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Verfuehrung auf Italienisch

Verfuehrung auf Italienisch

Titel: Verfuehrung auf Italienisch
Autoren: Sara Craven
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welche mit Sicherheit bestehenden Schwierigkeiten es zwischen ihnen auch gab, Be rnice machte ihren Vater glücklich. Und das war die Hauptsache.
    Zumindest sagte sich Clare das immer wieder. Aber durch John Marriots zweite Heirat hatten sich Clares Zukunftspläne zerschlagen. Aus der Traum, in die erfolgreiche Sprachenschule ihres Vaters in Cambridge als Partner einzusteigen. Bernice hatte dafür gesorgt, dass das keine Option mehr war. Vielleicht lag es daran, dass Bernices besitzergreifender Charakter kein Verständnis dafür aufbrachte, dass John und Clare nicht nur Vater und Tochter, sondern auch echte Freunde waren. Vielleicht lag es auch daran, dass Clare das Ebenbild ihrer Mutter war und Bernice es nicht ertragen konnte, ständig die lebendige Erinnerung an diese schöne Frau in Gestalt einer erwachsenen Tochter vor Augen zu haben.
    Jedes Mal, wenn Bernice Clare anschaute, sah sie den hellen, makellosen Teint, den Clare von ihrer Mutter geerbt hatte, das silbrig blonde Haar, die dunklen Augen mit den golden sprühenden Pünktchen und die vollen, fein geschwungenen Lippen, die sich jederze it zu einem warmen Lächeln verziehen konnten oder aus denen ein hell klingendes Lachen drang.
    Es war schwer gewesen, aber Clare hatte ihren Schmerz und ihre Enttäuschung hinuntergeschluckt und hatte sich als freiberufliche Englischlehrerin beworben.
    Glücklicherweise hatte sie sofort die renommierte Agentur gefunden, für die sie jetzt arbeitete. Mittlerweile hatte sie sich einen sehr guten Ruf erarbeitet, mit Können, Enthusiasmus und absoluter Vertrauenswürdigkeit. Sie seufzte leise. Die Dorellis waren ihr erster Fehlschlag. Deshalb hatte sie jetzt auch eine kleine Pause verdient, bevor sie den nächsten Auftrag annahm. Und im Hause ihrer Patentante würde sie sicher verwöhnt und verhätschelt werden. Das würde ihr mal ganz gut tun.
    Ein Donnergrollen über den Bergen ließ sie aus dem Wagenfenster nach oben blicken. Sie hatte noch ein ganzes Stück bis nach Cenacchio, wo Violetta lebte, vor sich. Sie würde genau in das Unwetter hineinfahren.
    Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als auch schon die ersten dicken Regentropfen auf die Windschutzscheibe prasselten. Sekunden später goss es in Strömen, sodass die Scheibenwischer des kleinen Fiats die Wassermassen kaum noch bewältigen konnten und die Sicht sehr schlecht wurde.
    Das waren nicht gerade die besten Bedingungen, um mit einem winzigen Auto auf einer unbekannten, kurvenreichen Strecke unterwegs zu sein. Also beschloss Clare, an den Straßenrand zu fahren. So ein Sommergewitter dauerte nie lange, sie würde es einfach aussitzen.
    Sie griff nach hinten auf den Rücksitz, holte den Fruchtsaft und das Sandwich vor, die sie unterwegs an einer Tankstelle gekauft hatte, und machte es sich gemütlich. Da draußen bot sich ihr ein überwältigendes Schauspiel der Naturgewalten, mit Blitz und Donner und einer schier undurchdringlichen Regenwand, und sie saß sicher und trocken in ihrem Auto. Sie griff ins Handschuhfach, um sich eine Serviette zu holen _ und stutzte. Da vorn, war das etwa ein Mensch? Unmöglich, bei diesem Wetter war niemand zu Fuß unterwegs. Und doch, als sie genauer hinsah, erkannte sie eine Gestalt, die die Straße entlanglief. Ein junges Mädchen mit einem großen Koffer in der Hand. Und es humpelte. Clare kurbelte das Seitenfenster herunter.

    Als das Mädchen mit dem Wagen auf einer Höhe war, fragte Clare in Italienisch: "Brauchen Sie Hilfe? Kann ich etwas für Sie tun?"
    Das Mädchen zögerte und blieb stehen. Es war noch ein Teenager und bemerkenswert hübsch, selbst in diesem ramponierten, tropfnassen Zustand. "Danke, Signora, aber das ist nicht nötig. Ich komme allein zurecht."
    "Das sieht mir aber nicht danach aus." Clare sah hinunter auf die Füße des Mädchen.
    "Haben Sie sich den Knöchel verstaucht?"
    "Nein." Die Miene des Mädchens wurde noch trotziger, falls das überhaupt möglich war.
    "Das ist nur dieser dumme Schuh. Sehen Sie? Der Absatz ist abgebrochen."
    Clare blieb todernst. "Wenn Sie Ihren Spaziergang fortzusetzen gedenken, schlage ich vor, dass Sie den anderen Absatz auch abbrechen. Das bringt die Dinge mehr ins Gleichgewicht."
    "Ich gehe nicht spazieren", erwiderte das Mädchen von oben herab. "Ich bin mit dem Auto gefahren, bis mir das Benzin ausgegangen ist." Jetzt erlaubte sich Clare doch eine Regung und zog erstaunt die Augenbrauen hoch. "Sind Sie denn schon alt genug, um Auto zu fahren?"
    Die kurze Stille,
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