    Sicher würde er ihrer Maskerade ohne viel Federlesen ein Ende machen, dachte sie. Er würde sie bloßstellen als die Lügnerin, die sie war. Iphiginias Herz raste, als sie der geflüsterten Unterhaltung der Herren lauschte, die in ihrer Nähe standen.
    »Masters hatte schon immer Nerven wie Drahtseile.« Lord Lartmore, bleichgesichtig und klapperdürr, hob sein Champagnerglas und leerte es mit einem Zug. »Aber ich hätte nicht gedacht, daß er jemals in einem Ballsaal auftauchen würde, in dem Lady Starlight Hof hält. Das ist einfach viel zu erniedrigend.«
    »Bei Gott, das verspricht ein interessanter Abend zu werden.« Darrow, ein Mann mittleren Alters, dessen Bauch nur unzureichend von seiner schlechtsitzenden Jacke kaschiert wurde, warf einen forschenden Blick in Richtung von Iphiginia.
    Herbert Hoyt beugte sich in einer rührend beschützenden Geste näher zu Iphiginia. Seine blauen Augen, die normalerweise fröhlich blitzten, sahen sie besorgt an. »Tja, das Ganze dürfte etwas unangenehm werden. Nicht ohne guten Grund haben die Generäle die höchst nützliche Taktik des strategischen Rückzugs entwickelt, meine Liebe. Möchten Sie sie vielleicht anwenden? Ich stehe Ihnen selbstverständlich wie immer gern zur Verfügung.«
    Iphiginia rang um Fassung. Es fiel ihr schwer, auch nur normal zu atmen. Das Ganze konnte einfach nicht wahr sein. Irgend
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