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Verhängnisvoll - Felsing, K: Verhängnisvoll

Verhängnisvoll - Felsing, K: Verhängnisvoll

Titel: Verhängnisvoll - Felsing, K: Verhängnisvoll
Autoren: Kathy Felsing
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Sie musste Kraft sammeln, um sich neben der Tür auf die Lauer zu stellen und zu warten, bis er kam. Sobald er öffnete, würde sie ihm die Messerklinge in den Arm stoßen, die Tür aufreißen und losrennen. Wenn sie nur nicht so müde wäre, so müde. Sie zog die Decke um die Schultern und starrte Stunden an die Decke. Gleich würde er wiederkommen. Gleich!
    Let it burn, oh. Let it burn. Let it burn. *
    Sie tastete in ihrer leeren Jeanstasche. Hätte sie bloß ein Feuerzeug. Was sollte sie mit einem Messer? Sich umbringen, wo er bereits ihre Seele geraubt hatte? Der letzte Hauch erhob sich in imaginäre Lüfte und flog davon.
    Lass es brennen. Lass es brennen. Lass es brennen.
    Abends in Los Angeles, Kalifornien

    „Hi Natana.“ Reese schloss die Haustür, schlüpfte aus den Schuhen und schob sie mit der Fußspitze an die Wand unter der Garderobe. Ihre Nichte drehte den Kopf und winkte durch die offen stehende Wohnzimmertür in den Flur. Reese musste lachen. „Kannst du keine Sekunde lang die Finger von den Tasten lassen?“
    „Sofort. Will nur eben tschüss sagen.“
    Reese ging zu ihr und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „So war das nicht gemeint. Ich fand’s nur witzig, wie du blind in diesem Affentempo auf den Tasten rumhackst.“ Sie stützte sich auf die Lehne des Chefsessels, hob ihren Fuß und knetete die Sohle. „Machst du wieder die Jungs verrückt?“
    „Mach ich nie.“ Nat grinste breit. „Wenn die verrückt sind, sorgen sie selbst dafür.“
    Der rote Text in einem der vielen kleinen Dialogfenster fiel Reese ins Auge. „Du ignorierst sie?“
    „Spinner, ja.“
    „Sorry, ich wollte deinen Chat nicht lesen, das stach nur so hervor.“
    „Solchen Bescheuerten begegnet man häufiger. Man kann sie nur ignorieren.“
    „Darf ich?“ Sie war wie immer viel zu neugierig. Nat saß zwar an Reeses Computer, aber wenn sie selbst das Gerät benutzte, dann nicht zum Chatten.
    „Klar.“ Nat scrollte zum Beginn des Dialogs.
    „Und den Typen kennst du nicht?“
    „Nein. Hat mich das erste Mal angeschrieben.“
    „Ich hoffe, du triffst auf diesem Weg keine Verabredungen.“
    „In der Schule hängen seit Ewigkeiten Warnungen am Schwarzen Brett.“
    Reese schob sich an dem Sessel vorbei und setzte sich mit angezogenen Knien auf die Couch. „Dieser Killer hat zwei Menschen auf dem Gewissen. Vielleicht noch mehr. Er schnappt sich seine Opfer aus Chatrooms. Nicht irgendwo auf der Welt, weit weg, sondern jetzt und hier. Bei uns in L. A.!“
    „Ich bin vorsichtig, versprochen.“ Nat verdrehte die Augen.
    Reese musste seufzen. Wäre Natana ihre Tochter, hätte sie ihr strikt untersagt, sich mit Chatbekanntschaften zu treffen. Im gleichen Moment, als ihr der Gedanke durch den Kopf zog, korrigierte sie sich auch schon. Verbote reizten die Teenies erst recht und nutzten herzlich wenig. Nur was sollte man den jungen Leuten mit auf den Weg geben, das ihnen nicht bereits zu den Ohren heraushing, weil man es dutzendfach gesagt hatte? Dass man vorsichtig sein musste? Dass man jedem Menschen nur vor den Kopf sah? Dass im Internet Gefahren lauerten, derer man sich nicht bewusst war? Das wussten sie alles und es stoppte nicht ihren jugendlichen Erlebnishunger. Treffen dieser Art ließen sich nicht unterbinden. Es gab Dutzende Argumente und Gegenargumente und letztlich wusste man auch im realen Leben nicht, wem man in einem Pub, beim Skaten oder in der Mensa begegnete.
    „Wenn du dich wirklich mal mit jemandem triffst, dann geh nicht allein zu den ersten Dates. Nimm eine Freundin mit. Sagt euren Moms, wo ihr seid. Lasst euch hinbringen und abholen.“
    „Ich weiß. Mom hat mir das tausendmal gepredigt.“
    „Nat, das ist kein Predigen. Nimm das bitte ernst.“
    „Tu ich ja.“
    „Okay. Wo ist Alana eigentlich?“
    „Mom ist noch mit einem Makler unterwegs.“
    Reeses Zwillingsschwester Alana suchte seit Wochen nach einer bezahlbaren Wohnung. Seit sie sich von ihrer Jugendliebe Nate getrennt hatte, wohnte sie mit Natana in Reeses kleinem Apartment. Das Wohnzimmer glich einem Durchgangslager und selbst im Schlafzimmer stapelten sich die Umzugskartons rund um das Bett bis zur Decke.
    „Und wie war dein Tag?“ Natana hüpfte zu ihr aufs Sofa.
    „Ach, wie immer.“ Sie lehnte sich zurück und genoss die Fußmassage der Kleinen. Reese schloss die Augen. So klein war Nat gar nicht mehr. Nächstes Jahr wurde sie volljährig. Als Alana in Natanas Alter war, feierte das Mädchen bereits seinen dritten
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