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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung
Autoren: Julie Hastrup
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und schloss die Tür.
    —
    Eine Stunde später
beschloss Rebekka, sich selbst zu entlassen. Michael half ihr in ein wartendes
Polizeiauto und fuhr sie so vorsichtig zurück ins Präsidium, als wäre sie aus
Glas. Er trug sie mehr oder weniger die Treppen hinauf, mit Unterstützung von
Egon, der durch die Anstrengung ganz außer Atem war.
    »Aber hallo, so schwer bin ich nun
auch wieder nicht«, konnte sie sich nicht verkneifen zu sagen, und die beiden
Kollegen sahen sich kurz an und brachen in Gelächter aus.
    Das Büro war mit Flaggen geschmückt. Sie war gerührt über diese
Aufmerksamkeit. Kurz darauf tauchten Teit Jørgensen, David, Susanne und Albæk
mit Kaffee und Plunderteilchen auf. Egon holte eine Flasche Aquavit heraus, den
er freigebig in weiße Plastikbecher schenkte.
    »Mein Gott, sehen Sie schrecklich aus«, rief Bettina laut und schlug
die Hände zusammen, als sie ins Zimmer trat und Rebekkas zerschundenes Gesicht
sah. »Haben Sie sich die Nase gebrochen?«
    Bettina beugte sich zu ihr vor, ihr schweres Parfüm kitzelte Rebekka
in den Nasenlöchern, und sie widerstand dem Drang, sie wegzustoßen.
    »Leider ja, aber die Ärzte haben mir versprochen, dass sie wieder
gerade wird«, schniefte sie und nahm das große Plunderteilchen, das Susanne ihr
reichte.
    »Möglicherweise sagen sie das nur, um Sie zu beruhigen. So etwas
weiß man nie«, sagte Bettina und drehte ihr den Rücken zu.
    Alle hoben ihre Becher und prosteten sich zu.
    »Vielen Dank, Rebekka, es war lehrreich, mit Ihnen
zusammenzuarbeiten. Wir werden Sie vermissen.« Teit Jørgensen lächelte mit
seinen schmalen Lippen, und die anderen nickten und prosteten sich erneut zu.
    »Ich möchte auch gerne einen Toast ausbringen.« Michael stand auf
und sah sich etwas schüchtern um, bis sein Blick auf Rebekka ruhte. »Rebekka,
es war ein Vergnügen, mit dir zu arbeiten. Ich habe so viel gelernt und …« Er
kam ins Stocken, doch seine Stimme war warm und sanft, und sie spürte vor
Freude ein Ziehen im Bauch und stellte zu ihrer Befriedigung fest, dass Bettina
verärgert die Stirn runzelte. Touché.
    Sie bedankte sich und hob ihren Becher.
    »Ich bleibe sitzen, weil mir noch alles wehtut«, sagte sie und
lachte kurz, was einen pochenden Schmerz in ihrem Kopf auslöste, »aber auch für
mich war es ein Vergnügen.« Sie biss in das weiche Plunderteilchen und spürte
den wackligen Zahn. Feste Nahrung musste noch warten, dachte sie verärgert und
leerte stattdessen den Becher mit Aquavit. Kurz darauf stürzten sich die Kollegen
in eine eifrige Diskussion über den Fall und bombardierten sie mit Fragen. Sie
erzählte erneut von dem Kampf mit Jane Mathiesen auf dem Gerüst, und alle
schüttelten ungläubig den Kopf.
    »Sind Sie sicher, dass Sie nicht doch noch etwas länger bei uns
bleiben können?«, fragte Susanne und tätschelte vorsichtig ihre Hand.
    »Leider ja. Ich habe mich entschlossen, morgen nach Hause zu fahren.
Mein Chef vermisst mich bestimmt schon«, sagte sie leise. »Ich bin noch einige
Wochen krankgeschrieben, aber meine eigenen vier Wände werden mir guttun. Mein
Problem ist nur, dass ich nicht selbst Auto fahren kann.« Sie zeigte auf ihren
verletzten Kopf.
    »Da kannst du doch bestimmt Abhilfe schaffen, Michael.« Teit
Jørgensen lachte und schlug Michael freundschaftlich auf den Rücken.
    Michaels Wangen färbten sich rot, und er sah sie nicht an, als er
antwortete: »Aber natürlich.«
    Bettina stöhnte leise, vor verhaltener Wut, wie Rebekka annahm.
    —
    Als sie allein war, rief
sie als Erstes ihre Eltern an. Ihre Mutter nahm ab und seufzte laut vor
Erleichterung, als sie Rebekkas Stimme hörte. In den folgenden Stunden wurde
Rebekka von Teit Jørgensen und Michael ausführlich über den Handlungshergang
befragt, von dem Moment an, als Mia sie angerufen hatte, bis sie unter dem
eingestürzten Gerüst wieder zu Bewusstsein gekommen war. Sie versuchte, sich an
alle Details zu erinnern, wiederholte jedes Wort, das Jane Mathiesen gesagt
hatte, während der Schmerz in ihrem Körper wütete.
    Die Pressekonferenz verlief wie
geplant. Rebekka fühlte sich zwar zu elend, um sich öffentlich zu äußern,
erklärte sich jedoch bereit, bei der Konferenz anwesend zu sein. Die Fotografen
belagerten sie und schossen Fotos, während Teit Jørgensen kurz und
professionell über die Aufklärung der Morde an Anna, Katja und Lene berichtete.
Der große Besprechungsraum kochte, die regionalen wie die überregionalen Medien
hatten den Fall intensiv
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