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Vergiss die Toten nicht

Vergiss die Toten nicht

Titel: Vergiss die Toten nicht
Autoren: Mary Higgins Clark
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Büro, überlegte sie weiter. Ich rufe ihn an. Sie griff nach dem Hörer, zog die Hand aber wieder zurück. Nein, das werde ich nicht tun. Vor zwei Jahren, als er mich bat, nicht für Macs Sitz zu kandidieren, habe ich nachgegeben. Und das bereue ich seitdem jeden Tag. Wenn ich jetzt den ersten Schritt mache, wird er das als bedingungslose Kapitulation betrachten. Und es gibt überhaupt keinen Grund, warum ich auf eine Karriere verzichten sollte. Schließlich gibt es inzwischen genügend Frauen im Kongress, die Ehemänner und Kinder haben und sie lieben. Außerdem ist es ungerecht. Ich habe Adam ja auch nicht gebeten, seine Karriere als Architekt aufzugeben oder sich beruflich einzuschränken.
    Also arbeitete Nell entschlossen die Notizen für die Kolumne durch, die sie an diesem Morgen schreiben wollte. Nach einer Weile aber legte sie sie wieder weg. Sie konnte sich einfach nicht konzentrieren.
    Ständig musste sie an die vergangene Nacht denken.
    Adam war ins Bett gekrochen und fast auf der Stelle eingeschlafen. Als sie sein regelmäßiges Atmen gehört hatte, war sie näher an ihn herangerutscht. Im Schlaf hatte er den Arm um sie geschlungen und ihren Namen gemurmelt.
    Nel erinnerte sich an ihre erste Begegnung mit Adam auf einer Cocktailparty. Ihr erster Gedanke war, dass sie einem so attraktiven Mann wohl noch nie begegnet war. Es war vor allem sein Lächeln, sein zurückhaltendes, freundliches Lächeln.
    Gemeinsam hatten sie die Party verlassen und waren zum Essen gegangen. Er erzählte, er müsse für eine Weile geschäftlich verreisen und werde sie nach seiner Rückkehr anrufen. Erst vierzehn Tage später hatte er sich gemeldet – für Nell die längsten zwei Wochen ihres Lebens.
    In diesem Augenblick läutete das Telefon. Adam, dachte sie und griff nach dem Hörer.
    Es war ihr Großvater. »Nell, ich habe gerade die Zeitung gelesen. Hoffentlich hat Adam wegen der Ermittlungen gegen Walters und Arsdale nichts zu befürchten. Er hat während der fraglichen Zeit dort gearbeitet. Fal s also etwas faul war, muss er es gewusst haben. Er soll uns alles haarklein berichten. Ich will nicht, dass du seinetwegen die Wahl verlierst.«
    Nel holte tief Luft, bevor sie antwortete. Obwohl sie ihren Großvater von Herzen liebte, trieb er sie manchmal in den Wahnsinn. »Mac, Adam hat bei Walters und Arsdale gekündigt, weil er mit vielem, was sich dort tat, nicht einverstanden war.
    Also brauchst du, was ihn angeht, nichts zu befürchten.
    Außerdem habe ich dich erst gestern gebeten, nicht ständig über ihn herzuziehen.«
    »Tut mir leid.«
    »Das klingt aber gar nicht so.«

    Mac ignorierte ihren Einwand. »Wir sehen uns heute Abend.
    Übrigens habe ich Gerti angerufen, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren, und ich muss leider sagen, dass sie nicht mehr alle Tassen im Schrank hat. Sie hat mir erzählt, dass sie den Tag bei irgendeiner verdammten Séance verbringt. Zum Glück hat sie das Essen heute Abend nicht vergessen, und sie freut sich schon darauf. Außerdem möchte sie gern deinen Mann wiedersehen.
    Sie meinte, sie habe ihn schon eine Ewigkeit nicht mehr getroffen. Aus unerfindlichen Gründen vergöttert sie ihn.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Sie hat mich gefragt, ob sie ein paar dieser Spiritisten mitbringen kann, mit denen sie sich immer herumtreibt, aber das habe ich mir verbeten.«
    »Aber Mac, es ist immerhin ihr Geburtstag.«
    »Kann sein, doch in meinem Alter habe ich keine Lust darauf, dass irgendwelche Spinner mich – wenn auch nur aus der Ferne –
    beobachten, um herauszufinden, ob sich meine Aura verändert oder sogar nachlässt. Ich muss los. Bis heute Abend, Nell.«
    Nel legte auf und lehnte sich zurück. Sie stimmte ihrem Großvater darin zu, dass Gerti ziemlich exzentrisch war, allerdings nicht übergeschnappt, wie er behauptete. Nach dem Tod ihrer Eltern war Gerti ihr eine große Hilfe gewesen und für sie eine Mischung aus Ersatzmutter und Großmutter geworden.
    Und weil sie an das Übernatürliche glaubte, hatte sie auch verstanden, was Nell meinte, als sie ihr Gefühl schilderte, ihre Eltern seien bei ihr gewesen – am Tag ihres Todes und als sie in Hawaii in die Springtide geraten war. Gerti konnte das nachvollziehen, denn sie kannte solche Erlebnisse aus eigener Erfahrung.
    Nur, dass es für Gerti mehr als »Gefühle« sind, dachte Nell mit einem Schmunzeln. Sie beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit übernatürlichen Phänomenen. Nein, um Gertis Verstand machte Nel sich keine Sorgen, eher
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