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Vergangene Narben

Vergangene Narben

Titel: Vergangene Narben
Autoren: Stefanie Markstoller
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nichts mehr in Koenigshain halten. Eine Anstellung in den Ställen des Schlosses war mir dank Cheyennes Beziehungen bereits sicher, und bis ich mir eine eigene Wohnung gesucht hatte, würde ich sogar hier bei ihr und ihrer Familie wohnen können.
    Bei meiner Familie.
    Natürlich hoffte ich, dass mein Vater mitkommen würde, schließlich gab es keinen Grund mehr sich länger im Verborgenen zu verstecken, aber er haperte noch, traute sich nicht die trügerische Sicherhit zu verlassen. Fast zwei Monate waren all diese schrecklichen Erlebnisse nun her, zwei Monate voller Ruhe, in der uns das alte Leben zurückbekommen hatte, aber trotzdem war er immer äußerst angespannt, und sah sich ständig wachsam zu allen Seiten um. Er hatte mir nie erzählt, was ihm und Mama in der Gefangenschaft alles wiederfahren war. Genaugenommen sprach er mit mir überhaupt nicht über diese Ereignisse, doch ich spürte immer, wie sehr ihn das alles noch belastete. Es würde besser werden, da war ich mir sicher, doch es würde eben seine Zeit dauern.
    „Wo bist du nur mit deinen Gedanken?“ Geschickt öffnete Cio den Knopf meiner Jeans, und hauchte einen Kuss auf das freigewordene Stück Haut.
    „Bei meinem Vater“, sagte ich ganz ehrlich, und musste über den Ausdruck in seinem Gesicht schmunzeln. Das sah aber auch zu komisch aus.
    „Ich versuche dich gerade ich andere Hemisphären zu befördern, und du denkst an deinen Vater?“ Er klang nicht nur verwirrt, sondern auch ein kleinen wenig empört. „Sollte ich mir darüber vielleicht Gedanken machen?“ Langsam, als hätte er alle Zeit der Welt, rutschte er an mir hinauf, bis sein Gesicht über meinem schwebte. Dabei küsste er jedes Stückchen freier Haut, dessen er habhaft werden konnte, bevor sein warmer Atem wie eine Liebkosung über meine Lippen streichelte. „Oder vielleicht sogar Sorgen?“
    „Nein, ich denke das ist nicht nötig.“ Wie von selbst legte meine Hand sich an Wange, strich über die leichten Stoppeln hinauf zu seinem Haar, um ihm die Wollmütze vom Kopf zu ziehen. Ich liebte dieses Teil, es gehörte einfach zu ihm, aber wie ich festgestellt hatte, liebte ich es genauso ihm mit den Fingern durchs Haar zu fahren. „Ich habe nur darüber nachgedacht, dass er der einzige Grund ist, warum ich noch nicht in Tenor wohne, und dich nicht jeden Tag sehen kann.“
    „Zumindest nicht leibhaftig.“
    Ja, wir hatten uns angewöhnt, uns abends immer per Videochat zu sehen, nur leider war das nicht dasselbe, wie ihn zu berühren, oder zu fühlen. Deswegen ließ ich auch verlauten: „Fernbeziehungen sind scheiße.“
    „Sind doch nur noch ein paar Monate bis zu deinem Umzug.“
    „Ist trotzdem scheiße.“ Auch diese paar Monate konnten ganz schön lang werden, wenn ich ihn in dieser Zeit nur am Wochenende sehen konnte.
    „Hm“, machte er, und ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen. „Dann muss ich bis zu deiner Abreise wohl für dauerhaft bleibende Erinnerungen sorgen, die dich auch in meiner Abwesenheit warm halten.“
    „Bleibende Erinnerungen hören sich gut an.“ Nicht das er das noch nicht geschafft hätte.
    Diese offensichtliche Einladung nahm Cio nur zu gerne an. Als er mich dieses Mal küsste, ließ er keinen Zweifel daran, nach was ihm der Sinn stand. Wie er seine Zunge ins Spiel brachte, und mein Hemd zur Seite schob, um dort alles zu berühren, war nichts anderes als eine Eroberung. Und dieser kam ich nur zu gerne entgegen.
    Ich drängte mich gegen ihn, strich mit den Händen über die muskulösen Oberarme, über die kleine Narbe von der Schusswunde. Ich liebte diese Arme, und …
    „Nicht schon wieder.“
    Bei der weiblichen Stimme im Zimmer – die hier definitiv nichts zu suchen hatte – fuhren wir ertappt auseinander, und wirbelten mit den Köpfen zur Zimmertür herum. Bis eben war die noch geschlossen gewesen. Jetzt war sie nicht nur offen, jetzt stand auch noch Alina im Rahmen, und wusste scheinbar nicht, ob sie belustigt, oder verzweifelt dreinschauen sollte.
    Mir dagegen schoss die Schamesröte ins Gesicht, während ich hastig mein Hemd zuhielt. Ich war so in mein Tun mit Cio vertieft gewesen, dass ich alles außer ihm ausgeblendet hatte. Und so ertappt wie er guckte, hatte auch er nicht bemerkt, wie die Zimmertür aufgegangen war.
    „Gibt es in diesem Haus eigentlich niemanden mehr, der zum Zeitvertreib einfach mal Karten spielt?“, wollte Alina wissen. „Oder wenigstens die Tür abschließt?“
    „Im allgemein ist das nicht nötig,
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