Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergiss die Toten nicht

Vergiss die Toten nicht

Titel: Vergiss die Toten nicht
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
nicht genau sehen konnte. Als sie aufstehen wollte, schubste er sie mit seiner bandagierten Hand zurück. Sie bemerkte, wie er gequält das Gesicht verzog, und hörte Bonnie schreien: »Adam, nein, bitte nicht!«
    Dann schoss ihr ein scharfer Schmerz durch die Schläfe, und sie sank immer tiefer und tiefer…
    Aus weiter Ferne hörte Nell ein seltsames Seufzen und Stöhnen.
    Der Kopf tat ihr furchtbar weh. Ihr Haar und ihr Gesicht waren klebrig. Nach einer Weile wurde ihr klar, dass das Geräusch von ihr selbst kam.

    »Ich habe solche Kopfschmerzen«, flüsterte sie, und dann erinnerte sie sich wieder: Adam lebte. Er war hier.
    Jemand berührte sie. Wer war das? Was war da los?
    »Fester. Zieh es fester zu!« Das war Adams Stimme.
    Wo kommen die Schmerzen in meinen Beinen her?, fragte sich Nel .
    Als sie mühsam die Augen aufschlug, sah sie, dass Bonnie sich weinend über sie beugte. Sie hatte eine Rolle dicken Bindfaden in der Hand. Sie will mir die Füße fesseln, dachte Nel .
    Sie versuchte zu sprechen, aber sie brachte keinen Ton heraus.
    Tu es nicht, Bonnie, wollte sie sagen. Du hast nur noch wenige Minuten zu leben. Deine Aura ist jetzt pechschwarz. Lade so kurz vor deinem Tod keine weitere Schuld auf dein Gewissen.
    Bonnie zog ihr die Handgelenke zusammen, doch Nell spürte, wie sie ihr die Hand drückte. Sie wickelte zwar die Schnur darum, aber ziemlich locker.
    Sie will mir helfen, sagte sich Nell.
    »Beeil dich«, zischte Adam.
    Langsam wandte Nell den Kopf. Sie bemerkte einen Haufen zerknüllter Zeitungen auf dem Boden. Adam hielt eine Kerze dagegen. Die erste Flamme züngelte empor. Mein Gott, er zündete das Zimmer an! Nun war ihr auf einmal sonnenklar, was er vorhatte.
    »Jetzt zahle ich es dir mit gleicher Münze heim, Nell«, sagte Adam. »Ich will, dass du dieselben Schmerzen leidest wie ich.
    Alles ist nur deine Schuld. Du hast es vermasselt. Deinetwegen hatte ich den Schlüssel nicht. Und so, wie ich jetzt aussehe, konnte ich nicht einmal zur Bank gehen und die Leute dort überreden, mich an das Schließfach zu lassen. Nur wegen dir und diesem dämlichen Weib, das mir die falsche Jacke gebracht hat.«
    »Adam, warum…?«, stieß Nell hervor.

    »Warum? Fragst du mich allen Ernstes, warum? Bist du denn wirklich so blöd?« Seine Stimme klang gleichzeitig wütend und verächtlich. »Nie war ich gut genug für dich, war es nicht wert, mit den erlauchten Freunden deines Großvaters zu verkehren.
    Kapierst du denn nicht, dass mit deiner Kandidatur für mich alles vorbei gewesen wäre? In meiner Vergangenheit gibt es einige Dinge, die für eine zukünftige Kongressabgeordnete ein wenig peinlich hätten werden können. Wenn du nicht darauf bestanden hättest, Macs braves kleines Mädchen zu spielen und nach seiner Pfeife zu tanzen, hätte ich vielleicht eine Chance gehabt. Aber da du so versessen auf diesen Posten warst, blieb mir nichts anderes übrig. Ist dir nicht klar, was für ein Fest es für die Medien gewesen wäre, in meinem Vorleben herumzustochern? Das durfte ich auf keinen Fal zulassen.«
    Nun kniete Adam neben dem Bett und näherte sein Gesicht dem von Nell. »Also hast du mich dazu gezwungen, Nel . Du und Jimmy Ryan, dieser Waschlappen. Und Winifred mit ihren treuen Kuhaugen und ihren trockenen, aufgesprungenen Lippen. Tja, sei’s drum. Es war sowieso Zeit für einen Neuanfang.« Er stand auf und blickte zu ihr hinunter. »Kein Problem, dass ich dafür nicht so viel Geld habe wie geplant. Ich werde es schon schaffen.
    Ganz im Gegensatz zu dir. Lebe wohl, Nell.«
    »Adam, du kannst sie doch nicht umbringen!«, rief Bonnie und umklammerte seinen Arm. Die Flammen breiteten sich aus.
    »Bonnie, entweder bist du für mich oder gegen mich. Du hast die Wahl. Du kannst hier bei Nell bleiben oder mit mir zur Tür hinausspazieren.«
    In diesem Augenblick läutete es. Das schrille Geräusch hallte durch die kleine Wohnung. Die Zimmer füllten sich mit Qualm, als die Wände hinter den Tapeten Feuer fingen. »Aufmachen, Polizei!«, rief eine Stimme aus dem Treppenhaus.
    Adam lief in den Flur und sah nach der Wohnungstür. Dann kehrte er zurück und betrachtete Nell. »Hörst du sie, Nell? Sie wollen dir helfen. Aber weißt du was? Sie werden zu spät kommen. Dafür werde ich schon sorgen.« Er eilte erneut zur Tür und überprüfte Sicherheitsschloss und Riegel. Danach kam er wieder ins Schlafzimmer, schloss die Tür ab, riss den Schlüssel aus dem Schloss und schob mit der Schulter die Kommode davor.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher