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Verfuhrt auf dem Maskenball

Verfuhrt auf dem Maskenball

Titel: Verfuhrt auf dem Maskenball
Autoren: Joyce Brenda
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nicht ganz.

2. Kapitel
    Der Maskenball
    Anna war bereits für den Ball angekleidet, als Lizzie ihr gemeinsames Schlafzimmer betrat. Sie befand sich in einem Zustand äußerster Erregung. Noch hatte sie sich von der Begegnung mit Tyrell de Warenne am Tage zuvor nicht erholt, und sie vermochte kaum zu glauben, was da geschehen war. Nachdem sie den Nachmittag im Geiste wohl mindestens hundert Mal erneut durchlebt hatte, war sie zu dem Schluss gelangt, dass sie sich wie eine Närrin benommen hatte, wie ein dummes Kind, und dass er genau wusste, wie verliebt sie in ihn war. Ob sie es jetzt überhaupt noch wagen konnte, auf den Ball zu gehen? Aber natürlich konnte sie Mama unmöglich im Stich lassen.
    Als Lizzie am Vortag nach Hause gekommen war, hatte sie Kopfschmerzen vorgetäuscht, um sich in ihr Zimmer zurückziehen zu können, ohne jemandem von der Begegnung erzählen zu müssen. Jetzt blieb sie an der Tür stehen, in der Absicht, Anna um Rat und Unterstützung zu fragen, aber die Schwester sah so unglaublich reizend aus, dass sie ihre eigenen Sorgen für den Augenblick vergaß.
    Anna stand vor dem Spiegel und betrachtete sich kritisch. Sie trug ein tief ausgeschnittenes rotes Samtkleid im elisabethanischen Stil mit einer weißen Rüsche und einem Granatanhänger um den Hals. Nie hatte sie hübscher ausgesehen. Es war nicht einfach gewesen, neben einer so wunderschönen Schwester aufwachsen zu müssen. Schon in ihrer Kindheit wurde Anna ständig umschmeichelt, während man Lizzie ignorierte oder ihr schlicht den Kopf tätschelte. Mama war natürlich sehr stolz auf ihr schönes Kind gewesen und hatte Anna jedem gegenüber gelobt, der es hören wollte. Eifersüchtig war Lizzie nicht – sie liebte ihre Schwester und war ebenfalls sehr stolz auf sie –, aber sie hatte sich unscheinbar gefühlt und, was noch schlimmer war, ausgeschlossen.
    Auch für eine junge Frau war es nicht immer einfach, Annas Schwester zu sein, denn wenn sie gemeinsam durch die Stadt bummelten, geschah genau dasselbe. Britische Soldaten liefen Anna nach und versuchten, ihren Namen zu erfahren, aber Lizzie blieb für sie unsichtbar – außer wenn einer von ihnen sich an sie wandte, um Annas Aufmerksamkeit zu erregen. So oft, dass sie es gar nicht mehr zählen konnte, hatte Lizzie für ihre Schwester die Vermittlerrolle gespielt.
    Das Ironische dabei war, dass Lizzie große Ähnlichkeit mit ihrer älteren Schwester besaß, aber jeder Zug, der bei Anna einfach perfekt wirkte, schien bei Lizzie irgendwie schlichter ausgefallen zu sein. Anna besaß honigblondes, welliges Haar, Lizzie widerspenstiges rotblondes. Annas Augen leuchteten strahlend blau, während Lizzies grau waren. Annas Wangenknochen waren ausgeprägter, ihre Nase gerader und schmaler, ihre Lippen voller. Und ihre Figur war perfekt, schlank und doch kurvenreich. Jeder Mann drehte sich nach Anna um, niemand hatte bisher für Lizzie mehr als einen flüchtigen Blick übrig gehabt. Sie schien mit jeder Menschenmenge einfach zu verschmelzen.
    Mit der hohen weißen Rüsche, die ihr Gesicht umrahmte, und der unglaublich schmalen Taille sah Anna atemberaubend aus. Sie war gerade dabei, ihr Mieder zu richten, als Lizzie das Zimmer betrat.
    Manche Frauen bezichtigten Anna der Eitelkeit. Lizzie wusste, dass das nicht stimmte, obwohl Anna diesen Eindruck erwecken konnte, vor allem wenn andere Frauen ohnehin schon eifersüchtig waren wegen der Aufmerksamkeit, die sie auf sich zog. Ein paar von Mamas Freundinnen nannten sie hinter ihrem Rücken sogar leichtfertig. Aber auch sie waren eifersüchtig, denn Anna konnte jeden Verehrer haben, den sie wollte, was ihren Töchtern nicht gelang. Das lag daran, dass sie so heiter und sorglos war, keineswegs aber wild oder unmoralisch.
    Jetzt hatte Anna die Stirn gerunzelt, offensichtlich gefiel ihr irgendetwas an ihrem Kostüm nicht. Lizzie konnte sich nicht vorstellen, welchen Makel sie da entdeckt haben mochte. „Es ist perfekt, Anna“, sagte sie.
    „Meinst du wirklich?“ Anna drehte sich um, und augenblicklich schwand ihr Interesse an ihrem Kostüm. „Lizzie! Du hast nicht einmal begonnen, dein Haar zu frisieren. Ach, wir werden viel zu spät kommen“, rief sie ärgerlich. Dann hielt sie inne. „Bist du aufgeregt?“
    Lizzie biss sich auf die Lippen und brachte dann ein Lächeln zustande. Wenn sie auf dem Ball erschien, würde Tyrell sie bemerken. Immerhin waren sie nun bekannt miteinander. Würde er wieder über sie lachen? Was dachte er wohl von
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