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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung
Autoren: Julie Hastrup
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Mathiesen drängte sich dicht an sie, der Atem
der Pfarrersfrau verfing sich in Rebekkas Nackenhaaren, während das Gerüst
unter ihnen schwankte.
    »Sie sind plötzlich in sich
zusammengesunken, als hätten Sie Krämpfe. Aber die Nummer können Sie vergessen«,
zischte ihr Jane Mathiesen ins Ohr.
    »Alex Pedersen«, murmelte Rebekka. Ihre Kräfte ließen nach, und sie
wusste, dass sie durchhalten, das Gespräch in Gang halten musste .
    »Ach, der Narr. Er ist es nicht wert, dass er einem leidtut.« Jane
Mathiesen schnaubte im Dunkeln. »Das bot sich an, Sie haben mir die Idee doch
förmlich auf dem Silbertablett serviert. Sie haben nach ihm gefahndet, die Presse
hat ihn verfolgt. Ich musste den Golfschläger nur noch bei ihm deponieren. Das
hätte auch geklappt, wenn nicht …«
    »Ihr Plan geht nicht auf. Katja wurde Freitagabend ermordet und zu
dem Zeitpunkt lag Alex todkrank mit einer Blutvergiftung im Krankenhaus.«
    »Ich habe andere Pläne, Rebekka Holm. Immer mit der Ruhe, alles wird
sich finden.« Jane Mathiesen lachte leise. Das Lachen zerriss die Stille auf
dem Dachboden und klang wie zerbrechendes Glas.
    »Sie werden jetzt springen, Rebekka Holm. Es ist vorbei.«
    Die Pistole bohrte sich tiefer in ihre Haut und schob Rebekka so
weit vor, dass ihr Oberkörper halb über den Rand des Gerüsts hing. Sie starrte
entsetzt in die schwarze Tiefe, als sie eine Bewegung im Dunkeln ausmachte.
    »Mama.«
    Die Stimme war laut und hell und ein wenig schrill. Jane Mathiesen
erstarrte, der Druck der Pistole ließ nach.
    »Mama«, klang es erneut. »Bist du da oben mit der Dame?«
    »Kenneth.« Jane Mathiesens Stimme klang wie ein Schrei, und Rebekka
ergriff die Chance. Mit einer heftigen Bewegung warf sie den Kopf zur Seite,
griff mit einer Hand hinter sich und bekam den Pistolenlauf zu fassen, während
sie mit der anderen ihre Angreiferin durch einen festen Stoß in die Seite von
sich wegstieß. Jane Mathiesen schrie überrascht auf, als ihr die Pistole aus
der Hand flog und Richtung Boden verschwand. Rebekka trat augenblicklich zu.
Sie traf die Pfarrersfrau mit einer solchen Wucht in den Bauch, dass diese das
Gleichgewicht verlor und mit lautem Krach hinschlug, das Gerüst nachgab und mit
einem gewaltigen Dröhnen in sich zusammenfiel. Beide stürzten in die Tiefe, während
Eisenrohre und Aluminiumplatten um sie herumflogen.
     
    Als Rebekka
wieder zu sich kommt, liegt sie am Strand. Sie zittert vor Kälte. Verwirrt
setzt sie sich in dem nassen Sand auf und spürt die Übelkeit heranrollen. Sie
erbricht sich heftig. Kaltes Salzwasser strömt aus ihr heraus. Ihr ist
schwindelig. Der Horizont vor ihr schwankt, alle Laute sind verstummt. Das Meer
braust nicht länger, die Möwen schreien nicht. Sie weiß, dass Robin fort ist.
Das Meer hat ihn verschluckt und sie ausgespuckt. Sie rollt sich wie eine
kleine Kugel im Sand zusammen und verschwindet in sich selbst.
    Jemand findet sie am
Strand. Krankenwagen und Polizei sind da. Decken, die auf der nackten Haut
kratzen. Beruhigende Worte. Sie wird von starken Armen weggetragen. Ein
Hubschrauber sucht den Strand ab. Warme Milch mit Honig. Die Eltern sitzen wie
erstarrt auf dem Sofa. Polizisten stehen mit steinernem Gesicht im Wohnzimmer
und erzählen, dass sie Robin gefunden haben. Tot. Der Schrei der Mutter erfüllt
das Haus. Ein Arzt wird gerufen. Rebekka fühlt nichts. Sie ist aus ihrem Körper
herausgetreten. Sie schwebt unter der Decke und sieht auf alle hinunter. Auf
die Mutter, den Vater, den Arzt, die Polizei und auf sich, zusammengerollt zu
einem kleinen Bündel auf dem Sofa. Die Mutter dreht sich zu ihr um. Sie sagt
nichts, aber sie sieht sie an. Normalerweise sind ihre Augen blau, doch jetzt
haben sich die Pupillen geweitet und bedecken die Iris. Ihre blauen Augen sind zu
schwarzen Löchern geworden.
     
    Rebekka wusste nicht, wie
lange sie in dem Schutt gelegen hatte, als sie langsam wieder zu sich kam. Sie
stöhnte laut auf vor Schmerzen, hatte ein Gefühl, als sei sie überfahren
worden. Jeder Knochen, jeder Muskel zog sich schmerzhaft zusammen, und wenn sie
tief einatmete, fuhr ein stechender Schmerz durch ihren Brustkorb. Ihr Mund war
trocken von geronnenem Blut, und der Staub kratzte im Hals. Sie versuchte zu
husten, doch ihr Körper krümmte sich vor Schmerz zusammen. Still lag sie da,
während sie sich zu orientieren versuchte, und die Erinnerung an den Kampf mit
Jane Mathiesen oben auf dem Gerüst kam in Bruchstücken zurück.
    »Jane.« Ihre Stimme war
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