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Verfuehrung in Florenz

Verfuehrung in Florenz

Titel: Verfuehrung in Florenz
Autoren: India Grey
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Dadurch erkannte sie wenigstens die berühmten Gesichter nicht und wurde nicht noch mehr eingeschüchtert.
    Sie zögerte und spürte, wie ihr das Lächeln auf dem Gesicht gefror. Sollte sie überhaupt lächeln? Sie wusste es nicht mehr. Auf einmal kam ihr das Publikum wie eine gesichtslose Masse vor. Es war unmöglich, aus diesem flüsternden Gewoge eine einzelne Person auszuwählen. Voll Panik zwang Eve sich, immer weiterzugehen, obwohl sie nichts lieber getan hätte, als auf dem schwindelerregend hohen Absatz kehrtzumachen und wegzulaufen.
    Da hinten, außerhalb des gleißenden Lichtscheins der Kristalllüster, lehnte ein Mann an einer Marmorsäule. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt, und in dem dunklen Anzug wirkten die Schultern vor dem hellen Marmor beeindruckend breit. Ganz im Gegensatz zu Eve wirkte die reglose Gestalt so unerschütterlich wie ein Fels in der Brandung – und unglaublich anziehend. Im Gegenlicht und ohne Brille konnte Eve den Mann nur schemenhaft erkennen, doch sie fühlte seinen Blick auf sich gerichtet.
    Ich schaffe das, dachte sie. Ja, ich schaffe es.
    Die herzerweichend schönen Klänge von „Madame Butterfly“ schwebten durch den Raum und berührten Eve mit ihrer bittersüßen erotischen Sehnsucht zutiefst. Schon immer hatten sie und Ellie diese Oper geliebt. Wenn ihre Mutter spätnachts die Arien auf dem alten Plattenspieler gespielt hatte, hatten sie und Ellie sich heimlich in ihren Nachthemden an die Treppe geschlichen. Die Melodie, vertraut wie ein Schlaflied, flößte Eve auf einmal Stärke und Selbstvertrauen ein.
    Alles um sie herum verschwand – die Kameras, das Publikum und die einschmeichelnde Stimme des Moderators im rosa Anzug. Ihre Welt bestand nur noch aus der Musik und den dunklen Augen des Fremden. Er bewegte sich noch immer nicht, doch während Eve auf ihn zuschritt, spürte sie seinen Blick, der ihre Haut zu durchdringen schien. Prickelnde Schauer überliefen sie, und sie spürte, wie die von ihm ausgehende sexuelle Energie ihren Eispanzer aus Unsicherheit und Schüchternheit zum Schmelzen brachte.
    Zum ersten Mal seit zwei Jahren fühlte Eve sich wieder richtig lebendig.
    Am Ende des Laufstegs blieb sie stehen und hob den Kopf. Ihr Blick traf den des Fremden über die Reihen der Zuschauer hinweg, und es schien Eve, als sprühten dabei Funken. Einen Augenblick erwog sie ernsthaft, vom Laufsteg hinunterzusteigen, direkt zu diesem Mann zu gehen und ihn zu verführen, wie Sienna gesagt hatte. Körperlich sehnte sie sich dermaßen nach ihm, dass es ihr den Atem verschlug. Das Verlangen, ihn zu berühren, in den Duft seiner Haut einzutauchen und seine warmen Lippen zu erforschen, überwältigte sie fast.
    Geblendet vom Blitzlichtgewitter der Fotografen, konnte Eve nichts Genaues mehr erkennen, doch die dunkle Silhouette ihres geheimnisvollen Retters war fest in ihr Gedächtnis eingebrannt. Energisch wandte sie sich ab und schritt den Laufsteg zurück. Noch immer spürte sie diesen magnetischen Blick auf sich gerichtet. Ihr wurde bewusst, dass sie unwillkürlich begonnen hatte, sich sinnlich in den Hüften zu wiegen, und obwohl ihr diese Bewegung fremd vorkam, konnte sie nicht damit aufhören. In den wenigen Sekunden, in denen sich ihr Blick und der des Mannes begegnet waren, hatte der Fremde sie wie ein mächtiger Magier in seinen Bann geschlagen. Heißes Verlangen durchströmte ihren Körper. Sie war von ihm besessen.
    Verstört verließ sie den Laufsteg und drängte sich zwischen den anderen Mädchen durch, die noch auf ihren Auftritt warteten. Von ihrem beifälligen Lächeln und den Gratulationen bekam sie nichts mit. Endlich in ihrer Ecke der Gemeinschaftsgarderobe angekommen, ließ sie sich auf einen Stuhl sinken und betrachtete sich im Spiegel.
    Bestimmt hatte Dornröschen unmittelbar nach dem Kuss des Prinzen genauso ausgesehen: benommen, verwirrt und eindeutig erregt. Die Person, die ihr aus dem Spiegel entgegenblickte, war nicht mehr das schüchterne und unsichere Mädchen, das sich vor fünf Minuten kaum hinter dem Vorhang hervorgewagt hatte. An ihre Stelle war eine lustvolle Verführerin mit geröteten Lippen und einer unausgesprochenen Einladung in den Augen getreten.
    Was das Horoskop verkündet hatte, war mit geradezu unheimlicher Treffsicherheit eingetreten. Eve kam es vor, als hätte sie geschlafen, bis die elektrisierende Ausstrahlung des Fremden sie schmerzhaft und lustvoll zugleich geweckt hatte.
    Seufzend stützte sie den Kopf in die Hände. Eine
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