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Vergessene Welt

Vergessene Welt

Titel: Vergessene Welt
Autoren: Michael Crichton
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Dann knurrte es noch einmal und senkte den Kopf. Der
Unterkiefer berührte die Erde. Die Augen konnte Sarah nicht sehen, nur den Unterkiefer.
Der Tyrannosaurier schnupperte noch einmal, lange und langsam.
    Er konnte sie
riechen.
    Dodgson neben
ihr zitterte unkontrolliert. Sarah war dagegen merkwürdig ruhig. Sie wußte, was
sie tun mußte. Schnell drehte sie sich, bis sie sich mit Kopf und Schultern am
Hinterrad abstützen konnte. Dodgson drehte sich zu ihr um, als sie begann,
gegen seine Unterschenkel zu treten. Sie unter dem Auto hervorzuschieben.
    Dodgson wehrte
sich entsetzt und versuchte, dagegenzudrücken, aber sie war in einer viel besseren
Position. Zentimeter um Zentimeter rutschten seine Stiefel ins kalte Morgenlicht.
Dann seine Waden. Ächzend schob sie weiter, konzentrierte ihre ganze Kraft
darauf. Mit schriller Stimme rief Dodgson: »Verdammt, was soll denn das?«
    Sie hörte den
Tyrannosaurier knurren. Die großen Füße bewegten sich.
    »Aufhören!« rief
Dodgson. »Sind Sie verrückt? Aufhören!«
    Aber Sarah hörte
nicht auf. Sie stemmte einen Stiefel gegen seine Schulter und stieß zu. Zuerst
wehrte Dodgson sich noch, doch plötzlich rutschte sein Körper von ihr weg, und
sie sah, daß der Tyrannosaurier seine Beine im Maul hatte und ihn unter dem
Auto hervorzog.
    Dodgson packte
ihren Stiefel, versuchte sich festzuklammern, versuchte, sie mit hinauszuziehen.
Sie stieß ihm den anderen Stiefel ins Gesicht. Er ließ los. Und wurde hinausgezogen.
    Sie sah sein
entsetztes, aschfahles Gesicht, den weit aufgerissenen Mund. Kein Ton kam
heraus. Seine Finger gruben sich in den Schlamm und hinterließen tiefe Furchen,
während er weggezogen wurde. Dann lag er bäuchlings auf der Erde vor dem
Explorer. Alles war merkwürdig still. Dodgson drehte sich um und starrte nach
oben. Der Schatten des Tyrannosauriers fiel über ihn. Sie sah, wie der große
Kopf sich senkte, sah das weit aufgerissene Maul. Und dann hörte sie Dodgson
schreien, als die Kiefer sich um seinen Körper schlossen und er in die Höhe
gehoben wurde.
     
    Dodgson spürte, wie er in die Luft
stieg, sieben Meter hoch, und er konnte nicht aufhören zu schreien. Er wußte,
daß das Tier jeden Augenblick zubeißen und er sterben konnte. Aber es biß nicht
zu. Dodgson hatte stechende Schmerzen in der Seite, aber das Tier biß nicht zu.
Noch immer schreiend, spürte Dodgson, wie er in den Dschungel getragen wurde.
Äste peitschten ihm übers Gesicht. Der heiße, stinkende Atem des Tiers umwehte
ihn. Speichel tropfte auf seinen Rumpf. Er glaubte, vor Entsetzen ohnmächtig zu
werden.
     
    Im Laden verfolgten sie auf dem winzigen
Bildschirm, wie der Tyrannosaurier Dodgson im Maul davontrug. Über Funk hörten
sie seine blechernen Schreie.
    »Sehen Sie?«
sagte Malcolm. »Es gibt einen Gott.«
    Levine runzelte
die Stirn. »Der Rex hat ihn nicht getötet.« Er deutete auf den Bildschirm. »Da,
seine Arme und Beine bewegen sich noch. Warum hat er ihn nicht getötet?«
     
    Sarah wartete, bis die Schreie
verklungen waren. Dann kroch sie unter dem Auto hervor und streckte sich im Morgenlicht.
Sie öffnete die Tür und stieg ein. Der Schlüssel steckte, und sie faßte ihn mit
schlammigen Fingern. Sie drehte ihn.
    Ein Tuckern war
zu hören, und dann ein leises Jaulen. Alle Kontrollämpchen am Armaturenbrett
sprangen an. Dann Stille. Lief das Auto? Sie drehte am Lenkrad, und es ließ
sich leicht bewegen. Die Servolenkung funktionierte also.
    »Doc?«
    »Ja, Sarah.«
    »Das Auto läuft.
Ich komme zurück.«
    »Okay«, sagte
er. »Beeilen Sie sich.«
    Sie legte den
Gang ein und spürte, wie er einrastete. Das Auto war ungewöhnlich leise, fast geräuschlos.
Und deshalb konnte sie auch das schwache Knattern eines entfernten Hubschraubers
hören.
     
     
     

Tageslicht
     
     
    Sarah fuhr im Schrittempo die
Nebenstraße entlang. Das Geräusch des Hubschraubers wurde immer lauter. Dann
knatterte er direkt über ihr, doch durch das dichte Blätterdach konnte sie ihn
nicht sehen. Er schien nach rechts abzudrehen, in Richtung Süden.
    Das Funkgerät
klickte. »Sarah.«
    »Ja, Doc.«
    »Hören Sie, wir
können mit dem Hubschrauber keine Verbindung aufnehmen.«
    »Okay«, sagte
sie. Sie verstand, was jetzt zu tun war. »Wo ist der Landeplatz?«
    »Im Süden.
Ungefähr eine Meile. Da ist eine Lichtung. Nehmen Sie die Gratstraße.«
    Sarah hatte die
Weggabelung erreicht. Nach links führte die Gratstraße in Richtung Siedlung,
nach rechts offenbar direkt zum Landeplatz.
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