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Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)

Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)

Titel: Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
Autoren: Pippa Wright
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ich. Unser Haus unterschied sich von den anderen durch eine Geranie, die ich vor die Haustür gestellt hatte und die trotz der winterlichen Kälte immer noch lebte. Darin sah ich ein verheißungsvolles Omen – auch für unsere Beziehung. Tante Lyd bog in die Zufahrt und stieg auf die Bremse. Beinahe wurden wir gegen die Windschutzscheibe geschleudert, bevor wir wieder in die Sitze zurückfielen, als der Wagen zum Stehen kam. Sie schaltete den Motor aus und öffnete ihren Sicherheitsgurt, damit sie sich zu mir drehen konnte.
    »Ich bin kein Snob. Und das sind sehr hübsche Häuser. Perfekte Häuser für andere Leute. Aber nicht für Rory Carmichael.«
    »Was meinst du damit, Tante Lyd?«
    »Ich meine: Wer bist du? Hast du das völlig vergessen?«
    »Nun, ich bin – ich bin …« Was sollte ich antworten? Martins Freundin. Das war ich gewesen . Die Hälfte von Martin und Rory. Aber ohne ihn – wer war ich?
    »Das werde ich dir erklären. Du bist die Nichte, die mit mir ins Victoria and Albert Museum gehen wollte, wenn sie mich als sechsjähriges Kind in London besuchte. Das Mädchen, das in Rouen die Kathedrale besichtigte, statt wie die anderen Dreizehnjährigen beim Schulausflug nach Frankreich vor dem Eiscreme-Kiosk Schlange zu stehen. Das Mädchen, das sich zum sechzehnten Geburtstag die Mitgliedschaft beim National Trust für Kultur- und Naturschutz wünschte. Damals fand ich’s ziemlich seltsam, und ich hätte dir lieber eine Kiste Alcopops geschenkt. Aber das warst du .«
    Schweigend biss ich mir wie ein schmollender Teenager auf die Lippen, während Tante Lyd weiternörgelte. Sicher, es stimmte – schon in meiner Kindheit hatte ich für alte Gebäude und Geschichte geschwärmt. Während andere Mädchen sich über Spielzeugschlösser freuten, blätterte ich in den National-Trust-Katalogen, als könnte ich im wuchtigen steinernen Kamin eines mittelalterlichen Hauses den Sinn des Lebens finden. Jedes Mal, wenn eine Ehe meiner Mutter gescheitert war, schleppte sie mich quer durchs Land, auf der Suche nach einem Neuanfang – bis sie es in England aufgab und der Liebe wegen nach Spanien zog. Deshalb war ich bis zur Besessenheit von Familien fasziniert, die seit vielen Generationen am selben Ort lebten. Ich beneidete sie um ihre Sicherheit und um das Wissen, wer sie waren und wohin sie gehörten.
    »Du hast ein erstklassiges Examen in Kunstgeschichte hingelegt. Dir wurde ein Studienplatz am Courtauld Institute angeboten, und du hättest deinen Magister machen können. Dass du es abgelehnt hast, finde ich immer noch idiotisch. Immerhin arbeitest du jetzt für Country House und schreibst Artikel über Kunst und jahrhundertealte Gebäude …«
    »Hätte ich mit Martin in eine mittelalterliche Festung ziehen sollen?«, unterbrach ich meine Tante ärgerlich und rutschte noch tiefer in meinen Sitz, als könnte ich mich in dem Müllberg auf dem Boden verstecken.
    »Sei nicht sarkastisch«, ermahnte sie mich abfällig. »Ich will nur rausfinden, warum du – Rory Carmichael, die alles Alte, Historische liebt –, warum du dir jemals eingebildet hast, du wärst hier glücklich gewesen.«
    Ich starrte auf meine Hände, die in meinem Schoß lagen, dann auf die kahlen Ziegel der Veranda. Um die harten Eckenkanten zu mildern, hatte ich Efeu pflanzen wollen. In ästhetischer Hinsicht war es wirklich nicht das Haus meiner Träume. Aber es bedeutete mir viel mehr als Architektur. Hier hatten wir Wurzeln geschlagen. In späteren Jahren hätte ich sagen können: Wir sind die Familie Peters aus North Sheen . Statt: Ich bin Rory aus – nun ja, aus überall, das ist etwas kompliziert. Das alles wollte ich meiner Tante nicht erklären. Während Mum von einer Ehe in die andere taumelte, hatte Tante Lyd sich, seit ich sie kannte, niemals auf eine richtige Beziehung eingelassen. Also würde sie es sowieso nicht verstehen.
    »Ich bin hier eingezogen, weil Martin es wollte und weil ich ihn liebe«, erwiderte ich. »In einer Beziehung muss man Kompromisse schließen. So funktioniert das nun mal.«
    Kopfschüttelnd drückte sie ihre Zigarette im überquellenden Aschenbecher aus und blies eine letzte Rauchwolke an die Windschutzscheibe, so dass das Glas beschlug. Das Haus verschwand hinter einer milchigen Schicht.
    »Ein Kompromiss bedeutet, dass man sich in der Mitte trifft, Rory. Um ins Leben eines anderen Menschen zu passen, musst du deine Identität nicht aufgeben.« Tante Lyd nahm ihre Handtasche vom Rücksitz, öffnete die Autotür
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